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Diskobesuch eskaliert  Diskobesuch in Köthen eskaliert: 32-Jährige schlägt Mann Stöckelschuh ins Gesicht

Von Elisabeth Krafft 16.09.2016, 07:57

Köthen - An Peters* linker Schläfe klafft eine Platzwunde, aus einem Loch in seiner Stirn fließt unaufhörlich Blut. Der Köthener sitzt benommen auf einem Bordstein vor der Diskothek Tanzschloss. Er hustet. Verschluckt sich immer wieder an dem Blut, das durch seine Nase in seinen Rachen läuft. Die Tatwaffe: ein Damenschuh.

Sarah* soll ihm den Absatz ihres Pumps zwei Mal mit voller Kraft gegen den Kopf geschlagen haben. So steht es in der Anklage. Ein knappes halbes Jahr nach dem nächtlichen Vorfall, es war ein Sonntagmorgen im März 2016, muss sich die 32-Jährige nun wegen gefährlicher Körperverletzung vor dem Amtsgericht Köthen verantworten.

Faustschlag ins Gesicht

Laut Anklage hat Sarah das Tanzlokal in der Tatnacht gegen halb fünf Uhr morgens gemeinsam mit einer Freundin verlassen. Auf einem Podest vor dem Eingang traf sie auf den Geschädigten. Was danach geschah, schildern Sarah und Peter ganz unterschiedlich.

Fest steht: Beide gerieten in ein Wortgefecht, woraufhin sie ihm - nicht besonders ladylike - zuerst mit der Faust ins Gesicht und dann zwei Mal mit dem Absatz ihres Schuhs gegen den Kopf schlug.

Peter musste daraufhin ärztlich behandelt werden, sich einige Tage später sogar einer OP unterziehen, bei der ihm eine Metallplatte in die Schädeldecke eingesetzt wurde. Eine Narbe auf seiner Stirn erinnert noch heute an den Vorfall.

Angeklagte wirft 42-Jährigem vor, sie unsittlich berührt zu haben

Sarah zeigt sich geständig, bestreitet den Tatvorwurf nicht. Von Reue allerdings keine Spur. Denn die Angeklagte verteidigt ihren Angriff damit, dass der Geschädigte sie zuvor sexuell beleidigt und unsittlich berührt habe.

Auf dem Podest vor der Köthener Diskothek soll Peter sie gefragt haben ob sie „ficken gehen wollen“, dabei habe er ihr an Hüfte und Po gefasst. Als sie ihn abgewehrt hatte, soll der Köthener die junge Mutter weiter beleidigt haben. „Er sagte, ich sei hässlich und hätte schiefe Zähne, das hat mich verletzt und gekränkt.“

Daraufhin versucht sie, ihn mit der geballten Faust im Gesicht zu treffen - was allerdings misslingt - schlägt dann mit ihrem Pumps zuerst auf seine Schläfe und danach auf seine Stirn ein. „Ich habe aber nicht damit gerechnet, dass er so stark verletzt wird“, sagt Sarah zur Richterin.

„Angefasst habe ich sie nie.“

Peter hingegen will von einem sexuellen Übergriff als Auslöser des Ganzen nichts wissen. „Es kann schon sein, dass ich sowas zu ihr gesagt hab, dass weiß ich nicht mehr genau. Aber angefasst habe ich sie nie, das ist eine Lüge“, sagt der 42-Jährige vor Gericht.

Wie die Auseinandersetzung mit der jungen Mutter genau zustande kam, könne er nicht mehr sagen. Er erinnere sich nur noch daran, nach einer verbalen Streiterei mit Sarah rücklings von dieser attackiert worden zu sein.

Schon nach dem ersten Hieb gegen seine Schläfe sei er benommen gewesen, habe gespürt, wie das warme Blut an seinem Gesicht herunter lief. Der zweite Schlag - diesmal gegen seine Stirn - habe ihn ebenfalls völlig unvorbereitet getroffen. Beide Male habe er die Angeklagte nicht gesehen, sich deshalb auch nicht wehren können. Die Köthenerin habe sich jedenfalls nicht beruhigen wollen, soll ihm nach dem zweiten Schlag zugerufen haben: „Ich könnte dich jetzt töten.“

Waren beide Parteien zur Tatzeit betrunken?

Hat der Geschädigte Teile des Abends vergessen, weil er betrunken war? Die Richterin will es wissen. Peters lange Antwort: „Nein.“ Über den Abend verteilt habe er sechs Bier und ein paar Mixgetränke getrunken, aber noch „geradeaus laufen können.“ Auch die Angeklagte sei ihm nicht betrunken vorgekommen, nur „sehr aufgedreht.“

Sarahs Freundin, die sie am Tatabend in den Club begleitet hatte, bestätigt die Aussage der Angeklagten. Sie habe beobachtet, wie Peter die junge Mutter „angegrapscht“ habe. Gleichzeitig betont sie aber auch, dass die Köthenerin mit ihrem Angriff „übertrieben hat.“ Betrunken sei Sarah ihrer Meinung nach nicht gewesen.

Klaus sieht das allerdings anders. Der 53-Jährige ist Sicherheitsmitarbeiter im Tanzschloss und arbeitete dort auch am Tatabend. „Der Geschädigte und die Angeklagte waren betrunken. Wir verkaufen da drin ja schließlich keine Buttermilch!“ Er habe die Auseinandersetzung vom Eingang des Clubs aus beobachtet und eine „aufgeheizte“ Situation schlichten müssen. Was Auslöser des Streits war, wisse er allerdings nicht.

Keine Beweise für Belästigung

Die Aussagen sind widersprüchlich, der Vorwurf der sexuellen Belästigung im Nachhinein kaum mehr nachvollziehbar. „Sagen Sie mir doch“, wendet sich die Richterin an Sarah, „ob man sich verteidigen darf, wenn man sexuell belästigt wird und wenn ja, wie.“ Doch darauf fehlen der Angeklagten die Worte. Sie schweigt einige Sekunden lang, bevor sie erwidert: „Ja, darf man. Aber wie, darauf habe ich keine Antwort.“

Auch ihr Verteidiger räumt an ein, dass ihre Reaktion „zweifelsfrei übertrieben“ gewesen sei. „Ob Sie sich das Geschehene nun schön reden, Ihre Freundin oder der Geschädigte“, sagt die Richterin zur Angeklagten, „das weiß ich nicht.“ Der Angriff sei jedenfalls nicht zu rechtfertigen. Sie spricht die Angeklagte in allen Punkten für schuldig.

Angeklagte kommt mit Bewährung davon

Das Strafgesetzbuch sieht für eine gefährliche Körperverletzung eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vor. Sarah wird zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt. „Da sie in gefestigten sozialen Strukturen eingebunden sind und ein Kind zu versorgen haben, wird diese jedoch für zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt.“ Zudem muss die Angeklagte 200 Sozialstunden ableisten und Schadenersatz zahlen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. (*Namen von der Redaktion geändert) (mz)