Heckrinder und Pferde Heckrinder und Pferde: Im Wulfener Bruch geht es um Leben und Tod

Wulfen/MZ - Buchstäblich um Leben und Tod geht es im Wulfener Bruch. Im Mittelpunkt stehen Heckrinder und halbwilde Pferde der Primigenius gGmbH, einem Unternehmen des Naturschutzbundes (Nabu) Köthen. Drei kleine Heckrinderherden und eine weitere Herde aus sieben Pferden und einem Rind waren auf den niedrig gelegenen Wiesen vom schnell steigenden Hochwasser eingeschlossen worden. Zwei der Rinderherden konnten gestern mit Hilfe hilfsbereiter Anwohner mühevoll ins Trockene getrieben werden. Die Rettungsaktion für die sieben Pferde und das eine Rind dauerte bis in den Abend hinein noch an. Die zwölfköpfige Rinderherde, die einige Hundert Meter links von der Straße Wulfen-Diebzig mitten im Wasser steht, musste vorerst ihrem Schicksal überlassen werden.
„Wir wurden bereits am Dienstag informiert, dass die Rinder in Gefahr sind“, sagte Lothar Huth vom Ordnungsamt der Einheitsgemeinde Osternienburger Land. Der Landwirt Michael Scheringer und etliche Anwohner wurden Zeugen, wie die verängstigten Tiere, darunter Kälber, gegen das steigende Wasser ankämpften. „Schon in der Nacht haben wir ihre Angstschreie gehört“, berichtete Scheringer.
„Die Rinder standen bereits bis zum Hals im Wasser“, schilderte er. Es war klar, dass nur ein schnelles Eingreifen sie retten konnte. Mit Hilfe von Booten wurden sie von einer Insel im Riesen-See zur anderen getrieben, bis sie die Straße Wulfen-Diebzig erreichten. Ein Mais-Acker auf der andere Seite, in der Nähe der Wulfener Gartenanlage, ist noch nicht von der Überschwemmung betroffen. Hier befanden sich zwei Rinderherden bis gestern Abend. Eigentlich sollte für sie eine Fläche auf einer Anhöhe provisorisch umzäunt werden. Dazu kam es vorerst nicht, da Primigenius-Geschäftsführer Andreas Wenk mit einer Handvoll Helfern gerade damit beschäftigt war, die sieben Pferde und das Rind aus dem Hochwasser am Rande eines überfluteten Kartoffelfeldes östlich von Wulfen zu retten. Alle Versuche, per Boot die völlig desorientierten und verängstigten Tiere aus einem Busch in Richtung Ufer zu treiben, schlugen bis zum frühen Abend fehl. Die Rettungsaktion dauert e zu Redaktionsschuss an.
Die Herde mit den zwölf Rindern muss weiter im Wasser ausharren. Die Tiere stehen zwar im Wasser, aber auf einer Anhöhe. Sie können Blätter fressen.
Treibe man sie fort, könnten sie im Landgraben ersaufen, der an die drei Meter tief ist. Sie zu betäuben und abzuschleppen, würde ebenfalls ihren Tod bedeuten. „Man müsste ohnehin alle zwölf auf einmal betäuben, an unserem Boot können wir aber höchsten zwei auf einmal abschleppen“, hieß es seitens des ebenfalls alarmierten Technischen Hilfswerks, das damit auch nicht helfen konnte.
Die Rinder blieben also über Nacht im See. Wenn das Wasser nicht weiter steigt, haben sie eine Chance. Sonst bleibe womöglich nur ein Gnadenschuss übrig, hieß es aus den Reihen der Polizei.
Unterdessen wird seitens einiger Helfer Kritik an die Adresse von Andreas Wenk laut. Dieser habe sich angesichts der Hochwassergefahr nicht rechtzeitig um die Tiere gekümmert. Das Polizeireviers Köthen wirft ihm vor, selbst auf seinem Handy trotz mehrmaliger Versuche für Warnungen nicht erreichbar gewesen zu sein. Wenk, von der dramatischen Lage sichtbar mitgenommen, wehrt sich. Er habe zwar die Gefahr unterschätzt - wie viele andere auch. Die Rettungsaktion habe er aber bereits am Montag gestartet. Ihm stünden nur wenige Helfer zur Seite. Zwei Przewalski-Pferde und ein Konik seien zum Beispiel gerettet und gestern von Dornbock aus weggebracht worden. Die scheuen Rinder und Pferde ließen sich nicht einfach wegtreiben oder abtransportieren. „Um ein einziges Tier einzufangen, brauche ich bis zu sieben Stunden“, so der Primigenius-Geschäftsführer. Was die Erreichbarkeit betreffe, so sei er ja im Wulfener Bruch gewesen. Und dort gebe es keinen Handy-Empfang.
