Clint Eastwood trifft Petula Clark
Köthen/MZ/Leo. - Letzte kulturelle Aktivitäten im "Franz", u.a. Kabarett, gab es 1999. Da war das Kino aber schon kein Kino mehr. Ab Freitag soll nun neues Leben einziehen: Die Musikkneipe "Rockster 73" hat für 20 Uhr ihre Eröffnung angekündigt.
"Unser erstes Arbeitsgerät im dunklen Kinosaal war die Taschenlampe", erinnert sich Thomas Bauer, einer der beiden Geschäftsführer des neuen Unternehmens. Er pinnt gerade die frisch aus der Druckerei eingetroffenen Eröffnungs-Plakate in die Kino-Schaukästen. Die machen sich prima dafür und sollen vorerst erhalten bleiben. Aus der desolaten Neonreklame des Kinos, außen an der Wand, hat sich zwar schon der Schriftzug "Lichtspiele" komplett verabschiedet. Aber die Kneipengründer haben ein großes Werbetransparent mit dem Konterfei von Jim Morrison, der Stimme der "Doors", über dem Eingang befestigt. Von weitem erinnert es täuschend echt an ein großes Filmplakat.
Auch sonst erwartet die Besucher des "Rockster" eine Symbiose aus Lichtspieltheater und Musik-Bar: Bauer und sein Partner haben viele der noch erhaltenen Kino-Utensilien in ihr Konzept aufgenommen: So leuchten im Vorraum mit Garderobe die alten Erich-Franz-Lampen, verziert mit Werbung, an der Wand. Einige der gepolsterten Klappstühle aus dem Saal finden sich in den Sitzgruppen der Bar wieder. Die seitlichen Türen, zu Kinos Zeiten auch Notausgänge des Saales, sorgen für ein Wiedererkennen. Kinogeschichte sind natürlich auch die Schlitze für die Objekte der Vorführgeräte oberhalb des Ranges. Die jetzt rechteckige Bar entstand genau dort, wo früher die Visions-Bar des Kinos Gaststättenatmosphäre zum Film bot. Hingucker an den Wänden des umgekrempelten Barraumes sind aufgesprayte Ikonen der Rock- und Popgeschichte und Graffitis berühmter Schauspieler. So wird das musikalische Konzept des neuen Lokals in der Köthener Innenstadt, Hits aus den 1960' bis 80'er Jahren, bildlich aufgegriffen.
Doch auch das Kino bleibt anwesend. Bei einem Drink an der Theke lassen sich Clint Eastwood ("Dirty Harry") und Petula Clark ("Downtown") bewundern, lacht sich Mick Jagger über die Olsenbande schief. Thomas Bauer, der in Köthen aufgewachsen ist, heute in Halle lebt, hat mit dem Oldie-Programm auch einen Gutteil seines eigenen Musikgeschmacks eingebracht. "Wir wollen das ,erwachsenere' Publikum erreichen", beschreibt er. Wichtig ist ihm, dass hier "handgemachte Musik" zur Aufführung kommt. Die Leute "um die dreißig und darüber" sollen im "Rockster 73" zu ihrer Musik auch tanzen können. Dazu plant Bauer das Vorführen von Videos auf einer neuen Kino-Leinwand mit Auftritten der guten alten Bands. "Darunter viele Raritäten", verspricht der Geschäftsführer. Auch eine kleine Bühne bauen Arbeiter direkt vor der Filmleinwand auf. "In der Zukunft können dort Nachwuchsbands und Rockmusiker auftreten. Auch Comedy-Abende sind denkbar" gibt Bauer Einblick in weitere Pläne. Damit die Flower-Power so richtig rüberkommt, liegen auf dem Tresen schon jede Menge Kunstblüten bereit. Die Blumenkinder lassen grüßen.
"Rockster 73" eröffnet am Freitag um 20 Uhr. Erich Franz (1903 - 1961) war DEFA-Schauspieler und 1950 Ortssekretär der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft in Köthen.