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Hochschule Anhalt in Köthen Hochschule Anhalt in Köthen: Bei Henry Bergmann stimmt die Chemie

Von Doreen Hoyer 22.10.2015, 08:38
Henry Bergmann feierte vor Kurzem seinen 60. Geburtstag.
Henry Bergmann feierte vor Kurzem seinen 60. Geburtstag. Heiko REBSCH Lizenz

Köthen - Manchmal braucht man weniger als eine Minute, um lebensverändernde Entscheidungen zu treffen. Bei Henry Bergmann waren es etwa 30 Sekunden. Als er in einer Döbelner Schule die elfte Klasse besuchte, kam ein Lehrer ins Zimmer und fragte: „Wer will in Russland studieren?“ Bergmann hob seine Hand. Das war 1973.

Seine Entscheidung ebnete Bergmanns Weg als angesehener Elektrochemiker. Vor kurzem veranstaltete die Hochschule Anhalt, an der Bergmann Professor ist, ein Kolloquium zu Ehren seines 60. Geburtstages. Dieser war am 5. Oktober.

„Ein einziger Nebel“

Bergmann arbeitet seit den 1980er Jahren an der Hochschule. Hier promovierte er 1986. Zunächst beschäftigte er sich mit Apparaten zur Chlorherstellung. „Dann kam der Umweltschutz auf und mit ihm setzte man andere Schwerpunkte“, erinnert sich der Wissenschaftler. Bergmann arbeitete an Verfahren für elektrochemische Umweltschutztechnik, entwickelte Apparate zur Entgiftung von Wasser und zur Metallrückgewinnung.

Die Wendezeit ist in der Erinnerung des Professors „ein einziger Nebel“. Er habe so viel Ideen gehabt, so viele neue Möglichkeiten für seine Arbeit, dass die Jahre wie im Flug vergangenen seien. 1993 wurde Bergmann zum Professor in Köthen berufen.

In der Zeit nach der Wiedervereinigung beschäftigte sich Bergmann mit elektrochemischer Hygienetechnik und entwickelte Verfahren zur Wasserdesinfektion. „Wir waren dabei die ersten, die auch auf die Nebenprodukte geschaut haben“, erinnert er sich. Gemeint sind Substanzen wie Chlorat und Perchlorat, die entstehen können, wenn Wasser gechlort wird. Vielen Experten gelten diese Stoffe als krebserregend. Bergmann und seine Kollegen arbeiten nun an Verfahren zur Wasserdesinfektion, bei denen solche gefährlichen Substanzen gar nicht erst entstehen.

Doch zurück zu jener Entscheidung in den 1970er Jahren: Was er studieren wollte, war dem Elftklässler Henry Bergmann damals schon seit Jahren klar. „In der siebenten Klasse habe ich mich in die Chemie verliebt. Dieses Fach hat mir schon immer Spaß gemacht“, erzählt er. Eigentlich wollte Bergmann gern anorganische Chemie studieren. „Doch dafür war mein Notenschnitt mit 1,8 zu schlecht“, erinnert er sich. So wurde dann die Elektrochemie zu seinem Spezialgebiet.

Nach seinem Schulabschluss 1974 ging Bergmann zum Studium für fünfeinhalb Jahre nach Moskau. „Die Ausbildung dort war hervorragend und gut abgestimmt“, erinnert er sich - auch wenn man langweilige Vorträge über die Geschichte der KPdSU über sich habe ergehen lassen müssen.

Internationale Anerkennung

Nach dem Fall der Mauer musste Bergmann sich gegen Vorwürfe wehren, er sei ein Günstling der SED gewesen. „Dabei war ich nie in der Partei. Man konnte auch im Ausland studieren, ohne linientreu zu sein.“

Der größte Erfolg seiner bisherigen Karriere sei die internationale Anerkennung seiner Arbeit gewesen, sagt der Wissenschaftler. Bergmann ist unter anderem deutscher Repräsentant in einer europäischen Organisation für Chemie-Ingenieurwesen.

Und in Zukunft? „Ich habe da noch ein paar Ideen“, erzählt der 60-Jährige. So wollen er und seine Kollegen künftig von Köthen aus stärker mit der Universität in der türkischen Stadt Eskisehir zusammenarbeiten, um gemeinsam die Herstellung von Desinfektionsmitteln zu erforschen.