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Zurück zu den Wurzeln Hobbyhistoriker Rolf Bielau hat Entwicklung der Köthener Schuhfabrik Heinz Brose erforscht

Von Robert Martin 23.06.2021, 10:58
Die ehemalige Schuhfabrik von Heinz Brose befand sich auf dem Gelände des heutigen ?Hotel Anhalt? in der Köthener Ludwigstraße.
Die ehemalige Schuhfabrik von Heinz Brose befand sich auf dem Gelände des heutigen ?Hotel Anhalt? in der Köthener Ludwigstraße. Repro: Stadtarchiv Köthen

Köthen - Von 1946 bis 1990 existierte die Schuhfabrik Heinz Brose, ab 1952 auf dem Gelände des heutigen „Hotel Anhalt“ in der Ludwigstraße. Der Köthener Heinz Brose verwirklichte in der Nachkriegszeit mit großer Beharrlichkeit seinen Traum von einer eigenen Firma. Hier wurden Schuhe aus verschiedenen Materialien produziert - bekannt waren insbesondere die Lederschuhe - ab 1976 Schuhe für Kinder. 1972 verstaatlicht, war die Zeit bis 1990 von wechselhafter Natur. Ein Neustart nach der Wende konnte nicht gelingen.

Nun ist ein neues Werk zur Geschichte dieses Traditionsunternehmens in Form einer 48-seitigen Broschüre erschienen, verfasst vom gebürtigen Köthener Rolf Bielau. Er wolle dabei helfen, Licht in ein bislang eher unerforschtes Kapitel der Stadtgeschichte zu bringen, sagt der Quedlinburger.

Von Tomaten zu Geschichte - Bielau ist eigentlich promovierter Landwirt

Dabei ist Bielaus Profession anderer Natur: In seinem Berufsleben züchtete der promovierte Landwirt vor allem Tomaten, entwickelte neue Sorten von der „Kreuzung bis zur Zulassung“, wie der 72-Jährige beschreibt. Und das in nationalen und internationalen Zuchtbetrieben und wissenschaftlichen Einrichtungen, er arbeitete auch im Institut für Züchtungsforschung Quedlinburg.

Wie es dazu kam, dass ein Gemüsezüchter über die Geschichte einer Schuhfabrik schreibt? Weil er sich schon länger als Hobbyhistoriker betätigt und weil es Teil seiner Familiengeschichte ist.

Bielaus Werk als Hobbyhistoriker begann nach der Wende. Als er in einer Jubiläumsausgabe zur Quedlinburger Stadtgeschichte blätterte, vermisste er eine wichtige Periode. „Die DDR kam nicht vor. Da war ich richtig wütend.“ Und machte sich selbst ans Werk. Mit Stolz in der Stimme spricht er von über 40 Veröffentlichungen, die auch in der MZ erschienen.

Rolf Bielau mit Broschüre
Rolf Bielau mit Broschüre
Foto: R. Martin

Bielaus Familiengeschichte ist eng mit dem Unternehmen verknüpft: Brose selber war sein Onkel. Sowohl seine Mutter als auch sein Vater arbeiteten als Buchhalter im Unternehmen. Das 48 Seiten starke Büchlein hat also auch familienhistorische Züge. „Er war mein Onkel, aber nicht nur das. Er war ein Vorbild“, erklärt Bielau zu Heinz Brose. Er habe die Durchsetzungskraft besessen, bei Null anzufangen und bis 1977 ein Unternehmen im Wert von 750.000 DDR-Mark zu erschaffen. Zudem habe er sich sehr für gute Arbeitsbedingungen stark gemacht, die Firma hatte einen hohen Anteil an langjährigen Mitarbeitern.

Seine Quellen suchte Bielau in den Landesarchiven in Dessau und Merseburg und natürlich im Köthener Stadtarchiv. Darunter waren offizielle Dokumente, Lagepläne und Fotos. Ehemalige Mitarbeiter der Fabrik brachten mit ihren Zeitzeugenberichten Farbe in seine Recherche. Bielau macht aber auch klar, dass er vieles nicht mehr finden konnte.

Bielau wünscht sich Hinweise und Kritiken zu seiner Broschüre

Er sei sich sicher, dass viel nach der Wende verschwunden sei: Akten, Fotos, Zeitzeugen. Das merkte er auch an den Lücken in den Archiven. Und wünscht sich, dass er selber früher schon mit der Recherche begonnen hätte. „Damals hatte ich das nicht auf dem Schirm, da hatte ich andere Sorgen“, ärgert er sich heute.

„Ich würde das gerne weiterentwickeln“, sagt er und fügt hinzu, dass es ihn sehr freuen würde, wenn Köthener sein Werk lesen und ihm Rückmeldungen und weitere Hinweise geben.

Zur Vorstellung der Broschüre in „Mein Buchladen“ kamen indes einige Menschen vorbei, darunter Klassenkameraden von Bielau und Köthener, die seine Broschüre für Verwandte in den alten Bundesländern kauften. Gespräche kamen zustande. „Das Interesse ist da“, freut sich Bielau. Vielleicht gibt es eine Neuauflage.

Die Broschüre „Die Schuhfabrik Heinz Brose, ein Teil der Köthener Industriegeschichte“ ist ab sofort in der Köthener Buchhandlung „Mein Buchladen“, Schalaunische Straße 32, zum Preis von 16 Euro erhältlich. (mz)