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Ein Dorf freut sich Dorfclub bringt in Quellendorf trotz Corona-Zeiten ein Stück „Kleene Pfingsten“ zurück

Von Susann Salzmann Aktualisiert: 01.06.2021, 10:37
Zum zweiten Mal konnte zum „Kleene Pfingsten“ nicht mit umfangreichem Programm gefeiert werden. Trotz allem gab es eine Premiere: Die Jugend wurde zum Austragen der Maien herangezogen: Clemens Picht, Frederik Pforte, Josef Ksiazeal und Johannes Malchin (v.li.).
Zum zweiten Mal konnte zum „Kleene Pfingsten“ nicht mit umfangreichem Programm gefeiert werden. Trotz allem gab es eine Premiere: Die Jugend wurde zum Austragen der Maien herangezogen: Clemens Picht, Frederik Pforte, Josef Ksiazeal und Johannes Malchin (v.li.). (Foto: Susann Salzmann)

Quellendorf - In Pandemiezeiten war das Bild, das sich am Wochenende in Quellendorf zeigte, ein ungewohntes: Menschen standen vor den Häusern. Viele hatten sich Bänke oder Stühle vor die eigenen vier Wände gestellt. Lachen, Kichern und heiteres Erzählen dominierten die Stimmung im Dorf. Der Grund für all das lag im Engagement der Mitglieder des Dorfclubs.

Die wollten ihren Ortshöhepunkt im Jahr nicht einfach ausfallen lassen, sondern wenigstens das auf den Weg bringen, was die Behörden genehmigten. Mit dem Ausfahren der Maien boten mehrere Dutzend Beteiligte nicht nur einen schönen Anblick, sondern auch optisch Normalität. Genau dafür waren Bewohner wie Familie Schäfer dankbar. „Das ist grandios. Ohne die Jungs wäre hier gar nichts“, sagte Matthias Schäfer, der in der Siedlung bereits vor seinem Haus auf die Auslieferung des Maibaumes wartete.

Zum zweiten Mal müssen die Quellendorfer auf ihr geliebtes „Kleene Pfingsten“ verzichten

Zum zweiten Mal müssen die Quellendorfer auf ihr geliebtes „Kleene Pfingsten“ verzichten. Durch Corona ist ein üppiges Festprogramm mit Rummel, Reit- und Malwettbewerben sowie einer Oldtimerparade nicht möglich. „Erst am Dienstag haben wir das Okay der Behörden für das Ausfahren der Maien bekommen“, sagte Tobias Just vom Dorfclub.

Die letzten Vorbereitungen geschahen dann binnen vier Tagen. Kein Wunder also, dass viele Quellendorfer jegliche Feierlichkeit rund um das Pfingstfest schon längst abgeschrieben hatten. Gerade weil die Hoffnung darauf fast am Nullpunkt war, zeigten sich die Quellendorfer umso berührter und umso dankbarer für das Ausfahren der Maien.

Dass der Verein so etwas organisiere, zeige den Zusammenhalt, meinte der 39-jährige Tino Rehsack. Er fuhr vor Jahren selbst achtmal mit in den Wald, um die Maien zu schlagen und sie später auszufahren. „Kleene Pfingsten“ vor der Pandemie lockte nicht nur zahlreiche Einheimische auf die Straßen. Gebürtige Quellendorfer, die heutzutage etwa in der Schweiz leben, kamen extra zum Fest in ihren Heimatort. „Diese Freunde trifft man jetzt nicht mehr“, sagte Rehsack und wirkte kurz melancholisch. Auch im Dorf sei der Kontakt zu anderen eingeschlafen, weil Möglichkeiten des persönlichen Zusammenkommens fehlen.

Bis zu 50 Leute durften den Umzug begleiten

Angesichts solcher Stimmungslagen wirkte die Maienausfahrt wie ein Heilmittel. Ein Heilmittel für die Seele. „Die Leute wollen wieder etwas sehen und erleben“, erzählte Dorfclub-Chef Just. Der 40-Jährige kann sich - mit Ausnahme der beiden Corona-Jahre - an kein Jahr erinnern, an dem nicht mit Hunderten und teils sogar Tausenden „Kleene Pfingsten“ gefeiert wurde. „Uns ist es daher wichtig, an der Tradition festzuhalten“, sagte er. Drei Mann fuhren vor dem Umzug in den Wald nahe Chörau und sägten 350 Maien ab. Dutzende halfen bei der Vorbereitung und letztlich bei der Durchführung. Das sei „extrem wichtig, um das Vereinsleben wieder zu aktivieren“, betonte Just. Mitglieder und letztlich jeder Einheimische sollen merken, dass sich etwas bewegt - trotz Corona.

Stühle und Sofa wurden bei Familie Henning extra vor das Haus gerückt, um alles so nah wie möglich mitzuverfolgen.
Stühle und Sofa wurden bei Familie Henning extra vor das Haus gerückt, um alles so nah wie möglich mitzuverfolgen.
(Foto: Susann Salzmann)

Bis zu 50 Leute durften den Umzug begleiten. Mit Mindestabstand. Sogar für die Maien-Anhänger wurden Mindest-Personenzahlen mit jeweils zwei festgelegt. Auf dem von einem Quellendorfer Unternehmen zur Verfügung gestellten Lkw durften fünf Personen für Stimmung und Motivation in einer Zeit der Kultur-Tristesse sorgen. Mit Mindestabstand natürlich. Eine Oldtimerparade aber konnte nicht durchgeführt werden.

„Sonst sind die Straßen voller Menschen und eine richtig lange Schlange bei der Oldtimerparade“, erzählte Bärbel Henning. Sie und ihre Familie hatten sich Sofa und Stühle vor das Haus gerückt, um alles beobachten und die Maie in Empfang nehmen zu können. „Es ist schön, dass etwas gemacht wird“, erzählte sie. Sie selbst vermisse die Kultur, die regelmäßigen Treffen der Sportgruppe und den gemeinsamen Plausch, ohne auf Inzidenzen, Abstand, Ausgangsbeschränkungen und Co. zu achten.

„Nächstes Jahr sehen wir uns in alter Frische wieder“

Und während die Frau von Erinnerungen an die prachtvollen Oldtimer schwärmte, knarrten Mopedmotoren im Hintergrund auf. Erst eins, dann zwei, dann drei und noch mehr. Kurz vorher fuhr ein blauer Trabi vorbei. Eine Oldtimerparade war es nicht. Die hatte die Behörde auch verboten. Einzelne Runden durchs Dorf zu fahren, obliege aber jedem selber, meinte der Fahrer eines Oldtimers schulterzuckend.

Einige Mopedfahrer brachen zu einer vormittäglichen Runde durch Quellendorf auf.
Einige Mopedfahrer brachen zu einer vormittäglichen Runde durch Quellendorf auf.
(Foto: Susann Salzmann)

„Nächstes Jahr sehen wir uns in alter Frische wieder“, tönten die Dorfclub-Mitglieder. Ihr Motivationsruf ist ein Hoffnungsschimmer. Auch für den Verein selbst. „Wann wird’s mal wieder Kleene Pfingsten“ stand auf Justs T-Shirt. Jedes Jahr tragen die Vereinsmitglieder ein eigen designtes Themen-T-Shirt. Diesmal mit der Botschaft, die sich an Rudi Carrells Liedtitel „Wann wird’s mal wieder richtig Sommer“ anlehnte.

Das nächste Quellendorfer Pfingstfest für Mitte Juni 2022 wird schon beworben

Trotz aller Unwägbarkeiten blickt der Verein nach vorn. Das nächste Quellendorfer Pfingstfest für Mitte Juni 2022 wird schon beworben. Jetzt aber hoffen die Vereinsmitglieder erst einmal, dass im Herbst zumindest ihre Halloween-Veranstaltung stattfinden kann.

Nach stundenlangem Maien-Ausfahren war der Tenor der Leute mehrfach derselbe: „Kleene Pfingsten“ gehört zum Festkalender wie Weihnachten. „Ich bin mit dem Pfingstfest aufgewachsen. Dass es jetzt schon zweimal nicht war, war undenkbar“, erzählte die 44-jährige Mandy Kaliebe. Den Maien-Umzug vom Wochenende empfand sie wohl noch nie so schön. (mz)