Grundschule Radegast Grundschule Radegast: Anja Lins war einst Schülerin und ist heute Leiterin

Radegast - Erwartungsvoll saßen sie da, Robin, Emma, Paul, Serafina, Jonas und wie sie alle heißen. 13 Mädchen und Jungen standen am Samstagvormittag im Freizeitzentrum Radegast bei der Einschulungsfeier im Mittelpunkt. Bis sie ihre Zuckertüten in Empfang nehmen konnten, mussten sie sich allerdings gedulden. Schüler der zweiten, dritten und vierten Klasse boten ein buntes Programm. Auch einige Schüler, die jetzt schon in der fünften Klasse sind, hießen die Erstklässler willkommen.
Reise des Lernens
„Unsre Schule hat keine Segel, und sie fährt nicht auf dem Ozean, aber wie ein Schiff auf großer Reise hat sie manches schon erlebt in all den Jahr'n“, sang der gemischte Chor unter anderem, der aus kleinen Matrosen und Piraten bestand. Sie luden ihre neuen Mitschüler ein, mitzukommen auf die Reise des Lernens, die nunmal nur auf einem Schiff namens Schule möglich ist. Die Radegaster Grundschule hat auch einen neuen „Kapitän“ - Anja Lins stellte sich als neue Schulleiterin vor. Sie hat das Amt von Gerlinde Arndt übernommen, die zum Schuljahresende in den Ruhestand getreten war.
„Für die Eltern ändert sich alles“, wandte sich Anja Lins an die Mütter und Väter. Sie müssten nun mit ihren Kindern nach der Uhr leben, darauf achten, dass die Kinder pünktlich ins Bett gehen und ebenso pünktlich aufstehen, dass die Hausaufgaben erledigt werden, der Ranzen gepackt ist und anderes mehr. Auch für die Kinder ändere sich viel. Sie würden natürlich wie im Kindergarten spielen und basteln können, doch nun kämen die Unterrichtsfächer und das Lernen hinzu. Dafür stünden ihnen die Lehrer zur Seite. „Sie achten darauf, dass ihr Lesen und Schreiben lernt, geben euch Hausaufgaben auf. Aber lernen müsst ihr von allein“, sagte die Schulleiterin. Und gab den Erstklässlern auf den Weg: „Fragt den Lehrern Löcher in den Bauch. Immer, wenn euch was komisch erscheint oder ihr was wissen wollt, fragt eure Lehrer.“
Von 1993 bis 1997 in Radegast gelernt
Das hat Anja Lins, wie sie zur Feierstunde verriet, als Schülerin auch immer getan, und zwar auch an der Radegaster Schule. Hier hat sie von 1993 bis 1997 gelernt. „Meine Lehrer von damals sind noch an der Schule“, sagte sie. Die 30-jährige Grundschullehrerin, die aus Cösitz stammt, wurde vom Schulamt beauftragt, für ein Jahr den Posten der Schulleiterin von Radegast zu übernehmen. Es ist für sie eine zusätzliche Aufgabe, denn seit einem Jahr ist Anja Lins stellvertretende Schulleiterin der Grundschule Zörbig. „Normalerweise werden die Schulleiterstellen vom Landesschulamt ausgeschrieben. Aber weil nicht sicher war, ob die Schule in Radegast Bestand hat, wurde die Stelle erst mal nicht neu ausgeschrieben“, erklärte sie im Gespräch mit der MZ. Mit der jetzt erfolgten Aufhebung der Schulbezirke Görzig und Radegast durch den Stadtrat des Südlichen Anhalts hofft sie aber, dass die Radegaster Schule künftig weiterhin genügend Schüler hat.
Unterricht wird Anja Lins nicht erteilen. Vier Stunden in der Woche ist sie in Radegast vor Ort und kümmert sich um reine Dienstgeschäfte - Unterrichtsversorgung, Vertretungspläne, Dienstberatungen, Schulelternrat, Gesamtkonferenz, all das ist zu erledigen. „An drei späten Vormittagen bin ich in Radegast. Da können die Eltern Termine mit mir machen, die Lehrkräfte auch“, kündigte sie an. Dass sie die Radegaster Schule und die Lehrkräfte gut kennt, habe ihr die Entscheidung für die kommissarische Leiterstelle erleichtert. „Bei einer komplett neuen Schule wäre es für mich wohl schwieriger geworden.“
Ehemalige Schülerin ist nun Chefin
Die Schulversorgung im neuen Schuljahr liegt in Radegast unter 100 Prozent, teilte Anja Lins mit. Konkret können in Radegast acht Unterrichtsstunden pro Woche nicht gegeben werden. Was bedeute, dass nur das Minimum angeboten werde könne. „Und Förderstunden fallen dann oft hinten runter.“ Was es heißt, an zwei Schulen zu arbeiten, machte Anja Lins schon am Sonnabend deutlich. Kaum war die Einschulungsfeier vorbei, fuhr sie nach Zörbig, um dort ihre erste Klasse einzuschulen.
Dass eine ehemalige Schülerin nun ihre Chefin ist, stört Sonja Borrmann und Christina Bobert überhaupt nicht. Im Gegenteil: die Klassenleiterin der ersten Klasse und die pädagogische Mitarbeiterin freuen sich, dass ihre frühere Schülerin einen erfolgreichen beruflichen Weg eingeschlagen hat. „Sie ist eine einfühlsame und kompetente Kollegin“, sagte Sonja Borrmann. Die gemeinsam mit Christina Bobert die Erstklässler in ihren Klassenraum führte und eine erste, kurze Unterrichtsstunde zum Kennenlernen hielt. Derweil versammelten sich die Eltern auf dem Schulhof. Und dann konnten die Kinder endlich ihre augenscheinlich recht gewichtigen Zuckertüten entgegennehmen.
(mz)