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Notoperation rettet den Heiligen Abend

Von SYLKE HERMANN 23.12.2008, 16:59

PROSIGK/MZ. - Die Pfarrerin freundet sich Dienstagmittag schon mit dem Gedanken an, dass die Glocke der Prosigker Kirche zum Fest wohl keinen Laut von sich geben wird. "Natürlich ist das nicht schön. Aber wir können es nicht ändern." Und ob. Wenige Stunden später folgt Entwarnung: Die "Notoperation", wie die Pfarrerin die spontane Rettungsaktion bezeichnet, ist gelungen. Der schätzungsweise 20 Kilogramm schwere Klöppel der kleineren Glocke hängt wieder - und er schlägt hörbar.

Am vierten Advent, als sich die Gemeinde zum Krippenspiel in der Kirche traf, hatte die Glocke lediglich zum Anfangsläuten geschlagen. Anschließend hörte man nur ein Schnarren und Ruckeln. Den scheppernden Fall des Klöppels hingegen nahm niemand wahr. Bis Dienstag lag das Teil unbeachtet unter der Glocke. Die Zeit fehlte, sich darum zu kümmern. Selbst die Pfarrerin hatte nicht mehr gehofft, so schnell jemanden zu finden, der sich des Problems annimmt.

Die Diagnose ergibt "normale Verschleißerscheinungen" als Ursache des Geschehens. Der Klöppel - mit Schrauben und Bolzen an einer Halterung in der Glocke befestigt - sei einfach zu Boden gefallen, schildert der Handwerker aus dem Dorf. Der holt sich Unterstützung, um das Teil wieder zu befestigen. Eine Sache, die nicht länger als eine Stunde dauern sollte.

Für Alexandra Großekappenberg ist es am Dienstag der erste Aufstieg in den Turm der alten romanischen Kirche. Insgesamt sieben Gotteshäuser hat sie als Pfarrerin zu verwalten - und alle anderen Türme trotz Höhenangst auch schon erklommen. Nun ist notgedrungen Prosigk an der Reihe.

Oben angekommen, betont sie, dass es großen Bedarf gebe, die gesamte Konstruktion des Glockenstuhls sowie den Antriebs, der von Fachleuten gelegentlich als vorsintflutlich bezeichnet wird, zu sanieren. Keine ganz neue Erkenntnis. Die zweite, größere Glocke läutet schon seit Jahren nicht mehr. Sie ist außer Dienst gestellt. An sich kein Problem, so lange die kleinere nicht zu überhören war. "Die Glocken einer Kirche haben Symbolcharakter. Sie rufen die Gemeinde zum Gottesdienst. Für das Gefühl der Menschen", ist die Pfarrerin überzeugt, "wäre es sicher traurig gewesen, wenn sie gerade am Heiligen Abend auf das Läuten der Glocke verzichten müssten."

Umso größer fällt die Freude von Alexandra Großekappenberg aus nachdem feststeht: Das Problem ist behoben, die im Jahr 1568 gegossene Bronzeglocke wieder einsetzbar. Einen Tag vor Heiligabend habe sie mit dieser frohen Kunde kaum mehr gerechnet, gehofft natürlich. Für die Pfarrerin ist der Zwischenfall jedoch Anlass, die Erneuerung des Glockenstuhls, wofür bisher immer das Geld fehlte, in Angriff zu nehmen. "Im nächsten Jahr müssen wir unbedingt Spenden sammeln."