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Kita-Leiterin würde Eltern umarmen

Von Wladimir Kleschtschow 22.01.2006, 18:49

Radegast/MZ. - "Der Anstoß dazu kam, nachdem Fördermittel bewilligt wurden, mit denen bei uns die alte Elektroinstallation ausgewechselt werden konnte", erinnert sich Frau Matthes. "Die Gröbziger Firma Schulze erledigte diese Arbeiten schnell und gut - da kann man nicht meckern. Mit dem Geld konnten wir unter anderem auch neue Betten und sogar einen Geschirrspüler anschaffen."

Da entschieden sich die Erzieherinnen, den Weg bis zum Ende zu gehen und endlich die Räume zu renovieren. Und da es dafür keine Fördergelder gibt, blieb nur noch die Variante, alles aus eigener Kraft zu schaffen. Eigene Kraft heißt Eltern und die Erzieherinnen selbst. Und so schrieb die Leiterin an die Eltern und bat sie, sich an unentgeltlichen Arbeitseinsätzen zur Renovierung der Kita zu beteiligen.

"Es gab genug Pessimisten, die gesagt haben: Daraus wird nichts, keiner wird kommen", blickt Anita Matthes zurück. Schließlich seien viele der Eltern berufstätig, da ist die Freizeit knapp. Die Pessimisten haben sich jedoch geirrt.

"Das Echo bei den Eltern war überwältigend", freut sich die Kita-Leiterin aufs Neue. "Gleich nach Weihnachten, am 27. Dezember, fand der erste Arbeitseinsatz statt." Das Material wurde vom Kreisverband des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) - dem Träger der Einrichtung - gestellt. Werkzeug brachten die Eltern von zu Hause mit.

Seitdem gab es bisher insgesamt 19 Arbeitseinsätze - an Wochenenden und nach dem Feierabend in der Woche. Uwe Kempf kam sogar am Feiertag der Heiligen drei Könige und hat den Flur gepinselt. "Bei der Familie Hälbig kam selbst die Oma mit", so Anita Matthes. "Rolf Wegent, Familie Winkler, Familie Renker... Am liebsten würde ich alle Namen nennen - so sehr haben uns die Eltern unterstützt."

Am vergangenen Sonnabend war wieder ein solcher Arbeitseinsatz. Bereits seit um acht wurde in der Kita fleißig gearbeitet. Offiziell hieß es, um 12 ist Schluss. Doch die beteiligten Eltern schauen nicht auf die Uhr.

Sandra Hälbig hantierte mit Pinsel in der Hand an einem Türrahmen. Um bis an die Decke zu kommen, musste sich die junge Frau ganz schön strecken. Ihre Tochter, die zweieinhalbjährige Henriette, besucht die Kita. "Meine Tochter und die anderen Kinder sollen es hier schön haben", nennt Frau Hälbig das Motiv, dass auch andere bewegt. "Ich kann es deshalb nicht verstehen, dass manche Eltern nicht helfen wollen."

Tatsächlich waren nicht alle bereit, bei der Renovierung zu helfen. Doch die insgesamt 28 Eltern sowie sieben Erzieherinnen, die mitmachten, legten sich richtig ins Zeug. Am Samstag verkleidete zum Beispiel Andreas Strubeck eine Wand mit Holz. Norbert Schüler beschäftigte sich mit Anstricharbeiten. Alexa Strubeck (6) und Martin Schüler (3) werden ihren Eltern sicherlich sehr dankbar sein.

Anita Matthes zeigt die bereits renovierten Räume, die in frischen Farben erstrahlen. "Das alles wurde in insgesamt mehr als 500 Arbeitsstunden geschaffen", erklärt sie. "Eine Handwerker-Stunde kosten um die 20 Euro. Also steckt hier bereits eine Arbeitsleistung von über 10 000 Euro drin."

Noch bis Ende Januar werden die Eltern und die Erzieherinnen brauchen, um die Restarbeiten zu erledigen. Dann soll eine Feier mit allen Beteiligten stattfinden. "Wahrscheinlich irgendwann, wenn es warm wird und wir alle draußen grillen können", so Anita Matthes. "Und miteinander reden - nicht nur über Tapeten und Farben."

Die Kita-Leiterin freut sich sehr über die tatkräftige Hilfe und die renovierten Räume. "Ich würde meine Eltern umarmen, so froh und dankbar bin ich", sagt sie.