Gefährliche Hilfe Gefährliche Hilfe: Köthens Umweltamtsleiter warnt: Finger weg von Jungigeln

Köthen - Der Igel gilt gemeinhin als niedlich. Was Andreas Rößler unter bestimmten Gesichtspunkten gar nicht so glücklich findet. Rößler ist Leiter des Umweltamtes des Landkreises, zu seinen Aufgaben gehört auch der Naturschutz - und zum Naturschutz gehört es auch, den Schutz des Igels im Auge zu behalten. Zum Beispiel vor Leuten, die den Igel niedlich finden.
Und deswegen junge Igel aus dem Gras oder dem Unterholz klauben, wenn sie ihrer ansichtig werden. Und dann nicht etwa wieder zurücksetzen, sondern die vermeintlich von den Eltern verlassenen Igel bei Auffangstationen oder eben beim Naturschutzamt des Landkreises abgeben. „Ich“, sagt Andreas Rößler, „habe mir deswegen schon den Mund fusslig geredet.“
Jetzt ist die Zeit, in der die jungen Igel erstmalig ihre Umgebung erkunden
Weil nämlich die jungen Igel meist keine Hilfe benötigen und es vielmehr übereifrige Menschen sind, die ihn in Gefahr bringen und von seiner Mutter entfernen. „Jetzt ist die Zeit, in der die jungen Igel anfangen, ihre Umgebung zu erkunden“, sagt der Amtsleiter. Die Kleinen seien neugierig und immer auf der Suche nach Futter, mit dem sie sich das für den Winter notwendige Gewicht anfressen können.
„Die wiegen jetzt um die 200 Gramm und müssen bis November mindestens 500 Gramm auf die Waage bringen“, so Rößler. Man müsse sich daher um einen normal aussehenden kleinen Igel keine Sorgen machen - zumal die Mutter meist auch in der Nähe ist und die Pieplaute hört, wenn sich der Nachwuchs doch mal verirrt haben sollte. „Wir führen zwar keine Statistik“, sagt Rößler, aber fünf-, sechsmal pro Woche klingelt derzeit das Telefon „in Sachen Igel“. Er verweist auch darauf, dass z. B. die Igelauffangstation Wittenberg derzeit keine Igel aufnimmt.
Und Raymond Schulz, der sich seit Jahren in Köthen um Igel kümmert, tut dies nur bei verletzten oder von Parasiten befallenen Tieren -„und bei solchen, die unglücklicherweise im Winter geweckt werden“, so Schulz. Wer sich für Igelhilfe interessiere, „kann sich bei uns ein Merkblatt mit Infos zu richtigem Verhalten holen“.
Der Mensch macht dem Igel aber auch auf andere Weise das Leben schwer, wie Andreas Rößler in jüngster Zeit festgestellt hat. Man habe Meldungen erhalten, dass Jungigel von Rasenmährobotern verletzt oder gar getötet worden seien. Problematisch sei daran vor allem der Umstand, dass mancher Rasenbesitzer den Roboter auch nachts laufen lasse - „und da kann es zu unglücklichen Begegnungen mit den nachtaktiven Jungigeln kommen“. Rößler appelliert daher an die Besitzer eines solchen Geräts, es in der Nacht abzuschalten. Und den Garten „nicht blankzufegen“. Wenn man schon den Laubbläser nutzen müsse, dann solle man etwas Laub in „Ecken und Hecken“ auf einen Haufen pusten und liegenlassen - das würde dem Igel, der oft ein Stadt- und Gartenbewohner sei, bei der Quartiersuche helfen.
Erst im November ist bei untergewichtigen Igeln Hilfe notwendig
Apropos Hilfe: Auch wenn man jetzt Jungigel in Ruhe lassen sollte, könnte sich später im Jahr menschliche Hilfe als notwendig erweisen. Wenn man im November einen sichtbar untergewichtigen Igel sehe, „dann ist Hilfe notwendig“. Dann solle man den Igel wiegen, „wenn man sich traut“, und bei unter einem Pfund Gewicht füttern: mit ordentlichem Katzenfutter etwa, mit gekochtem Fisch oder Fleisch, „und um Himmels willen keine Milch geben“. Insgesamt ist Rößler aber zuversichtlich, dass die jungen Stacheltiere genug Futter finden, um sich das Wintergewicht anzufressen. „Es gibt sehr viele Mäuse in diesem Jahr, auch Schnecken und Insekten sind vorhanden.“
››Wer einen Igel findet, der sollte das Umweltamt unter 03496/60 13 11, -27 oder -18 anrufen. Raymond Schulz ist unter 0151/72 72 72 11 erreichbar. (mz)