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Köthener beweisen Geschmack Kaffeerösterei Hannemann aus Köthen verkauft auch in Supermärkten

Von Steffen Höhne 10.01.2019, 11:00
In Säcken bekommt die Köthener Rösterei die Kaffeebohnen geliefert. 20 Tonnen verarbeiten Torsten Vogel und sein Team pro Jahr.
In Säcken bekommt die Köthener Rösterei die Kaffeebohnen geliefert. 20 Tonnen verarbeiten Torsten Vogel und sein Team pro Jahr. Stedtler

Köthen - Die Idee zur eigenen Kaffeerösterei kam Torsten Vogel und Antje Fuchs am Ostseestrand in Kühlungsborn. Das Ehepaar hatte sich schon geraume Zeit darüber geärgert, dass in vielen Restaurants und Hotels der Kaffee bitter schmeckt. „Wir wollten schon auf Tee umsteigen“, sagt der überzeugte Kaffeetrinker lächelnd. Im Ostseebad nahmen sie im Urlaub dann an einer Schau-Rösterei teil und waren überrascht, wie vielfältig Kaffee schmecken kann. Wäre das nicht auch etwas für unsere Heimatstadt Köthen?

Fragten sie sich und zögerten nicht lang. 2010 eröffneten sie unter dem Namen Hannemann - benannt nach einer früheren Gaststätte der Familie - eine Rösterei in der Bach-Stadt. Das war der Anfang einer kleinen Erfolgsgeschichte. Heute stehen die Produkte in Supermarktketten, ihr Name ist in der Lebensmittelwirtschaft des Landes bekannt.

Die Rösterei mit einem Ladenlokal befindet sich in der Innenstadt Köthens. Im Eingangsbereich fällt sofort ein mehr als zwei Meter großer Kaffeebaum auf. Vogel zupft eine der dunkelroten Kaffeebohnen vom Baum und fängt an zu erzählen: „Das Fleisch der Frucht wird nicht genutzt, verwendet wird nur der Kern, die Kaffeebohne.“ Die Bohnen bezieht die Firma von Großhändlern aus dem Hamburger Hafen, aber auch von Direktimporteuren aus Peru, Ecuador und Bolivien. Kunden im Geschäft berät der Chef oft persönlich über Herkunft und Geschmack der einzelnen Kaffees.

Langes Röstverfahren

Vogel hat eine Ausbildung als Funkmechaniker absolviert und handelte später mit Schallplatten und CDs. Mit dem Kaffee hat der 50-Jährige jedoch seine Leidenschaft zum Beruf gemacht. „Es gibt keine Ausbildung zum Kaffeeröster, wir haben uns viel selbst beigebracht und Schulungen besucht.“ Nach seiner Ansicht muss man zunächst zwei grundlegende Dinge über Kaffee wissen: Es gebe mit Arabica und Robusta zwei dominierende Sorten. Arabica-Bohnen wachsen, so Vogel, meist im Hochland über 1.000 Meter und haben weniger Bitterstoffe und Säuren als die von Robusta. Diese Bohnen werden meist im Flachland angebaut. Die Kaffeerösterei Hannemann führt fast ausschließlich den teureren Arabica-Kaffee.

Herz und Prunkstück der Manufaktur ist eine 100.000 Euro teure Trommel-Röstmaschine samt Abfüllanlage Über einen Trichter führt Antje Fuchs jeweils 30 Kilogramm zum Rösten ein. Ein Gasbrenner heizt die Trommel auf. „15 bis 17 Minuten rösten wir den Kaffee“, erklärt Fuchs. „Wenn sich ein leichter Essiggeruch bemerkbar macht, ist der Vorgang abgeschlossen.“ Während des Röstvorgangs verliert der Kaffee Bitterstoffe und Säuren. „Die lange Röstzeit ist dafür verantwortlich, dass unser Kaffee besser schmeckt als Industriekaffee“, sagt Vogel. Nach seinen Worten röstet der Kaffee der großen Hersteller aus Kostengründen lediglich zwei bis fünf Minuten. Er weise dadurch mehr Säuren und Bitterstoffe auf.

Der große Hersteller Tchibo sieht das auf Nachfrage anders. „Auch wir bieten Kaffeesorten an, die in großen Trommeln zwölf bis 18 Minuten geröstet werden“, sagt Tchibo-Sprecherin Karina Schneider. Bei anderen Verfahren sei die Röstzeit aus technischen Gründen kürzer und nicht mit Trommelverfahren vergleichbar.

Online-Handel soll starten

Neben den großen Kaffee-Herstellern gibt es in Deutschland 700 bis 800 kleinere Röstereien. „Die meisten betreiben ein Café oder ein Ladengeschäft“, sagt Nina Shestakova von der Deutschen Röstergilde. Der Markt wachse beständig. Jedes Jahr kommen nach Schätzungen 30 bis 40 neue Betriebe in Deutschland hinzu. Doch nur wenige von ihnen verkaufen wie Hannemann ihre Produkte auch im Einzelhandel.

Bereits ein Jahr nach der Gründung nahm das junge Unternehmen an der weltgrößten Agrar-Schau Grüne Woche in Berlin teil. Dort wurde laut Vogel eine Einkäuferin der Supermarktkette Edeka auf die Rösterei aufmerksam. Als regionales Produkt ist Hannemann Kaffee seither in vielen Edeka-Märkten in und um Köthen erhältlich.

Auch Kaufland und Bio-Supermärkte in der Region bieten die kleinen, roten 250 Gramm-Päckchen an. Der Einstiegspreis bei den Produkten aus Köthen: 5,99 Euro. Damit ist Hannemann mehr als doppelt so teuer wie die große Konkurrenz. „Doch immer mehr Kunden merken die Qualitätsunterschiede und kaufen uns ganz bewusst“, sagt Vogel.

Einen größeren Online-Verkauf gibt es bisher nicht. „2011 hatten wir das schon probiert, doch damals rentierte sich das nicht“, erläuterte Vogel. Der Verkauf in Supermärkten brachte die Firma mit derzeit vier Mitarbeitern schnell an die Kapazitätsgrenze. Doch Anfragen von Kunden außerhalb des Vertriebsgebietes häufen sich, und es werden auch Päckchen verschickt.

„Das Projekt Online-Handel werden wir 2019 neu in Angriff nehmen“, sagt Vogel. Es solle einen professionellen Verkauf im Internet geben. Ziel von Vogel ist es auch, mehr Hotels, Gaststätten und Restaurants mit seinen Produkten zu beliefern. „Die Gäste bräuchten sich dann nicht mehr über bitteren Kaffee zu ärgern.“  (mz)