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Gottvertrauen in Spendierfreudigkeit

Von Matthias Bartl 28.02.2008, 16:58

Köthen/MZ. - Für welches Wort man sich auch immer entscheidet: Es ist schon beeindruckend, was beide Männer Gottes sich und ihrer Gemeinde, aber auch der Kommune Köthen zutrauen, samt den vielen an Gott und Kirche desinteressierten Schäflein darin. Im positiven Sinn.

Ausgangspunkt ist die Sanierung des Inneren von St. Jakob. Dazu wird am Freitag der ideelle Auftakt gegeben. Ideell deswegen, weil ein materieller Auftakt aus zwei Gründen noch nicht möglich ist. Einer ergibt sich aus Veranstaltungen, die im Herbst noch in dem Gotteshaus anstehen: die Bach-Festtage haben in St. Jakob eine Spielstätte - und man kann sich ein musikalisches Fest zu Ehren Bachs nur schwer zwischen Gerüsten, Kalkwannen und Mörtelkellen vorstellen. Der andere Grund ist ein pekuniärer, der uns wieder zum Gottvertrauen der Pfarrer bringt: Es fehlt noch Geld für die Innensanierung.

Und da geht es nicht um diesen und jenen Tausender, da geht es um 300 000 Euro, davon 150 000 oder gar 200 000 Euro, die die Kirchengemeinde gemeinsam mit dem Bauverein St. Jakob schon bis zum Sommer aufbringen will. Und die am Ende immer noch reichen. Leischner erinnert sich, von einer Bekannten auf das Vorhaben angesprochen worden zu sein: "Ihr wollt 500 000 Euro verbauen und euch fehlen noch 300 000 Euro? Horst, du spinnst, hat sie gesagt."

Ob Leischners Bekannte Recht behält, wird ein erhebliches Stück weit an den Köthenern liegen. Daran, ob sie willens sind, für die Hauptkirche der Stadt bis zum Ellenbogen in die Tasche zu greifen. Lauter ist frohen Mutes, dass es gelingen wird, die Köthener zur Hilfe für St. Jakob zu bewegen. "Es ist doch ihre Kirche. St. Jakob ist nicht nur ein Bauwerk der evangelischen Christen, sondern eins für alle Köthener." Um diese Idee auf breite Schultern zu laden, haben Lauter, Leischner, der Gemeindekirchenrat und andere aktive Gemeindeglieder sich schon ein paar Marketingideen einfallen lassen. Der symbolische Verkauf der Turmstufen von St. Jakob ist eine solche, der Fotowettbewerb für die Kirche eine zweite (die MZ berichtete). Weitere Pläne sind in Vorbereitung. Sie reichen vom Verkauf von Karten mit der Anhaltischen Weihnachtsgeschichte über einen Bücherflohmarkt bis hin zu Anträgen bei Stiftungen. Bislang umfasst die Liste 19 Ideen und Aktionen, um Spenden zu gewinnen. "Das wird letztlich ein ganzes Bündel von Aktionen", sagt Dietrich Lauter.

Der einige Hoffnung in die Straßensammlung setzt, die die Jakobsgemeinde veranstalten will. Es ist bezeichnend für den pragmatischen wie vorurteilslosen Pfälzer, dass er seine Hoffnung ausgerechnet aus den guten Ergebnissen zieht, die die weiß Gott nicht kirchennahe Volkssolidarität bei ihren Straßensammlungen erreichen konnte. 100 Leute sollen an jeder Tür in Köthen klingeln und um eine Spende für St. Jakob bitten. "Da sollte doch etwas zusammenkommen", ist Pfarrer Lauter optimistisch. Der mathematisch und mit Augenzwinkern die Gleichung mit einigen Unbekannten schon gelöst hat: Wenn 3000 Köthener jeweils 100 Euro geben würden, hätte man genau die fehlenden 300 000 Euro. Die Rechnung geht natürlich arithmetisch gesehen auch auf, wenn jeder Bürger von Köthen zehn Euro locker macht.

Der Stand der Dinge soll auch sichtbar gemacht werden mit Hilfe eines Spendenbarometers. Das wird an der Kirche angebracht und aus durchsichtigen Röhren bestehen, in denen gelbe Tennisbälle den Pegelstand der Sanierungsfinanzen anzeigen. "Bis zum Sommer hoffen wir das Gefühl zu haben: Wir kommen ran an unser Ziel", sagt Dietrich Lauter.

Zum Auftakt der Spendensammlung für das Projekt lädt die Kirchengemeinde Freitag, 16 Uhr, zu einer Festveranstaltung in der Kirche ein.