Ein Leben für die Exoten Ein Leben für die Exoten: 75-jähriger Elsnigker züchtet Vögel aus aller Welt

Elsnigk - Im Grunde ist sein Schwiegervater schuld daran, dass Lothar Kürschner Exotenzüchter geworden ist. „Er war Taubenzüchter, hatte Brieftauben, und hat mich mal mitgenommen zu einer Schau im Ring in Köthen, wo es auch Exoten zu sehen gab“, erinnert sich Kürschner.
Auch daran, dass er als Knabe bei den Großeltern selbst schon Tauben hatte - und deswegen nicht wieder Tauben haben wollte. „Aber Exoten, das war was anderes“, sagt er.
Aus dem eher bescheidenen Start mit Goldfasan, Nymphen- und Wellensittich ist inzwischen ein kleiner Tierpark geworden, dem Kürschner auf seinem Grundstück in Elsnigk vorsteht. „Mittlerweile sind es 17 Volieren“, sagt er - in den Jahren hat er immer wieder angebaut, umgebaut, ausgebaut. „Es ist eben ein schönes Hobby“, erklärt er die Mühe, die er sich über Jahrzehnte hinweg mit seinen Tieren gegeben hat.
Der Edelpapagei wohnt neben Graupapagei und Rosakakadu
Im Unterschied zu anderen Züchtern hat Kürschner auf eine Spezialisierung verzichtet. Manch einer seiner Kollegen vom Exotenverein Aken-Osternienburg hat nur „Australier“ oder nur Tiere aus südamerikanischen Biotopen; bei Kürschner trifft sich die Welt: Da wohnt der Edelpapagei neben Graupapagei und Rosakakadu. Insgesamt gehören 36 Tiere zur Familie - wem das bei 17 Volieren wenig vorkommt, dem setzt Kürschner sein Credo entgegen: „Die brauchen richtig Platz. Und den haben sie bei mir.“
Und eine Rundumbetreuung, versteht sich. Denn das schönes Hobby kostet auch schön Zeit, weil es schön viel Arbeit macht. Kürschner ist vor wenigen Tagen 75 Jahre alt geworden und schon lange Rentner, „das erleichtert das Hobby natürlich“. Die Volieren müssen saubergehalten werden, die Tiere wollen fressen und trinken - Futter muss herangeschafft werden und einen Teil der Zeit verbringt Kürschner mit dem Schnippeln von Obst und Gemüse.
Dass es den Exotenzüchtern an Nachwuchs fehlt, grämt Kürschner
Nur wenn er im Urlaub ist, überlässt er die Pflege seiner Lieblinge anderen - in dem Fall der Tochter, „die ist damit aufgewachsen“. Hilfreich sei auch, dass er handwerklich geschickt sei. „Ich mache fast alles selbst - außer den Sachen mit der Elektrik“, sagt Kürschner, der anfangs in Bernburg-Friedenshall unter Tage, später im Flaschenwerk Bebitz und bei Abus Dessau gearbeitet hat. „Zuletzt habe ich Naben für Windräder hergestellt.“ Bis zum Ruhestand - seitdem gilt sein Einsatz seinen Tieren.
Dass es den Exotenzüchtern an Nachwuchs fehlt, grämt Kürschner schon deswegen, weil er vor 44 Jahren den Exotenverein mit gegründet hat. Er soll solide in die Zukunft gehen. Auf der anderen Seite weiß er aber auch, dass die Exotenzucht kein Strohfeuer sein darf, sondern fundiertes Wissen braucht. Sein Weg zum Züchter war begleitet von Literaturstudium und Erfahrungsaustausch mit anderen.
Man hat im Blick, wenn es einem Tier mal nicht so gut geht
„Man muss sich also gut überlegen, worauf man sich einlässt, ehe man damit anfängt.“ Und wo es endet, weiß man nie so genau: Kürschner zum Beispiel hat längst auch moderne Technik für die Zucht eingespannt. In fünf Nistkästen hat er Kameras eingebaut, mit deren Hilfe er seine Tiere rund um die Uhr beobachten kann. „Die anderen Nistkästen will ich nach und nach auch noch bestücken“, plant Kürschner.
Das Ganze macht auch züchterisch Sinn: Man hat im Blick, wenn es einem Tier mal nicht so gut geht. Oder man sieht, wenn man eingreifen muss - gerade in einem so trockenen heißen Sommer wie dem vergangenen war es wichtig, den Tieren das Leben zu erleichtern. „Die Graupapageien haben ganz schön gepustet, da hat es geholfen, mit dem Sprenkelschlauch die Luftfeuchtigkeit zu erhöhen.“
Dass Kürschner „ein wenig verrückt“ ist, wenn es um seine Tiere geht, weiß er selbst. Das zeigt sich nicht zuletzt daran, dass er weite Fahrten unternimmt, um für seinen Zoo neue Tiere zu holen - die selbstverständlich einen CITES-Nachweis haben müssen. „Ich habe schon Tiere von hinter Regensburg geholt“, sagt er.
„Ich wollte immer einen Inka-Kakadu haben“
Und bemerkenswert ist auch die Geschichte seiner Edelpapageien. Zum ersten Mal hatte Lothar Kürschner die prächtigen Tiere im Vogelpark Walsrode gesehen. „Da wusste ich: So einen will ich auch!“ Den ersten, einen Hahn, hatte er 1996 auf einer Börse in Wiesenburg gekauft. „Und die Henne stammt aus Hamburg-Blankenese.“ Abgeholt habe er das Tier an einem 3. Oktober.
Man habe sich den Feiertag richtig schön gemacht: Hafenbesuch, Rundfahrt - und Papageienkauf. „Da war“, sagt der Züchter und grinst, „für jeden etwas dabei.“ Drei Jahre habe es anschließend gedauert, bis das Pärchen zum ersten Mal ein Gelege hatte. „Danach habe ich jedes Jahr Edelpapageien nachgezüchtet.“ Auch derzeit ist Nachwuchs vorhanden: Keine drei Wochen ist der alt und Kürschner bringt den Tieren jeden Morgen ihr Weichfutter, auf dass sie ordentlich gedeihen.
Seinen großen Wunschtraum als Züchter wird er sich aber wohl nicht mehr erfüllen, „Ich wollte immer einen Inka-Kakadu haben.“ Der nicht etwa, wie man angesichts des Namens annehmen könnte, aus Südamerika stammt, sondern aus Australien und eine geradezu märchenhaft schöne Federhaube hat. Aber abgesehen davon, dass das Tier richtig ins Geld gehe, dauert es vier bis fünf Jahre, ehe die Tiere alt genug für die Zucht seien. „Und dann bin ich schon 80. Da muss man nichts Neues mehr anfangen.“ (mz)