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Liebe zum Beruf ist Bedingung

Von SUSANNE WEIHMANN 09.09.2009, 16:52

KÖTHEN/MZ. - Und das Frisieren geht ihr leicht von der Hand. Schon als Kind habe sie immer ihre Barbie-Puppen frisiert, erzählt sie schmunzelnd.

Ihre Kollegin Isabel Kramann hat erst Anfang August ihre Ausbildung in dem Friseur- und Kosmetiksalon in der Friedrich-Ebert-Straße begonnen. Noch muss sie vor allem an Puppen üben, darf aber den Kunden schon die Haare waschen oder sie mit einer Kopfmassage verwöhnen. Schon jetzt ist sie von der Arbeit begeistert. "Das ganze Umfeld ist toll. Hier sind alle so offen", erzählt die 23-Jährige. Frau Kramann hat bereits eine Ausbildung als Kosmetikerin gemacht. Die zweifache Mutter war aber die letzten sechs Jahre zu Hause, denn mit Kindern sei es schwer, Arbeit zu finden. Über die neue Chance im Friseur-Salon sei sie "sehr glücklich".

Worte, die Bettina Schulz gern hört. Bei der Auswahl ihrer Lehrlinge schaut die Chefin nämlich nicht auf das Alter. Auch der Notendurchschnitt auf dem Zeugnis spielt für die Inhaberin, die das Geschäft 1990 zusammen mit ihrer Mutter und ihrer Schwester aufbaute und fünf Jahre später um einen weiteren Salon in der Rüsternbreite erweiterte, eine untergeordnete Rolle. "Ich möchte jungen Leuten einfach eine Chance geben", sagt Bettina Schulz, deren Salon im Juni von der Handwerkskammer Halle als "vorbildlicher Ausbildungsbetrieb" ausgezeichnet wurde. Seit 1990 wurden hier 30 Lehrlinge, davon 15 in Kooperation mit dem Handwerklichen Ausbildungsverein im Kammerbezirk Halle, ausgebildet. Sechs von ihnen arbeiten heute noch in einer der beiden Salons. Auch von den anderen ehemaligen Lehrlingen haben viele eine Anstellung gefunden oder sich selbstständig gemacht, weiß Bettina Schulz.

Drei Azubis lernen in diesem Jahr aus, drei neue - wie Isabel Kramann - wurden wieder eingestellt. Sie wurden aus 30 bis 40 Bewerbern ausgewählt. Bei der Auswahl der Lehrlinge achte sie besonders darauf, wie jemand mit den Kunden umgeht. "Die jungen Leute müssen auf Menschen eingehen können", nennt Bettina Schulz ein entscheidendes Kriterium. Auch körperlich sei die Arbeit im Friseursalon nicht zu unterschätzen. Darüber sollten sich die Bewerber im Vorfeld klar sein. "Man muss das, was man macht, mit dem Herzen machen. Ansonsten wird es nichts."

Während der Ausbildung legt Bettina Schulz Wert darauf, dass die Azubis neben der Berufsschule in Bitterfeld wechselweise in beiden Salons eingesetzt werden. Sie sollen nicht nur alle 15 Kollegen kennen lernen, sondern sich bei denen auch das Eine oder Andere abgucken. Denn jeder könne etwas anderes besonders gut.

In punkto Arbeitseinsatz und Ehrgeiz ist die Chefin selbst das beste Vorbild für ihre Azubis. Trotz vieler Mühen und Entbehrungen, die es vor allem in den Anfangsjahren kostete, als sie nicht selten täglich zehn Stunden im Salon stand, möchte sie das Geschäft heute nicht mehr missen.

Als sie so alt war, wie die meisten ihrer Azubis heute, habe sie noch keinen konkreten Berufswunsch gehabt: "Ich wusste nur, dass ich mit Menschen arbeiten wollte." Sie hat dann zunächst eine Ausbildung zur Kosmetikerin gemacht, ehe sie eine weitere zur Friseurin sowie anschließend ihren Meister machte. Auch ihre Schwester und ihre Mutter hatten dieses Handwerk gelernt. Als die Wende kam, sei ihnen klar gewesen: "Wir machen etwas zusammen", erzählt Bettina Schulz. "Ich möchte es nicht mehr hergeben. Das ist mein Leben."