Köthener hat Blütezeit der Aprikosen aufgezeichnet
KÖTHEN/MZ. - Die Aufzeichnungen von Martin Bringezu aus Wulfen, der die Niederschlagsmengen der vergangenen 51 Jahre im Bereich der Agrargesellschaft Wulfen dokumentiert hat (die MZ berichtete), ist bei dem Köthener Pomologen Manfred Ruppert auf großes Interesse gestoßen.
Ruppert selbst verfügt über phänologische Aufzeichnungen zur Aprikosenblüte (jahreszeitlicher Ablauf), die bis zum Jahr 1958 zurückreichen. Was sein Vater Ernst Ruppert damals begonnen hat, war für Sohn Manfred Ansporn, eigene Beobachtungen hinzuzufügen. Und so ist mit den Jahren eine lückenlose Übersicht entstanden, die genauestens informiert, wann in Köthen in den letzten 50 Jahren (1958 bis 2008) die Aprikosenbäume geblüht haben. "Die früheste Blüte hatten wir am 25. März 2004 und am 10. März 2007", berichtet der Pomologe.
Das waren aber seltene Ausnahmen, in der Regel blühen die Aprikosen im April, so wie auch in diesem Jahr. Am Elsdorfer Weg bei Köthen standen die Aprikosen dieser Tage bereits in voller Blüte. Das ist auch der Grund dafür, warum Vater und Sohn Ruppert gerade diesen Monat näher untersucht haben. In einem Diagramm mit vielen extremen Ausschlägen ist dies sehr anschaulich nachzuvollziehen. Als frühester Blühbeginn ist dort der 1. April 1991 abzulesen, während die Bäume in den Jahren 1961, 1972 und 1981 jeweils erst am 31. April Blüte zeigten. Seine Untersuchungen hat Ruppert im Jahresheft 2009 des Pomologen-Vereins veröffentlicht.
Die Aprikose blickt zwar auf eine 4 000-jährige Verbreitungsgeschichte zurück, doch ihr Anbau gestaltet sich witterungsbedingt in unseren Breiten schwierig. Und so hätten nur Liebhaber diese vorzügliche Obstsorte über die Jahrzehnte gerettet und sich nicht vom Anbau abbringen lassen, stellt Ruppert fest und belegt dies an einer Obstbaumzählung aus dem Jahr 1913. Damals wurden in Köthen noch 17 057 Apfelbäume, 6 469 Birnen, aber nur 435 Aprikosenbäume gezählt. Zehn Aprikosensorten standen beispielsweise 1887 im fürstlichen Hofgarten, später Obstmustergarten. Danach sei der Anbau immer verhaltener geworden. 1950 gab es laut Ruppert nur noch drei, 1970 nur noch zwei Sorten (Ungarische Beste und Marena).
Erfahrene Kleingärtner wissen um die besondere Frostempfindlichkeit der Aprikosenblüte, der Frost hat schon so manche Ernte in Gefahr gebracht. "Oft hilft schon eine leicht abstrahlende Wand oder Mauer bzw. heizen, um kritische Spätfröste zu überstehen", rät Manfred Ruppert. Nach seinen Beobachtungen haben sich aber auch klimatisch begünstigte Standorte herausgebildet, die eine fast jährliche Ernte garantieren. Dazu zählt vor allem das Gebiet des Süßen Sees zwischen Eisleben und Halle. Hier gibt es 1 500 Sonnenstunden im Jahr, 480 mm Niederschlag und ein Jahresmittel von 9,3 Grad Celsius. Spätfröste werden hier durch die Saale abgemildert, und die Südhänge begünstigen das Wachstum.
"Unser Standort Köthen, nur 40 Kilometer vom begünstigten Süßen-See-Mikroklima entfernt, hat in den meisten klimatischen und phänologischen Daten übereinstimmende Werte mit jenem Gebiet im Mansfelder Land", schreibt Ruppert. Dennoch sei die Ertragssicherheit beider Standorte in den vergangenen Jahrzehnten sehr unterschiedlich gewesen, habe sich aber in den letzten 50 Jahren immer mehr angeglichen. Ein Beleg für den Klimawandel?
Anhand seiner Aufzeichnungen kann Ruppet nachvollziehen, dass in den Jahren zwischen 1950 und 1980 der Abstand zwischen zwei mittelguten Ernten etwa 4,5 Jahre betrug. Von 1980 bis 2008 waren es sogar nur 3,5 Jahre. Das Temperaturmittel im April lag zwischen 1950 und 1980 zum Beispiel bei 9,9 Grad Celsius, zwischen 1980 und 2008 waren es zehn Grad. Der Unterschied zwischen dem frühesten und spätesten Blühbeginn betrug zwischen 1950 und 1980 ganze 30 Tage, kann Ruppert anhand seiner Aufzeichnungen belegen, in den Jahren von 1980 bis 2008 waren es dann nur noch 15 Tage.
Und was sagt der Köthener für die diesjährige Aprikosenernte voraus? "Eine schöne Blüte und eine gute Ernte wird es geben", ist Ruppert überzeugt und verweist auf die gelb gefärbten Griffel der Aprikosenbäume am Elsdorfer Weg.
Leser, die Interesse am Aprikosenanbau haben, können sich bei Manfred Ruppert auf dem Köthener "Appelhof" melden und mit ihm im Juni gemeinsam zur Obst GmbH nach Höhnstedt zu einem Fachvortrag reisen.