"Der Fang meines Lebens" "Der Fang meines Lebens": Rico Wagner zieht einen 180-Meter-Wels bei Aken aus der Elbe

Aken - „Das ist der Fang meines Lebens.“ Rico Wagner ist noch immer aus dem Häuschen. Tage danach. Tage nach dem Fang seines Lebens.
Zum Sonnenaufgang packt der junge Mann an diesem Samstag seine sieben Sachen. Er will nach Aken an die Elbe, um zu angeln. Zander - so der Plan. Am Hornhafen, hinter den Buhnenfeldern, sieht er gute Chancen. Doch es scheint nicht sein Tag. Er wird ungeduldig. „Ich hab schon geflucht, weil einfach nichts beißt“, schildert er der MZ am Telefon.
Plötzlich tut sich etwas. Der Köder hängt fest. Ein Widerstand baut sich auf. Und mit einem Mal „marschiert er los wie eine Dampflok“. Er ist ein Wels. Ein stattliches Exemplar. So viel ist sicher. Später, als Rico Wagner das Tier gefangen und an Land hat, misst es sage und schreibe 1,80 Meter und wiegt über 50 Kilogramm.
Der Hobbyangler ist für einen Fang wie diesen gar nicht ausgestattet
Der Hobbyangler ist für einen Fang wie diesen gar nicht ausgestattet. Die Angelrute zu klein, die Schnur zu dünn. „Ich hätte eine viel, viel stärkere Schnur gebraucht, um ihm Paroli bieten zu können.“ Doch in dem Moment kommt Rico Wagner seine Erfahrung zugute. Er ist jetzt Anfang 30, angelt seit er 10 ist, schätzt er. Zwischen den Buhnenfeldern kämpft er nun mit aller Kraft, um diesen Fisch fangen zu können. „Hätte ich zu sehr gezerrt, wäre die Schnur garantiert gerissen.“
Das lässt sich vermeiden. Doch Rico Wagner und der Wels haben einige Zeit das Vergnügen miteinander. Als der Fisch an der Angel aus den tiefen Mulden zwischen den Buhnenfeldern flüchten will und sich in Richtung Hauptströmung bewegt, reißt ihn der Fluss mit. Rico Wagner wirft spontan seinen Rucksack ab und geht mit ins Wasser. Er will diesen Fang einfach nicht loslassen. Eine halbe Stunde, schätzt er, braucht er, um den riesigen Wels zu bändigen.
Hechte und Zander hat Rico Wagner, der seinem Hobby im Angel-Club 66 in Köthen nachgeht, schon einige gefangen. Aber noch nie einen Wels dieser Größe. Dass es ein Wels sein muss, steht für ihn außer Frage, spätestens als er den Kopf des Tieres zu Gesicht bekommt; „das ist nun mal der größte Süßwasserfisch, den wir hier haben“, weiß er.
In der Elbe seien schon Welse bis zu 2,40 Meter gefangen worden
Raik Rosenkranz, Fischer und Pächter dieses Flussabschnittes, freut sich über den guten Fang des Anglers. Unüblich allerdings seien die genannten Maße nicht. In der Elbe seien schon Welse bis zu 2,40 Meter gefangen worden.
Für den Wels, erläutert Raik Rosenkranz, sei der Fluss der angestammte Lebensraum. Hier in der Elbe bei Aken fände er viel Nahrung und gute Laichbedingungen. Außerdem sei der Wels ein wärmeliebendes Tier. So dass ihm die heißen Sommer der vergangenen Jahre gut bekommen sein dürften und er sich auf fortpflanzen konnte.
Vor 30 Jahren ist die Situation eine vollkommen andere. Die Elbe schmutzig, was sich auf den Fischbestand auswirkt. Eine Besatzaktion des Fischereiverbandes um 1992, glaubt Raik Rosenkranz sich zu erinnern, habe die heutige Population erst möglich gemacht. In der Elbe tummeln sich mittlerweile viele kleine Welse. Und nicht nur davon. Auch sogenannte Weißfische, kleinere karpfenartige Tiere, gäbe es reichlich hier. Sie würden sich „explosionsartig vermehren“. Und dabei käme ihm der Wels, ein Raubfisch, gut gelegen.
Rico Wagner entlässt den „Fang seines Lebens“ später wieder in die Freiheit
Angler Rico Wagner entlässt den „Fang seines Lebens“ später wieder in die Freiheit und setzt ihn zurück in die Elbe. Das muss er tun, ist ihm bewusst. Raik Rosenkranz hat das so verfügt: Ab 1,60 Meter Größe ist das Pflicht. Warum? Weil der Wels dem Fischer hilft, mit den Unmengen an Weißfischen umzugehen. Und weil ein Wels dieses Ausmaßes gute Gene haben muss. Was ihn wiederum zu einem „wichtigen Laichfisch“ werden lässt. Geschmeckt, ist der Köthener überzeugt, hätte er dem Angler ohnehin nicht. Weil er über die Jahre sehr viel Fett eingelagert hätte. Um ihn an die Katzen zu verfüttern, wäre er wiederum zu schade gewesen.
Die Geschichte vom 1,80-Meter-Wels macht Rico Wagner im Nachhinein ziemlich stolz. Er kann sich nicht erinnern, dass sein Vater, seit über 40 Jahren passionierter Angler, einen solchen Fang vorweisen könne. Natürlich erzählt er ihm als erstes davon. Nachdem er sich gesammelt und die Beweisfoto gemacht hat. Das hätte ihm sonst wohl niemand geglaubt, fürchtet er. (mz)