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Köthen Köthen: Von Aken nach Moskau und Liestal

Von MATTHIAS BARTL 12.08.2010, 17:52

KÖTHEN/REIGOLDSWIL/MZ. - Die Liste seiner Erfolge ist beeindruckend. 1976 wurde er zum ersten Mal DDR-Meister im Mehrkampf der Turner, 1981 zum letzten Mal - und in den Jahren dazwischen stand er auch ganz oben auf dem Treppchen. Er war Weltpokalsieger 1978 und 1980 im Bodenturnen, Europameister 1981 und Weltmeister 1979. Und er war 1980 in Moskau Olympiasieger im Bodenturnen. Gerade letzteres ist für Köthen und Aken noch heute von besonderem Interesse, denn mit seinem Erfolg in der Sowjetunion ist Roland Brückner nach wie vor der einzige Olympiasieger, den Köthen und Aken je hervorgebracht haben.

Köthen und Aken deshalb, weil Brückner zwar am 14. Dezember 1955 in Köthen zur Welt kam, in Aken aber aufgewachsen ist. Lange hat er freilich nicht an der Elbe gelebt. "Als ich sieben Jahre alt war, sind meine Eltern nach Berlin gezogen", sagt Roland Brückner, der heute im schweizerischen Ort Reigoldswil lebt. Und keinerlei Kontakte in seine ganz alte Heimat mehr hat, wie er der MZ per e-Mail mitgeteilt hat.

Vor Andrianow und Ditjatin

An seinen Olympiasieg kann sich Brückner noch sehr gut erinnern. "Ich habe mich am Boden als einen der Favoriten gesehen und den Wettkampf auch so vorbereitet." Am Ende lag der DDR-Turner mit einer Note von 19,750 (von 20 möglichen Punkten) genau 0,025 Punkte vor dem sowjetischen Turner Nikolai Andrianow und noch mal 0,025 Punkte vor dessen Mannschaftskollegen Alexander Ditjatin. Damit ist Brückner einer der wenigen Sportler, die diese beiden Ausnahmeturner auf der Höhe ihrer Laufbahn in einem Wettbewerb bezwingen konnte. Andrianow holte bei Olympia siebenmal Gold, darunter zweimal am Boden; Ditjatin gewann 1980 insgesamt acht Olympiamedaillen - ein Rekord den erst der Schwimmer Michael Phelps 2008 einstellen konnte. Umso höher ist Brückners Leistung zu bewerten, der darüber hinaus noch beim Sprung und am Barren Bronze gewinnen konnte und im Mehrkampf Fünfter wurde.

Selbst zu turnen hat er inzwischen aufgegeben. "Wenn es meine Zeit zulässt, gehe ich joggen oder tanzen." Aber der Turnsport bestimmt nach wie vor einen Gutteil der Lebenszeit des Champions, der 1984 in Olomouc seinen letzten Wettkampf bestritt. "Ich habe bis 1990 als Trainer im weiblichen Kunstturnen gearbeitet, danach bis Ende 1991 als Ressortleiter Sport in der Kreisverwaltung Bernau."

Maxi Gnauck als Kollegin

Danach verschlug es Roland Brückner nach Baden-Württemberg: Beim TSV Süssen leitete er zehn Jahre lang das männliche Kunstturnen, ehe er im Januar 2002 in die Schweiz wechselte und in Liestal das weibliche Kunstturnen aufbaute. Kuriosität am Rande: Seit fünf Jahren arbeitet dort auch Maxi Gnauck, die in Moskau am Stufenbarren Gold holte - am selben Tag wie Roland Brückner. "Natürlich fließen auch gemeinsame Erfahrungen und Erlebnisse in unsere Trainingsarbeit ein", sagt Roland Brückner, der nicht nur in Liestal als Coach tätig ist, sondern auch in Reigoldswil als Sportlehrer an einer Sekundarschule. "In der Schweiz", so Brückner arbeiten wir als internationales Team." Franzosen neben Eidgenossen, Italiener und Deutsche, Ungarn , Koreaner und Rumänen.

Roland Brückners Zeit als Cheftrainer in Liestal geht in den nächsten Wochen zu Ende. Sein Nachfolger wird Ulf Hoffmann sein, wie Brückner ein ehemaliger Berliner Dynamo-Turner und Trainingsgefährte des Olympiasiegers. Hoffmann hat zuvor 20 Jahre in Frankreich gearbeitet. Und Roland Brückner wird dann mehr Zeit für die Familie haben. Er ist Vater zweier Kinder. Sein Sohn turnt noch hobbymäßig in Süssen und seine Tochter, die auch eine Zeitlang geturnt hat, hat ihn inzwischen zum Großvater gemacht. Felix und Zoe sind fünf und zwei Jahre alt - und nach dem Foto zu urteilen - Roland Brückners ganzer Stolz.