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Nach Diebzig? Über Aken

Von wladimir kleschtschow 25.06.2013, 17:38

Diebzig/MZ - Gestern um 14 Uhr hat der Krisenstab des Landkreises die Evakuierung für Diebzig aufgehoben. Das bedeutete aber nicht, dass alle Diebziger, die den Ort wegen Hochwassers verlassen mussten, nun gestern gleich scharenweise wieder in ihre vier Wände zogen. Zum einen sind einige Häuser unbewohnbar. Zum anderen halten sich etliche Dorfeinwohner bereits seit Tagen zu Hause auf und sind zum Teil dabei, die Schäden zu beseitigen. Die zwei Pumpen des Technischen Hilfswerks haben ihre Wirkung nicht verfehlt: In den Straßen des Dorfes ist kein Wasser mehr, alle Häuser sind trockenen Fußes erreichbar.

Was man allerdings bei weitem nicht über jeden Keller sagen kann. „In unserem Keller stand das Wasser brusthoch“, sagt Bianka Fietz. Das Haus der Familie steht in jenem Teil der Großen Gasse, der überflutet war. Pumpen bringt im Moment nicht den gewünschten Erfolg. „Kaum ist das Wasser weg, kommt neues rein: Das Grundwasser drückt noch durch“, schildert die Diebzigerin. Auch der Garten sehe nicht gut aus. In der Garage der Familie wurden gestern noch Feuerwehrleute und freiwillige Helfer verpflegt, die gegen die anrückenden Fluten und die Folgen des Unwetters gekämpft haben.

„Wir brauchen dringend Strom und Abwasserbeseitigung“, bringt Bianka Fietz den Wunsch all der Dorfbewohner zum Ausdruck. „Die Trinkwasserleitung funktioniert die ganze Zeit, wir kochen das Wasser aber sicherheitshalber ab.“

Am schlimmsten betroffen ist die neue Eigenheimsiedlung im Westen des Dorfes. Die Schäden sind groß. Entlang der gesamten Straße türmen sich bereits Berge von Sperrmüll - angefangen von Polstermöbeln und Küchenstühlen bis hin zu Schränken, Waschmaschinen und Kühlschränken.

Maria Friedel und ihr Mann Dieter Würker-Friedel hatten ihr Haus 1997 bauen lassen. „Zuvor haben wir lange nach einem Standort gesucht“, erinnern sie sich. „Der hier hat uns sehr gut gefallen: ruhig, im Grünen gelegen.“ Dass das Areal irgendwann unter Wasser stehen würde, ahnte niemand. Das Haus der Familie hat zwar keinen Keller. Doch das Wasser kam ins Erdgeschoss - bis zu 40 Zentimeter hoch.

Nun sind Maria Friedel und ihr Mann damit beschäftigt, das Parkett herauszureißen, unbrauchbar gewordene Möbel und anderes aus dem Haus ins Freie zu befördern. „Unser Erdgeschoss gleicht jetzt praktisch einem Rohbau, Schimmel macht sich bereits breit“, zeigen die Eheleute die Schäden. Beide kommen nur tagsüber hierher: Das Haus ist nicht bewohnbar. Als zeitweiliges Asyl dient der Firmensitz des Ehemannes: Dieter Würker-Friedel betreibt ein Vermessungsbüro in Köthen.

Wie geht es in Diebzig nun weiter? Das war die Frage, die gestern auch im Mittelpunkt einer Einwohnerversammlung von Diebzig stand. Die Gemeindeverwaltung Osternienburger Land hatte sie kurzfristig nach Wulfen verlegt, da sich in Diebzig selbst kein geeigneter Raum fand. Bürgermeister Stefan Hemmerling konnte solche Fragen wie die nach Strom, Abwasser und Müll beantworten. Wann aber die aufgerissene Straße Wulfen-Diebzig wieder befahrbar ist, wusste der Bürgermeister nicht, da darüber die Landesstraßenbehörde entscheidet.

Das Problem ist für die Diebziger deshalb so wichtig, weil sie jetzt einen weiten Umweg fahren müssen - über Lödderitz-Kühren-Aken. „Ich arbeite in Bernburg und muss vielleicht noch ewig über Aken hinfahren“, empörte sich eine Diebzigerin. „Wäre es nicht möglich, den Durchbruch mit einer Ponton-Brücke zu überbrücken?“, fragte unter anderem Ortsbürgermeister Michael Scheringer. Gestern nach der Versammlung war in der Landesstraßenbehörde niemand mehr für die Beantwortung dieser Frage zu erreichen.

Während der Versammlung mit Stefan Hemmerling in Wulfen
Während der Versammlung mit Stefan Hemmerling in Wulfen
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