Lichtshow faszinierte die Besucher
Köthen/MZ. - Gottlob liegen solch dunkle Zeitläufe lange hinter uns - wenngleich der weitaus größere Teil der Bevölkerung immer noch nicht genau weiß, wie das eigentlich ist mit der Chemie. Und der Magie. Und mit der Magie der Chemie sowieso. Wer wollte, dem wurde am Freitagabend in der Hochschule Anhalt in Köthen Aufklärung zuteil.
Zum Beispiel bei Prof. Dr. Carola Griehl, ihres Zeichens Chemikerin, die in der dritten Auflage der "Langen Nacht der Wissenschaften" fast bis zur Geisterstunde Experimente zum Staunen vorführte. Unterstützt von Laborantin Sigrid Arnold, die den schwierigen Part erledigte, quasi ferngesteuert die Mixturen zusammenzustellen, die ihre Chefin ein paar Meter entfernt hinter einer dicht gestaffelten Besuchermauer auf der Videoleinwand zu erklären gedachte.
So viele Zuschauer
Da musste Sigrid Arnold gleich doppelt auf der Höhe sein - einmal immer im Focus der beobachtenden Kamera zu bleiben und dies noch möglichst zeitgleich mit der Erläuterung. Das etwas komplizierte Zusammenspiel war eine Notwendigkeit: "Wir hatten beim letzten Mal so viele Zuschauer, dass diejenigen, die hinten standen, gar nichts mitbekommen haben", erklärte Carola Griehl. "Daher haben wir diesmal mit einer Kameraübertragung gearbeitet."
Die Besuchermenge in der Griehlschen Alchemistenklause war nur ein Beleg dafür, dass die Lange Nacht hinsichtlich der Resonanz ein voller Erfolg war - natürlich in Abstufungen, weil einfach manche Angebote schon von der Materie her gesehen besser als andere beim Publikum ankommen mussten. Zum Beispiel der Vortrag von Prof. Dr. Jürgen Wilke über Samuel Hahnemanns "Von den feinen Liqueuren und denen, die man Quintessenzen und Oele nennt". Da passte in den Versammlungssaal des Technologiezentrums kaum mehr jemand hinein.
Rote Läusefarbe
Im Vorraum waren diejenigen, die nicht mehr in den Vortragsraum hineingepasst hatten, auch nicht wirklich böse, denn Beatrix Parthey hielt für sie etliche Sorten Liköre zum Verkosten bereit, die von den Lebensmitteltechnikern der Hochschule dankenswerterweise in den zurückliegenden Wochen aus 15 Grundstoffen - von Aloe bis zu einem roten Farbstoff, der aus Läusen gewonnen wird - produziert worden waren; streng nach der bundesdeutschen Spirituosenverordnung, versteht sich.
Und um das Ganze nicht orgiastisch ausufern zu lassen, erhielt jeder nur einen "wönzigen Schlock" inklusive Erläuterungen, wie es denn funktioniere, dass sich Sternanis und Alkohol zu einem durchaus leckeren Getränk verbinden. Tina König aus Klepzig (allerdings in Brandenburg), Maika Dökert aus Zeuthen bei Berlin und Oliver Neubauer aus Magdeburg - allesamt Studenten im siebten Semester - lobten jedenfalls, was ihnen in den winzigen Becher geträufelt wurde.
Und sie lobten die "Lange Nacht": "Weil es interessant ist, weil man etwas sieht, von dem man sonst im Studentenalltag nichts oder nur wenig mitbekommt." Im Übrigen muss noch eine Namensgebung erwähnt werden: Einer der Liköre, eine Mischung aus allen vorhandenen, war so lange ohne reklamefähige Bezeichnung geblieben, bis Rita Lorenz dafür den Namen "Köthener Rundschlag" erfand.
Durchaus feucht, wenngleich nicht ganz so fröhlich ging es auch im Analytiklabor im Grünen Gebäude zu, wo man bei Christine Hummel mitgebrachtes Wasser auf die Einhaltung der Normen testen lassen konnte. Was Isabelle Wicha auch tat: Die Biotechnologiestudentin aus Tornitz im Kreis Schönebeck hatte eine Kelle Aquarienwasser mitgebracht und konnte mit dem Analyseresultat ganz zufrieden sein; nur der Nitratgehalt war ein bisschen hoch, aber abgehärtete Guppys kommen damit sicher zurecht. Nebenan demonstrierte Prof. Dr. Johanna Rollin einen von Bayer Bitterfeld erhaltenen Analysenroboter. Was von Dirk Altnau, seinen Kindern Sebastian und Maria sowie Steffi Janus, allesamt aus Dessau zur Langen Nacht angereist, mit Interesse verfolgt wurde.
Studienfachsuche
"Die sind jetzt in der 10. und 11. Klasse", erklärte Vater Altnau den Hintergrund des Ausflugs, "und müssen langsam wissen, wo es mit dem Studium langgehen soll. Deshalb wollten wir hier mal gucken." Wobei das Pennäler-Trio in punkto Chemie-Studium eher skeptisch blickte, aber man hatte ja noch viele andere Möglichkeiten der Informationsaufnahme. So viele, dass mancher Besucher schon fast verzweifelte, denn einige Termine überschnitten sich. Ein misslicher Umstand, der allerdings auch in künftigen Lange Nächten kaum auszuräumen ist, wenn man das komplette Spektrum aller Köthener Fachbereiche vorstellen will. Immerhin konnte man sich in der "Vorlesungspause" zwischen 19.30 und 20.30 Uhr vor dem Grünen Gebäude mit selbstgebrautem Bier - die 40 Liter "Campuskrone" waren recht fix ausgetrunken -, Würstchen und Swing-Musik trösten oder stärken, je nachdem, was man nötiger hatte. Und wer ein Faible für bunte Farben hatte, war vor dem Roten Gebäude gut aufgehoben, wo eine Lichtshow dem Gebäude eine völlig andere Atmosphäre verlieh. Dort gab es auch eine Attraktion, die nicht zur Langen Nacht gehörte: Anne Franzisky und Mirko Patz drehten mit ihren Frettchen "Itchy" und "Luna" eine abendliche Runde.