Hochzeitspaar Latuscynski : Hochzeitspaar Latuscynski : Unterwegs im himmelblauen Traktor

Köthen - Noch ist alles ruhig am Rand des Köthener Marktplatzes. Ein paar Passanten schlendern vorbei, die Gulaschkanone steht an ihrem angestammten Platz und selbst die Bagger der Bauarbeiter stehen an diesem Freitagnachmittag still. Also alles wie immer? Nicht ganz.

Denn gegen 14 Uhr fährt plötzlich ein himmelblauer Traktor, geschmückt mit Blumengestecken, Schleifen und Luftballons, vor dem Rathaus der Stadt vor. Sofort drängt sich die Erinnerung an den alten Volksmusik-Song „Resi, i hol di mit meim Traktor ab“ auf - aber der passt hier nicht.

Denn oben auf dem Gefährt sitzt sie schon bereits: Eine junge Braut im Hochzeitskleid, das ganz in weiß und im Cocktail-Stil gehalten ist. Die pinken Strähnen im blonden Haar passen perfekt zum rosa Unterrock. Schnell huscht sie ins Rathaus, die Türen schließen sich, der Bräutigam wartet längst aufgeregt oben auf seine Traumfrau. Dann heißt es: Warten.

Von Warten und Durchatmen ist bei der Standesbeamtin der Stadt indes keine Spur. Seit 9.30 Uhr ist sie im Einsatz, erst nach 15 Uhr wird sie Feierabend haben. Denn es sind für den Tag mit dem beliebten Schnapszahl-Datum 7. 7. 2017 ganze zehn Hochzeiten angesagt.

Gegen 14.20 Uhr öffnet sich die Tür zum Rathaus, die Gäste und Angehörigen davor halten den Atem an - aber es ist nur eine Frau, die heraustritt und mit einem Besen noch einmal die Rosenblätter, das Konfetti und den Reis der ganzen vorherigen Hochzeiten von den Stufen fegt. Also wieder warten.

Dann endlich, gegen 14.30 Uhr, öffnet sich die Tür erneut und diesmal jubeln die Gäste zurecht: Das Brautpaar ist da. Sofort werden Antje und Sven Latuscynski von ihren Familien und Freunden umringt, werden bejubelt und umarmt. Und sie bekommen ein weißes Bettlaken vorgehalten, aus dem sie ein Herz ausschneiden sollen, bevor der Bräutigam seine Braut hindurchträgt - ein Hochzeitsklassiker.

Dass Antje und Sven Latuscynski an so einem ungewöhnlichen Tag heiraten, ist kein Zufall: „Wir wollten dieses Hochzeitsdatum, wir wollten unbedingt am 7. 7. 2017 heiraten“, erzählt der frisch gebackene Ehemann. „Und wir haben es glücklicherweise auch ganz unkompliziert bekommen.“

Ungewöhnlich ist aber nicht nur das Datum. Sondern natürlich auch das Gefährt, das erst die Braut zum Standesamt und anschließend das verliebte Paar zur Hochzeitsfeier bringt. Auf dem Markt in Köthen hat man schon alle möglichen außergewöhnlichen Hochzeitsmobile gesehen: Pferdekutschen, Oldtimer, Feuerwehrautos mitsamt Drehleiter, Stretchlimousinen - ein Traktor aber, das ist etwas ganz Besonderes.

Ein Fordson Dexta, um genau zu sein, erklärt Besitzer Andreas Weber. „Der Traktor stammt aus dem Jahr 1968, hat 35 PS.“ Dass er ihnen seinen Dexta zur Verfügung stellt, habe sich das Brautpaar extra von Weber gewünscht. „Wir sind aber keine Landwirte, das steckt nicht dahinter“, sagt Weber lachend. „Die beiden sind Freunde von mir und wollten einfach nur etwas Besonderes.“ Das haben sie ohne Frage: Nicht nur die Gäste, auch die übrigen Köthener auf dem Marktplatz können ihre Blicke kaum abwenden.

Und sie staunen nicht schlecht, als nicht etwa der Bräutigam, sondern die Braut den Platz auf dem Fahrersitz einnimmt. Fährt etwa die Braut selbst? „Nein, nein, das ist nur fürs Foto“, erklärt einer der Gäste mit einem Grinsen. Dann tauschen Mann und Frau die Plätze und der Traktor setzt sich ratternd und knatternd in Bewegung. Die Dosen, die Weber noch schnell hinten angebunden hat, machen zusätzlichen Lärm. Auf dass es in der Ehe der Verliebten nicht so rattert und knattert. (mz)