Ein Pfeifer auf Gut Werdershausen
Werdershausen/MZ. - Der Mann mit dem rötlichen Rauschebart stammt aus Franken, lebte und arbeitete einige Jahre in Baden-Württemberg und hat jetzt in Werdershausen eine neue Heimat gefunden. Seine zu Bruch gegangene Ehe war mit der Auslöser dafür, dass Walter Werner sein Leben nochmal völlig neu angehen wollte, und zwar im Osten Deutschlands. Über die Deutsche Grundstücks-Auktion suchte der gelernte Parkettlegemeister und Versicherungskaufmann ein Grundstück. Zehn kamen in die engere Wahl, und für das letzte, das Rittergut Werdershausen, entschied er sich.
"Als ich im September vergangenen Jahres hier das erste Mal auf dem Hof stand, habe ich mir gesagt: Das ist es, was du suchst. Viel Platz, und aus den Häusern lässt sich was machen", blickt er zurück. Einen Monat später begann Werner, sich einzurichten. Vor wenigen Tagen ist auch der 13-jährige Johannes zu seinem Vater gezogen. Ergänzt wird die kleine Männerwirtschaft durch Hündin Lady, ein pechschwarzer Mix aus Labrador und Schäferhund. Sie hütet wachsam das riesige Anwesen, auf dem einst die Familie von dem Werder lebte, das zum Schluss dem Land Sachsen-Anhalt gehörte und nun von Walter Werner gekauft wurde.
Die Kaufsumme für das 13 000 Quadratmeter große Anwesen umschreibt der Neu-Werdershausener mit der Floskel "Für'n Appel und 'n Ei". Was man ihm gern glaubt, denn die noch vorhandenen Gebäude sind zum Teil eingefallen oder bedürfen eines enormen Erhaltungsaufwandes. Zudem steht das Rittergut unter Denkmalschutz. Auf die Frage, wie er die Unterhaltung finanzieren will, antwortet Werner: "Wenn man was in Ordnung bringen will, ist Geld allein nicht das Entscheidende. Man muss vor allem Geduld haben."
Ohnehin hat er nicht vor, aus dem einstigen Herrenhaus eine Nobelherberge zu machen. Werners Ziel ist es, das Haus so herzurichten, wie es vor dem Jahr 1717 war - einfach und doch funktionell. Eine Menge alter Handformziegel hat er sich schon von einigen Abrisshäusern besorgt. Für die Pflasterung des Gutshofes will er die Steine verwenden, die für den Ausbau des Gröbziger Schlossplatzes herausgenommen werden. Darum hatte er den Stadtrat gebeten. Und die Abgeordneten stimmten zu, da die Pflastersteine irgendwann hätten entsorgt werden müssen.
Bei Werner findet Verwendung, was andere Menschen nach dem Gebrauch wegwerfen. Leere Eimer aus Plast etwa, in denen früher Speisequark oder Marmelade waren. Sie stehen auf dem Hof und dienen ihm als Pflanzbehälter, in denen Erdbeeren oder Kräuter heranwachsen, - so lange, bis der Garten hergerichtet ist. Und Werner ist seit 30 Jahren Vegetarier, weiß zu nutzen, was die Natur so hergibt. Er stellt Marmelade selber her oder legt Gemüse sauer ein. Kauft einen Zentner Weizen für acht Euro und backt selber Brot. "Wie viele Brote kriegen Sie in der Bäckerei für dieses Geld?", fragt der Mann, der sich selbst als Naturapostel bezeichnet, und sagt, dass er auf diese Weise sehr sparsam leben könne.
Nicht nur die Gebäude sollen Schritt für Schritt hergerichtet werden, auch für das weitläufige Gelände schwirren Walter Werner viele Pläne durch den Kopf. Ein Waldgarten beispielsweise, den man natürliche Speisekammer nennen könnte. Das ist eine Kombination aus großen Obst- und Nussbäumen, unter denen Beerensträucher und Kräuter wachsen und unter der Erde Pilze. Auch eine für alle zugängliche Apfel-Plantage schwebt ihm vor. Darüber sprach er schon mit dem Köthener Pomologen Manfred Ruppert, der von der Idee begeistert gewesen sei.
Walter Werner fühlt sich wohl in Werdershausen. "Ich bin von den Leuten gut aufgenommen worden, mit meinen Nachbarn komme ich klar", sagt er. Der Franke gehört dem örtlichen Heimat- und Gesangsverein an und nimmt rege Anteil am kommunalen Geschehen. Werner lässt keine Stadtratssitzung aus und meldet sich in der Einwohnerfragestunde zu Wort. "Wenn ich mit dem Rad fahre, halte ich die Augen offen und entdecke manches, was verbessert oder geändert werden müsste", erzählt er. Ein Besserwisser wolle er aber keinesfalls sein, so Walter Werner.