1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Köthen
  6. >
  7. Drei Kellereinbrüche in Köthen, ein Angeklagter und eine dünne Beweislage

Das Urteil muss warten Drei Kellereinbrüche in Köthen, ein Angeklagter und eine dünne Beweislage

Ein 36-Jähriger soll am 15. Juli 2020 versucht haben, in drei Kellerräume eines Wohnhauses in der Rosa-Luxemburg-Straße einzubrechen.

Von Susann Salzmann Aktualisiert: 02.06.2021, 12:21
Die Verhandlung im Amtsgericht wird am 14. Juni fortgesetzt.
Die Verhandlung im Amtsgericht wird am 14. Juni fortgesetzt. (Foto: Nicklisch)

Köthen - Nach gut einer Stunde hätte Susanne Vogelsang als Vorsitzende Richterin am Köthener Amtsgericht das Verfahren gegen Jared A. (Name geändert) gern mit einem Urteil beendet. Der 36-jährige Angeklagte soll am 15. Juli 2020 versucht haben, in drei Kellerräume eines Wohnhauses in der Rosa-Luxemburg-Straße einzubrechen.

Doch die Beweisaufnahme geht auf Wunsch von Verteidigerin und Staatsanwältin in die zweite Runde. Auch eine Seniorin muss zum Folgetermin am 14. Juni erscheinen, bei der deren Hausarzt von einer Zeugenvernehmung im Rahmen der Gerichtsverhandlung abriet. Die Frau habe Panikattacken und ein ernstzunehmendes Herzleiden. Die Verhandlung könnte der Zeugin mehr schaden als nutzen.

Bis jetzt konnten die drei gehörten Zeugen den Angeklagten nur indirekt belasten

Die Richterin war bis zum Schluss bemüht, der Frau eine Ladung vor Gericht und eine Aussage zu ersparen. Doch die Verteidigerin bestand in letzter Instanz darauf. Bis jetzt konnten die drei gehörten Zeugen ihren Mandanten nur indirekt belasten. Für die drei versuchten Kellereinbrüche gibt es nämlich keine direkten Augenzeugen. Das weiß die Anwältin und machte keinen Hehl daraus, dass sie für ihren mehrfach vorbestraften Mandanten einen Freispruch erwirken möchte.

Einen kleinen Teilerfolg fuhr die Strafverteidigerin schon am ersten Verhandlungstag ein. Die Staatsanwaltschaft warf ihm Diebstahl in besonders schwerem Fall vor. Bei zwei der drei Keller sei es beim Versuch geblieben; bei einem soll der verdächtigte Jared A. Tiefkühlprodukte und Getränke gestohlen haben. Dass dieser gelungene Einbruch auf die Kappe des Angeklagten geht, rechnete Vogelsang ihm nicht zu.

„Der Mann hatte kein Diebesgut dabei, nur einen Schraubendreher“

Die Beweisaufnahme ergab nämlich, dass öfter versucht wird, in die Keller des Wohnblockes einzudringen. Bereits zwei Wochen vor der Tat des Kötheners soll es zu einem weiteren Einbruch gekommen sein. Die als gestohlen gemeldeten Sachen könnten auch dort schon weggekommen und die Mieterin einem Irrtum erlegen sein. Die Aussagen des 39-jährigen Polizeiobermeisters schienen das zu bestätigen. Denn die Polizei fand an allen drei Kellerräumen lediglich Einbruchsspuren. Nichts aber war aufgebrochen. Und: „Der Mann hatte kein Diebesgut dabei, nur einen Schraubendreher“, erzählte der Polizist vor Gericht.

Eine Hausbewohnerin nahm Geräusche aus den Kellerräumen wahr. Sie verständigte nicht nur die Polizei, sondern schloss den vermeintlich Schuldigen im Hausflur ein, um ihn festzuhalten, bis die Polizei kam. Der Polizist bestätigte das, doch die couragierte Zeugin fehlte entschuldigt. Auf ihre Aussage wollten die Staatsanwaltschaft und Verteidigerin ebenfalls nicht verzichten. Und auch nicht auf den zweiten Polizeibeamten, der damals mit vor Ort war und Fotos vom Tatort machen sollte, die aber nie in der Gerichtsakte gelandet sind.

Ein Geständnis gab es nicht

Jared A., bekannt bei Polizei und Gericht, schwieg zu den Vorwürfen. Seine Anwältin nahm ihn in Schutz, damit er mit seinem Schweigen nicht allzu viel Minuspunkte sammelt. „Er kann sich nicht wirklich dran erinnern“, verwies sie auf seine 2,08 Promille, die er damals im Blut hatte.

Zum Ende des ersten Verhandlungstages bekam dann Jared A. schließlich doch noch seinen Mund auf. Ein Geständnis gab es nicht; dafür aber eine Erklärung, was er in dem für ihn fremden Wohnblock zu suchen hatte. Dort habe er einen Brief an die Ex-Freundin seines Bruders einwerfen wollen, sagte er. Nicht mehr, nicht weniger. Derzeit sitzt der Köthener in der Justizvollzugsanstalt Volkstedt ein. Bei einer Verurteilung wegen Diebstahls in besonders schwerem Fall droht ihm eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren. (mz)