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Bis Ende 2022 Sanierung im Altarraum der Köthener Bachkirche St. Agnus wird zur Millimeterarbeit

In der Bachkirche ist die Wand hinterm Altar gestrichen worden, nun wird die Vorhangmalerei komplettiert. Mit dem Ende der Arbeiten ist 2022 zu rechnen.

Von Sylke Hermann 06.11.2021, 14:00
Vorsichtig bauen Handwerker das Gerüst im Altarraum von St. Agnus ab, schließlich soll die  gestrichene Wand unversehrt bleiben.
Vorsichtig bauen Handwerker das Gerüst im Altarraum von St. Agnus ab, schließlich soll die gestrichene Wand unversehrt bleiben. (Foto: Ute Nicklisch)

Köthen/MZ - Diese Perspektive wird Lothar Scholz so schnell nicht wieder einnehmen können: hoch oben auf einem Gerüst stehend, um aus einer halben Vogelperspektive den Innenraum von St. Agnus zu fotografieren. Inzwischen ist das Gerüst wieder aus dem Altarraum entfernt, was die anstehenden Arbeiten nur noch deutlicher zum Vorschein kommen lässt. Den Pfarrer bringt das nicht aus der Ruhe: „Vielleicht“, so seine Hoffnung, „geht es Anfang Dezember weiter.“

Das hängt maßgeblich davon ab, wann der Restaurator wieder verfügbar ist, der sich zwischenzeitlich auf anderen Baustellen aufhält. In der Köthener Bachkirche wird er vermutlich noch viele Wochen zu tun haben.

Die Kirche St. Agnus in Köthen ist seit 1996 mal mehr, mal weniger Baustelle

Die Kirche ist seit 1996 mal mehr, mal weniger Baustelle. Damals beschließt der Gemeindekirchenrat, mit der Innenraumsanierung zu beginnen. Schritt für Schritt geht es voran. Mittlerweile lehnt sich Lothar Scholz sogar soweit aus dem Fenster und deutet an, man könnte Mitte kommenden Jahres womöglich fertig werden. Ohne sich freilich darauf festlegen zu wollen. Steigende Preise, fehlende Handwerker - niemand könne prophezeien, wie man vorankommt. Zumal jeder Schritt mit dem Landesamt für Denkmalpflege abzustimmen ist.

Für Lothar Scholz ist das längst zur Gewohnheit geworden. Auch bei der Auswahl der Wandfarbe. „Die ist Befundlage aus dem 19. Jahrhundert.“ Man habe sie unter verschiedenen Übermalungen gefunden. Nun, wo das Gerüst, das nicht mit der Wand selbst verankert werden durfte, wieder abgebaut ist, wird der ursprüngliche Farbeindruck auf ganzer Fläche sichtbar. Lothar Scholz ist mehr als zufrieden mit dem Ergebnis. Als die Männer vergangene Woche anrücken, um das Gerüst wieder abzubauen, gibt er ihnen unmissverständlich zu verstehen: „Wenn sie hier einen Ratsch in die Wand machen, können sie das Gerüst gleich wieder aufstellen.“

Als nächstes dürfte wohl die umlaufende Vorhangmalerei zu ergänzen sein

Alles ist gut gegangen, die mit frischer Silikatfarbe gestrichene Wand unversehrt. Und es kann weitergehen. Als nächstes dürfte wohl die umlaufende Vorhangmalerei zu ergänzen sein. Dort, wo der Altar mit der Wand verbunden war. Am 4. Oktober 2016, hat Lothar Scholz in seinen Unterlagen gefunden, hat man mit der Planung für die Sanierung des Altarraumes begonnen. Die Restauratorin des wertvollen Abendmahl-Gemäldes, das nach Wittenberg ausgeliehen werden sollte, hatte seinerzeit am historischen Altarschrein Schimmelbefall festgestellt. Eile ist geboten. Inzwischen ist der Flügelaltar saniert und die einzelnen Elemente, versichert der Pfarrer, seien „sicher verwahrt“.

Zwischenzeitlich sind Altarstufen erneuert - aus Eichenholz, „korrespondierend mit der Dielung im Kirchenschiff“, so Lothar Scholz. Auch der Altar selbst ist komplett neu aufgebaut - aus Beton und Holz, das noch entsprechend zu behandeln sein wird. Ebenfalls nach historischem Vorbild und in Abstimmung mit der Denkmalpflege, die hier „sehr genau“ sei. Der gesamte, rund fünf Meter hohe Altar wird circa einen Meter von der Wand entfernt stehen; „das muss so sein, wegen der Luftzirkulation“, weiß der Pfarrer, der sich seit Jahren akribisch mit den einzelnen Bauetappen beschäftigt. Es sei gut, dass er das von Anfang an habe begleiten können. Inzwischen wüsste er, worauf es ankäme.

Als die Ornamentfliesen im Altarraum stellenweise erneuert und ergänzt werden sollten, muss er die erste Lieferung zurückschicken

Als die Ornamentfliesen im Altarraum stellenweise erneuert und ergänzt werden sollten, muss er die erste Lieferung zurückschicken. Jede einzelne Fliese sei zwei Millimeter zu breit gewesen. Man stelle sich vor, was das auf der Größe der Fläche für Auswirkungen gehabt hätte. Die zweite Charge sei wellig in Köthen angekommen. Auch die habe er folglich beanstanden müssen. Beim dritten Anlauf habe man dann zueinander gefunden, so dass Lothar Scholz heute voller Stolz sagen kann: „Das Ergebnis ist fantastisch geworden.“ Die Millimeterarbeit habe sich gelohnt.

Das will er in wenigen Monaten auch über das Gesamtresultat sagen können. Die Vorfreude sei groß, werde allerdings von der Zurückhaltung Lothar Scholz’ übertroffen, der nicht sagen könne, was ihn beim Großprojekt St. Agnus noch alles bevorstehe.