Buntes für graue Kästen Buntes für graue Kästen: Schaltschränke der Telekom in Köthen sollen gestaltet werden

Köthen - Schaltschränke sind lichtgrau. Und damit nichts, was man auch nur im entferntesten als optisch attraktiv bezeichnen könnte. Was in einem Industrie- oder Handwerksbetrieb auch kein ernsthaftes Kriterium ist. In einer historisch geprägten Innenstadt wie der von Köthen allerdings schon.
Und da in jüngster Zeit die Telekom im Zuge ihres Breitbandausbaus die Zahl der ohnehin schon existierenden Schaltschränke gleich um mehr als ein Dutzend vergrößert hat, fallen inzwischen die grudengrauen Blechkästen im Stadtbild doch eher unangenehm auf. Vor allem dort, wo sie in direkter Verbindung zu einem wie auch immer gearteten stadtbildprägenden Bauwerk oder Denkmal stehen.
Das soll ein Ende haben. Findet Ron Schmidt, oberster Denkmalpfleger der Stadtverwaltung. Und finden die Mitglieder des Sozial- und Kulturausschusses, die jetzt darüber befunden haben in welcher künstlerischen Weise man der Tristesse entgegensteuern kann.
Schüler des Ludwigsgymnasiums haben Motive für die Schaltschränke entworfen
Mit bunten Bildern nämlich. Die im Rahmen eines künstlerischen Kurses am Ludwigsgymnasium entstanden sind - nachdem die Stadt festgelegt hatte, dass die Kästen nicht so nüchtern-hässlich stehenbleiben könnten. Die Schüler, so Ron Schmidt, seien dabei in der Wahl ihrer Motive völlig frei gewesen und: „Die Schüler sind auch nicht böse, wenn es nicht kommt.“ Umgesetzt werden sollen die Motive dann - beginnend in diesem Jahr - von einem Künstler aus Bitterfeld, der auch noch Anpassungen vornehmen kann, etwa hinsichtlich der Perspektive, nicht aber hinsichtlich der Motive.
Dass sich Schmidt mit einer schon sehr genauen und standortbezogenen Auswahl an Bildern in den Ausschuss wagte, zeigt ad eins einen gewissen Mut zum Risiko und ad zwo eine kühne Unterschätzung der Zuständigkeiten des Ausschusses.
In dem natürlich die Auswahl des Denkmalpflegers nicht einfach so hingenommen wurde, sondern der ein reges Hin- und Hergeschiebe vermeintlich besserer oder schlechterer Motive je nach Standort initiierte. Was man sich angesichts der nummerierten Werke wie Bilderschach vorstellen muss. Gestaltungsvariante 1b nach Standort 4, Variante 10c nach Standort 6 und Variante 5d wird gleich geschlagen und verschwindet vom Spielfeld der Kunstexperten. Summa summarum: Von den elf Vorschlägen fanden standortbezogen nur drei Gnade in den Augen der Kritiker.
Die letztlich im Ausschuss getroffene Auswahl der Werke war am Ende nicht selten bedenkenswert
Die letztlich im Ausschuss getroffene Auswahl der Werke war am Ende nicht selten bedenkenswert. Zum Beispiel was den Kasten 1 in der Stiftstraße/Ecke Springstraße angeht. Er wird mit dem Midewa-Symbol verziert, einem Midewa-Mitarbeiter und einem Midewa-Auto. Was Kritik hervorrief: Ein bisschen wegen der offensichtlichen Reklame, aber viel mehr noch deswegen, weil die Midewa-Autos inzwischen anders aussehen.
Wer jetzt darauf gespannt ist, mit welchen Motiven die anderen zehn an neuralgischen Punkten befindlichen Schaltkästen verziert werden, muss sich noch etwas in Geduld üben. Denn zwar steht fest, dass die Telekom - beauflagt durch den Denkmalschutz - das Geld für die Gestaltung ihrer Kästen locker machen wird, aber wann und durch wen die Verschönerung der Kästen letztlich umgesetzt wird, wurde noch nicht kommuniziert.
Die Ortschaften bleiben bei der Gestaltung der Kästen außen vor
Verraten werden kann aber so viel, dass ein Kuhkopf eine Rolle spielt, eine Biene, ein Maulwurf, Johann Sebastian Bach, St. Jakob, eine Mauer und das Klima sowieso. Samt passenden Redewendungen - allerdings nahezu ausnahmslos auf Englisch. Was - bliebe es so - in der Stadt der deutschen Sprache und der Fruchtbringer schon sehr daneben wäre, im Ausschuss aber von niemandem angesprochen wurde.
Übrigens kommt nur Köthen in den Genuss bunter Schaltkästen. Tobias Kasperski, Stadtrat und Ortsbürgermeister von Arensdorf, hatte sich angesichts der Standortwahl darüber geärgert, dass die Ortschaften „wohl hinten runter fallen“. Aber die künstlerische Abseitsstellung der Köthener Außenposten hatte einen guten Grund, wie Ron Schmidt mitteilte: „Die Telekom bezahlt nur bei Kästen, wo es denkmalrechtliche Bedenken gibt.“ (mz)