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Polizei fasst «Mast-Rebellen»

Von Annette Gens 26.09.2007, 16:35

Görzig/MZ. - Dicke Tränen kullern übers Gesicht der hochschwangeren Frau. Dieser Mittwoch war für Susanne Gregor und ihre fünf Kinder ein rabenschwarzer Tag. Ihr Mann, bekannt als der "Mast-Rebell" von Werben, ist festgenommen worden.

Der mit Haftbefehl gesuchte Fred Gregor ist der Polizei am Mittwoch kurz nach acht Uhr auf dem Dachboden seines Wohnhauses ins Netz gegangen. Der 46-Jährige sollte ursprünglich am 1. März eine 15-monatige Haftstrafe antreten, nachdem er beim Internet-Auktionshaus Ebay einen Laptop versteigert hatte. Im Paket, das der neue Besitzer erhielt, soll nur Sand gewesen sein.

Gregor streitet das ab. Aus Protest gegen das Urteil und um einen neuen Prozess zu erzwingen, harrte er im Winter fast zwei Wochen auf einem 22 Meter hohen Antennenmast nahe seines Grundstückes in Werben im Altkreis Bitterfeld aus. Kurz vor dem Hafttermin verließ er zwar freiwillig seine Behausung auf dem Mast, tauchte jedoch unter.

Der Polizeieinsatz Mittwochfrüh hatte im rund 1 000-Seelen-Ort Görzig für Aufsehen gesorgt. Die Einsatzkräfte hatten viele Eventualitäten bedacht. Selbst ein Notarzt war vor Ort. "Am Ende war der Einsatz eine Minutensache", sagte Ralf Moritz, Pressesprecher der Polizeidirektion Dessau-Roßlau. Mit Hilfe eines Schlüsseldienstes waren die Beamten in das Haus gelangt, unmittelbar nachdem Susanne Gregor mit drei ihrer Kinder auf dem Weg in die Kindereinrichtung war. Als die 26-jährige Mutter Minuten später zurückkam, fand sie ihren Ehemann schon in einem Zivilfahrzeug der Fahnder.

Fred Gregor soll sich vor den Einsatzkräften auf dem Dachboden hinter Umzugskartons verschanzt haben. "Widersetzt hat er sich den Beamten gegenüber nicht", so Moritz. Noch am Vormittag wurde der Görziger in die Justizvollzugsanstalt Dessau überstellt.

"Das ist eine einzige Ungerechtigkeit", schimpft Susanne Gregor noch Stunden später völlig geschockt, "einen Mann einzusperren, der Vater von fünf kleinen Kindern ist." Am Dienstag erhielt sie vom Amtsgericht Köthen einen Strafbefehl, weil sie Widerstand gegen Polizeibeamte geleistet haben soll. Die hatten seinerzeit ihren Mann bei einem Einsatz im März vergebens im Haus in Görzig gesucht. Die 26-Jährige wollte das damals nicht so einfach hinnehmen, sich "vor den Augen meiner Kinder Handschellen anlegen zu lassen". 800 Euro oder ersatzweise 80 Tage Haft sind ihr angedroht.

Am Mittwoch stand nach der Polizei auch noch der Gerichtsvollzieher vor der Tür, wegen einer Geldforderung in anderer Sache, "als hätten sich alle abgesprochen". Die Sorgen im Haus in der Görziger Lindenstraße wollen nicht enden.

Es gibt im Wohnzimmer nur einen einzigen optimistischen Hinweis: Dort steht ein Himmelbett bereit für einen neuen Erdenbürger, der in rund vier Wochen erwartet wird. Wie sie das alles ohne Ehemann bewältigen soll, wusste Susanne Gregor am Mittwoch nicht. "Ich brauche Hilfe", fleht sie. Alle Behördenangelegenheiten wachsen ihr über den Kopf. "Haushalt und Kinder schaffe ich alleine."