Flüchtlinge in Köthen Flüchtlinge in Köthen: Drei Männer - ein Schicksal

Köthen - 59 Flüchtlinge leben bereits in der Notunterkunft in Köthen. Nächste Woche sollen 25 weitere dazukommen. Doch wer sind diese Menschen überhaupt?
Wir haben mit drei von ihnen gesprochen. Schon allein, um der anonymen Masse endlich mal ein Gesicht zu geben. Denn hinter den Flüchtlingen, gegen die nicht wenige Köthener Vorbehalte haben, verbergen sich Menschen. Und mit ihnen Geschichten und Schicksale.
Shadi Hajebek hatte sich einen Traum erfüllt. Und seinen eigenen Sportladen aufgemacht. Von dem ist mittlerweile nicht viel mehr übrig als ein Haufen Schutt. Denn eine Bombe hat das Geschäft zerstört. Bis 2004 hat der Syrer sein Geld als Profi-Fußballer verdient, arbeitete danach als Fußball-Manager. Dass er sein Hobby als junger Mann zum Beruf machen konnte, bedeutet ihm noch heute unglaublich viel.
Mit dem Sport vertreibt sich der 41-Jährige auch in Köthen die Zeit. „Ich habe schon mit deutschen Kindern Fußball gespielt“, sagt er. Auf dem Platz vor der Notunterkunft. Er hat selbst zwei Kinder. Zwei Töchter. Die musste er aber ebenso zurücklassen wie seine Frau. Die Flucht wäre zu gefährlich für die Familie gewesen. Zehn Tage war Shadi Hajebek unterwegs, einige davon zu Fuß. „Ich vermisse meine Familie“, sagt er. Und hofft, dass er seine Lieben bald wieder in die Arme schließen kann.
Ein Jahr hätte Janko Janko noch studieren müssen. Dann hätte er seinen Abschluss als Kinderchirurg in der Tasche gehabt. Der Krieg kam dazwischen. Der 31-Jährige musste fliehen. Ohne seine Familie - ohne seine Frau, die er über alles liebt, und ohne seinen Sohn, der im September auf die Welt gekommen ist.
Die Flucht war hart. Der junge Mann war 20 Tage lang unterwegs. Zum Teil zu Fuß, zum Teil mit dem Zug, einem Auto oder Boot. Der Weg zehrte an seinen Kräften. „Ich hatte kaum Schlaf.“
In Deutschland angekommen ist Janko Janko nur mit dem, was er am Körper trug. Sein Gepäckstück ist in Ungarn kaputt gegangen. Bei den Tumulten zwischen Flüchtlingen und Polizei. Er musste alles zurücklassen und ist froh, dass ihm wenigstens sein Telefon geblieben ist. Denn das braucht er, um in Kontakt mit seiner Frau zu bleiben. „Ich hoffe, dass meine Familie bald nachkommen kann“, sagt er.
Was ihm in der Notunterkunft fehlt, ist die Privatsphäre. Ansonsten aber fühlt sich der Syrer wohl. Er bedankt sich für die Unterstützung von Raymond Schulz und seinen Helfern.
In Köthen hat sich Abdulwahid Thair mittlerweile eingelebt. So gut es eben geht, wenn die eigene Familie tausende Kilometer entfernt ist. Seine Frau, seine beiden Söhne. Er telefoniert jeden Tag mit ihnen, vermisst sie schrecklich. Und hofft, dass er die drei nach Deutschland holen kann. In ein sicheres Land. Anders als seine Heimat es momentan ist.
In Syrien hat der studierte IT-Ingenieur als Netzwerkadministrator gearbeitet. Er war glücklich, hatte ein unbeschwertes Leben. Bis der Terror kam. Und er fliehen musste. 25 Tage lang war Abdulwahid Thair auf der Flucht. Eine schwere Zeit. Er ist froh, endlich in Sicherheit zu sein. Die Notunterkunft - klar, sagt er, eine Wohnung wäre besser. Der 34-Jährige fühlt sich dennoch gut aufgehoben, schätzt das Engagement der Helfer.
Köthen gefällt ihm. Er kennt längst nicht nur die Rüsternbreite, sondern auch das Zentrum. „Ich bin jeden Tag in der Stadt unterwegs“, sagt er. Um sich irgendwie die Zeit zu vertreiben - und unter Leute zu kommen. (mz)

