Fußball-Weltmeisterschaft Fußball-Weltmeisterschaft: Küss' den Pokal!

Gnetsch/MZ - Das Finale steht erst in vier Tagen an, Sebastian Winkler aber hält den WM-Pokal schon jetzt in den Händen. Mit 36,8 Zentimetern hat er exakt die gleiche Größe wie das Original, nur die goldene Farbe ist ein wenig dunkler geworden. Kein Wunder, schließlich nehmen ihn der 35-jährige Handwerker und sein acht Jahre jüngerer Bruder Robert aus Gnetsch zu jedem Deutschlandspiel der Fußball-WM mit. Die Trophäe ist in der Turnhalle in Weißandt-Gölzau, in der sie die Partien verfolgen, sozusagen zum Erkennungszeichen der beiden Brüder geworden - und hat sich als Glücksbringer bisher bestens bewährt.
Gefunden hat Winkler die Nachbildung vor fünf Jahren durch Zufall: auf Ebay, für 40 Euro. Ein Schnäppchen - denn die Kopie ist zwar nicht aus Gold, hat aber trotzdem ihren Preis. „Mittlerweile müsste ich dafür 250 Euro bezahlen“, berichtet Winkler.
Die WM in Brasilien ist nicht die erste, die die Brüder mit dem Pokal im Schlepptau verfolgen. Schon 2010 war der Glücksbringer dabei, damals hat es für einen Pokalsieg der deutschen Elf allerdings nicht gereicht: Im Halbfinale flog die Mannschaft gegen Spanien raus. Diesmal aber sollte das anders werden: Spanien ist raus, Brasilien hieß der Gegner, den Jogis Jungs am Dienstag gegenüberstanden. Und mit denen ist Winkler, der selbst über 20 Jahre im Fußball im Sportverein Gölzau spielte, trotz Startschwierigkeiten zufrieden: „Die Spiele nach dem Auftaktsieg waren nicht das Gelbe vom Ei. Gegen Frankreich haben sich die Jungs allerdings wieder gefangen.“
Mit 30 Freunden in der Turnhalle
Und was hält Winkler von Trainer Joachim Löw? Da ist er gespalten: Schließlich habe Löw die kuriostesten Aufstellungen getestet - mit denen Winkler und seine Freunde nicht immer einverstanden waren. „Über die Besetzung von Philipp Lahm im Mittelfeld hat ja ganz Deutschland diskutiert. Wenn es nach mir ginge, hätte ich bei der Aufstellung vieles anders gemacht“, sagt Winkler. Zum Beispiel Mesut Özil aus der Startelf genommen, der hänge in letzter Zeit völlig in der Luft.
Die Deutschland-Spiele verfolgt er zusammen mit seinem Bruder und etwa 30 Freunden in der Turnhalle in Weißandt-Gölzau. Dort kommen gerade einmal hundert Zuschauer zum Public Viewing, die Stimmung sei aber dennoch toll. „Jeder lässt sich dort vom Fußballfieber anstecken.“ So auch seine Familie. Mit seinem Bruder und den Großeltern spielt Winkler in einer Tipprunde. Und wer hätte es gedacht: Die Großmutter liegt vorn. „Ich bin bei Deutschlandspielen immer schon drei Tage vorher aufgeregt“, gesteht Ursula Reinsdorf. Die 79-jährige Rentnerin und ihr Mann sind erst durch ihre Enkelkinder zu begeisterten Fußballfans geworden. In Kindertagen brachten sie die Brüder regelmäßig zum Fußballtraining. Noch heute ist Winkler im Verein aktiv, hilft ehrenamtlich, wo er nur kann. Sein Bruder ist dagegen zum Verein Thalheim gewechselt.
Robben macht das 1:0
Das Spiel musste Winkler ohne seinen Bruder schauen - der sei gerade im Österreichurlaub. Deshalb fiel auch Winkler die Aufgabe zu, das Ritual zu vollziehen, für das sonst der Bruder zuständig war. „Ich muss den Pokal vor Spielanpfiff und zu Beginn der zweiten Halbzeit küssen“, erklärt Winkler. Das bringe Glück. Und was, wenn die deutsche Mannschaft doch verliert? „Das passiert nicht“, gibt der Gnetscher selbstbewusst zurück. Ob Sieg oder Niederlage - das Finale am Sonntag schaut er sich sowieso an. Dann auch wieder gemeinsam mit dem Bruder.
Wenn es nach Winkler geht, treffen im großen Endspiel die Niederlande und Deutschland aufeinander. Als Bayern-Fan weiß er das Potenzial des holländischen Bundesligisten Arjen Robben zu schätzen. Sein Tipp: Robben macht das 1:0, Deutschland gewinnt am Ende 2:1.