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Hightech unterm Hintern Sonnenergie beim Radeln: Studenten in Köthen tüfteln an Fahrrad der Zukunft

Von Katrin Noack 28.04.2016, 20:22
Professor Heiko Rudolf (stehend) und die Studenten Jörg Seiler und Lucas Hochwald (links) haben das Suntrike auf einer Tour zur Ostsee intensiv getestet.
Professor Heiko Rudolf (stehend) und die Studenten Jörg Seiler und Lucas Hochwald (links) haben das Suntrike auf einer Tour zur Ostsee intensiv getestet. Heiko Rebsch

Köthen - Das neue Solarmobil, das Suntrike 2 sozusagen, ist schon da. Theoretisch jedenfalls. „Das Liegefahrrad mit zwei Sitzen ist CAD“, sagt Heiko Rudolf. Der Professor am Fachbereich Elektrotechnik, Maschinenbau und Wirtschaftsingenieurwesen spricht von Computer-aided Design, dem computergestütztem Design.

Mit einem Konstruktionsprogramm haben Rudolf und seine Studenten im Forschungsprojekt „Solarmobil“ der Hochschule Anhalt das Experimentalfahrzeug, ein Liegefahrrad, entwickelt. Nun haben sie den ersten Prototypen am Computer noch einmal überarbeitet und deutlich verbessert.

Das Suntrike Nummer 1 haben der Professor und seine Studenten 2015 einem ausgiebigen Praxistest unterzogen. Anfang September fuhren Rudolf und fünf Studenten auf dem Liegefahrrad an die Ostsee und zurück. In Etappen und Zweierteams. „Wir haben durchgewechselt“, erklärt der Professor.

Beim Tag der offenen Tür der Hochschule Anhalt am Sonnabend können sich die Besucher über das Suntrike informieren. Professor Heiko Rudolph und seine Studenten vom Projekt Solarmobil stellen das Solarfahrrad und seinen Nachfolger vor. Besucher können auch eine Runde drehen.

Außerdem stellen sie ein Modell eines Carports, also eines Unterstandes für Elektroautos mit Solarladestation vor. Am Modell zeigen sie, wie der Carport funktioniert: Durch das Sonnenlicht kann sich die Anlage selbstständig öffnen und schließen.

Professor Rudolph und seine Studenten sind zum Tag der offenen Tür am Sonnabend ab 10 Uhr in der Maschinenbauhalle, Halle 61, am Hubertus 1 zu finden.

Jeweils zwei Leute traten einen Tag lang in die Pedale, hatten es aber etwas leichter als auf einem gewöhnlichen Fahrrad. „Sie müssen nur ein wenig treten und können die Sonnenenergie nutzen“, beschreibt Rudolf. Die übrige Energie kommt aus den Solarzellen auf dem Dach des Fahrrades, wird in einem Akku gespeichert und in den Elektromotor übertragen. Der Motor erleichtert das fahren.

Das funktionierte gut, allerdings stellten Rudolf und seine Mitreisenden fest: „Wir brauchen robustere Systeme“. Schon nach gut 60 Kilometern, hinter Schönebeck, habe das Fahrzeug erste Geräusche gemacht. „Es gab Probleme mit dem Lager und den Speichen“, berichtet der Projektleiter.

Fast jeden Tag musste die Reisegruppe Speichen wechseln. Dafür haben die angehenden Ingenieure inzwischen eine Lösung gefunden: Eine Kardanwelle anstelle einer Fahrradkette. Ein Bauelement, das meist in Autos zum Einsatz kommt. „Es ist weniger anfällig“, erklärt Rudolf.

„Das alles waren wichtige Erkenntnisse“

Auch für das Solardach haben die angehenden Ingenieure und ihr Professor Ideen zur Verbesserung. Das breite und gebogene Dach sei zwar auf der Tour ein guter Regenschutz gewesen. Doch einige Solarzellen gingen zum Beispiel durch herunterfallende Kastanien zu Bruch.

Geschäumter Kunststoff, in dem die einzelnen und geschützten Solarzellen eingebaut werden wie Schuppen und auch leicht ausgetauscht werden können, ist dafür die Lösung. Auch die Sitze im Rad sollen bequemer werden und eine Federung bekommen. „Das alles waren wichtige Erkenntnisse“, fasst Rudolf die Fahrt im Dienste der Wissenschaft zusammen.

Wann das Suntrike 2 gebaut wird, ist noch offen. Theoretisch gibt es in der Maschinenbauhalle am Hubertus die Materialien für das Fahrrad. Eine sogenannte Negativform zumindest will Rudolf beim Tischler bauen lassen. Doch die Herstellung des Experimentalfahrzeugs mit all seinen Besonderheiten dürfte teuer werden. Darum hoffen Rudolf und seine Studenten, dass sich interessierte Firmen als Unterstützer finden.

Es gebe bereits Anfragen, verrät Rudolf. Ein Fahrrad wie dieses gebe es bisher auf dem Markt noch nicht. Und auf ihrer Tour sorgte das Suntrike fast überall für Aufsehen und große Neugier. „Die Leute waren sehr fasziniert“, beschreibt Masterstudent Jörg Seiler, der das Suntrike mitgebaut hat. Das dürfte bei dem Nachfolger nicht viel anders sein. (mz)