Streetwork „Notwendigkeit ist gegeben“: In Löbnitz an der Linde fand am Wochenende ein Graffiti-Workshop statt
Angebote für Jugendliche in ländlichen Gebieten sind rar. Es fehlt an Personal.

Köthen/MZ - Löbnitz an der Linde ist ein kleines Dorf mit etwas mehr als 200 Einwohnern. Es ist eine ältere Dorfgemeinschaft, nur wenige Kinder und Jugendliche wohnen hier. Für die, die da sind, fehlen Freizeitmöglichkeiten. „Hier gibt es wenig. Wir spielen meist im Garten oder auf dem Spielplatz“, erklären die Kinder Maxi, Else, Hannah und Hannah auf Nachfrage.
Vereine sucht man vergebens, dafür bedarf es der Fahrt bis nach Köthen. „In ländlichen Gebieten gibt es allgemein wenig Angebote für Kinder und Jugendliche. Dafür braucht es einfach mehr Personal. Die Notwendigkeit ist aber gegeben“, erklärt Köthens Streetworkerin Nadine Anhalt.
Angeleitet wurden die Kinder von Graffiti-Künstler Alexander Sitt
Um auch hier mit den Kindern und Jugendlichen einmal ins Gespräch zu kommen, veranstaltete sie am Wochenende einen Graffiti-Workshop in Löbnitz. Zehn Kinder hatten sich angemeldet, spontan kamen weitere dazu. Die Freude war groß und alle hatten sichtlich Gefallen an der Sache. Mit Spraydose gewappnet ging es an die Wand des Dorfgemeinschaftshauses. Die hatte Ortsbürgermeisterin Diana Eiternick extra zur Verfügung gestellt. „Die Wand ist eh nicht mehr die schönste. Und so kommt Leben in das Dorf“, sagt sie über die Aktion. Blumen, Bienen, Katzen, Herzen und Motive mit Bezug zum Dorf haben nun einen Platz an der Wand gefunden.

Angeleitet wurden die Kinder von Graffiti-Künstler Alexander Sitt. Und der erklärte, worauf es beim Sprayen ankommt - der genaue Abstand zur Wand, richtiger Druck auf die Spraydose und vor allem jahrelange Übung. Er sprühte zunächst die Umrisse, die Kinder durften die Motive schließlich mit Farbe füllen. „Es macht echt Spaß. Graffitisprühen als Vereinstätigkeit wäre cool“, sagt der 13-jährige Luca.
Solche Projekte seien eine Maßnahme, um Vandalismusschäden vorzubeugen
Auch Oberbürgermeister Bernd Hauschild ist begeistert von der Aktion. Er würde sich sogar sehr freuen, wenn es auch anderswo noch mehr Hauswände zur freien Nutzung für die Jugendlichen gäbe. „Aber bitte nicht unsere Hauswand“, mahnte ihn seine Frau augenzwinkernd.
Solche Projekte seien eine Maßnahme, um Vandalismusschäden vorzubeugen. „Die, die das machen, denken sich ja etwas dabei. Schmierereien sind ja auch eine Art des Ausprobierens“, so Hauschild. Was den Jugendlichen häufig fehlt: Beschäftigungsmöglichkeiten. Mit der Streetwork-Arbeit habe sich das verbessert. „Ich bin sehr zufrieden bislang. Die Jugendlichen haben Lust“, erklärt die Streetworkerin. Mittlerweile kämen viele auch eigenständig auf sie zu, sprechen sie an oder fragen nach Hilfe.
Doch Nadine Anhalt weiß auch: Ihr Handlungsfeld ist begrenzt. „Ich kann nicht überall sein“, fährt sie fort. Sie wünscht sich Unterstützung. In anderen Regionen, wie etwa in Merseburg, würde es zwei Streetworker geben. Vor allem ein männliches Pardon wäre ihr wichtig. Nicht nur für die Jugendlichen, sondern auch für ihre Arbeit. „Zu zweit hat man ein ganz anderes Standing und es ist abends auch sicherer“, erklärt sie.
Das nächste große Ziel sei die Anschaffung eines Streetworkermobils
Ihre 40-Stunden-Woche reiche oftmals nicht aus. „Viele Jugendliche brauchen intensive Unterstützung“, berichtet Anhalt. Häufig drehen sich die Probleme und Sorgen der Jugendliche um Schulden, den fehlenden Schulabschluss, Drogen und Ärger mit der Polizei. Anhalt ist unterstützend tätig, hört zu, vermittelt an entsprechende Stellen. „Ich sehe mich als Bindeglied zwischen Straße und Institution.“ Sie weiß: Gegenseitiges Vertrauen ist das A und O. Doch nicht immer kann sie allen helfen, auch das gilt es zu akzeptieren. „Man lernt, mit der Zeit entspannter zu werden. Die Angebote sind freiwillig“, erklärt sie und weiß, dass sie niemanden zwingen könne.

Das nächste große Ziel sei die Anschaffung eines Streetworkermobils. „Damit wären Gespräche in privater Atmosphäre möglich“, erklärt Anhalt. Und auch Gruppenausflüge sind damit machbar. Zwei weitere Projekte sind im Bereich Kinder- und Jugendarbeit geplant. Näheres dazu wurde aber noch nicht bekanntgegeben.