Köthen Köthen: Junge Menschen auf sprachlicher «Schatzsuche»
KÖTHEN/MZ. - "Ohne Jacke ,Schal und Mütze spring' ich über eine Pfütze. Ich finde einen warmen Stein im schönen Sonnenschein. Bald ist April." So beginnt das Gedicht von Lena Straub aus Baden-Württemberg. Mit ihrem Werk landete die Neunjährige von der Grundschule Filderstadt-Plattenhardt auf dem 1. Platz im Schüler-Schreibwettbewerb zum Thema "Schöne Aussichten" in ihrer Altersstufe. Ausgelobt wurde dieser von der Neuen Fruchtbringenden Gesellschaft zu Köthen gemeinsam mit der Theo-Münch-Stiftung für die deutsche Sprache. Am Sonnabend wurden die Sieger des Wettbewerbs geehrt - anlässlich des Tages der deutschen Sprache.
Der Wettbewerb fand bereits zum fünften Mal statt. Wurden beim ersten Mal um die 200 Beiträge geliefert, gab es diesmal rund 900. Inzwischen ist aus einem bundesweiten Wettbewerb ein internationaler geworden. "Wir haben Zuschriften aus der Schweiz und Österreich" sagte Prof. Ute Seewald-Heeg, erste Vorsitzende der Neuen Fruchtbringenden Gesellschaft. "Und ein Beitrag kam sogar aus China." Da hatte das Preisgericht unter der Leitung von Sabine Brzezek, Lehrerin und Fachbetreuerin für Deutsch, allerhand zu tun.
Die Neue Fruchtbringende Gesellschaft setzt sich für eine klare und verständliche Sprache, gegen einen übertriebenen Gebrauch von Fremdwörtern ein. Mit Hilfe ihrer jährlichen Schüler-Schreibwettbewerbe sollen Kinder und Jugendliche angeregt werden, sich mit der deutschen Sprache auseinander zu setzen und sie mit Freude zu verwenden. Diese Bemühungen veranlassten Prof. Hans-Manfred Niedetzky, Vorstandsvorsitzenden der Theo-Münch-Stiftung, in seiner Ansprache Köthen als "Stadt der deutschen Sprache" zu bezeichnen. Und Landeskultusminister Stephan Dorgerloh (SPD), Schirmherr des Wettbewerbs, munterte "junge Schriftstellerinnen und Schriftsteller" auf, auf eine sprachliche Schatzsuche zu gehen. "Schade, wenn manche schönen Worte für immer verloren gehen würden", so Dorgerloh, der als Beispiel unter anderem "Augenschmaus" nannte. Nächstes Jahr gibt es erneut einen Schüler-Schreibwettbewerb. Diesmal lautet das Motto "Auch Steine können sprechen." Für Lena Straub steht es schon fest: "Ich nehme wieder teil".
Ota Filip kann in seinen Werken gleich mit zwei Sprachen umgehen. Der Schriftsteller, der in Bayern lebt und auf Deutsch und Tschechisch schreibt, hielt zum Abschluss des Tages einen Vortrag, in dem es um die deutschsprachige Literatur in Tschechien sowie um das Verhältnis eines im Ausland lebenden Schriftstellers zu solchen Begriffen wie Heimatland, Heimatsprache ging. Der deutschsprachigen Literatur in der Tschechoslowakei sei nicht mit der Vertreibung der Deutschen nach dem 2. Weltkrieg, sondern mit der Besetzung des Landes durch die Nazis großer Schaden zugefügt worden, so Filip. Sich selbst sieht er als einen Kosmopoliten, der für seine Inspiration keine Heimatwurzeln braucht. In Brünn, wo Ota Filip Dozent ist, erntete er für diese These Kritik. In Köthen gab es Beifall - für den gesamten Vortrag.