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Bilder in der Kunst-Oase Bilder in der Kunst-Oase: Heike Thes und Grit Lichtblau zeigen Porträts in der Kirche St. Jakob in Köthen

Von Matthias Bartl 09.09.2019, 10:06
Grit Lichtblau (li.) und Heike Thes mit ihren Lieblingsbildern der Ausstellung in der Türmerwohnung.
Grit Lichtblau (li.) und Heike Thes mit ihren Lieblingsbildern der Ausstellung in der Türmerwohnung. ute nicklisch

Köthen - Nichts gegen ältere Herren. Schon gar nicht, wenn sie auf Schwarz-Weiß-Fotos zu sehen sind - und genau diese Fotos von den Fotografinnen als Lieblingsfotos herausgesucht werden: Manchmal hält das Leben unerwartete Duplizitäten bereit. Die dann selbst die Beteiligten staunen lassen.

Ausstellung wurde mit einer Finissage beendet

In diesem Fall Heike Thes und Grit Lichtblau, deren Ausstellung in der Türmerwohnung der Köthener Jakobskirche jetzt mit einer Finissage beendet wurde. Und mit einem Pressefoto, auf dem Thes und Lichtblau mit ihren Lieblingen zu sehen sind; ein Mann aus Roßlau in Denkerpose, ein Mann aus dem mecklenburgischen Groß Breesen, der gut behütet am Klavier sitzt und mit schlitzohrigem Grienen in die Kamera blickt.

Dass beide Fotos kurzentschlossen den Status „Lieblingsfoto“ erhalten haben, kommt sicher nicht von ungefähr: Beide Porträts ziehen den Betrachter tief in das Bild hinein, lassen ihn - ganz ohne Begleittext - Lebensläufe konstruieren, lassen in jeder Falte Charakterzüge aufleuchten.

Gut möglich, dass nicht nur Grit Lichtblau und Heike Thes beide Bilder zu ihren Lieblingen auserkoren haben, sondern auch die Besucher der Exposition in luftiger Höhe. Von denen es laut Pfarrer Horst Leischner erfreulich viele gab. So viele, dass die guten Geister, die die offene Kirche St. Jakob in den zurückliegenden Wochen bewachten, beim Schließen des Gotteshauses immer mal die Sorge äußerten, man könnte oben in der Türmerwohnung jemanden vergessen haben - der seinerseits beim Betrachten der Fotos die Zeit vergessen hatte.

Fotos geben Einblick in die Seele der Fotografierten

Wäre dies tatsächlich geschehen - wundern müssen hätte man sich darüber nicht. Die Ausstellung gibt nicht nur Auskunft über die technische Meisterschaft der beiden Fotografinnen, sie schenkt dem Besucher auch Einblicke in deren Fähigkeiten, die Seele des Porträtierten in den Fokus des Bildes zu stellen. Hier findet man die fotografische Offenlegung des Innenlebens. „Ich musste ganz schön suchen“, sagt Heike Thes, „um für meinen Teil der Ausstellung die Fotos zu finden.“

Lange suchen deshalb, weil die 52-Jährige Porträtfotos nicht nach dem Passfotomotto „Hier ist das Vögelchen“ macht. Ihre Porträts zeigen den Menschen fast immer in einer besonderen Situation: Beim Lesen zumeist, was daran liegt, dass die Fotografin oft und gern im Bücherhotel Groß Breesen bei einer Freundin zu Gast ist. Und dann auch fotografiert: Zum Beispiel den Vater der Hotelchefin - den Mann am Klavier.

Grit Lichtblaus Porträts entführen den Besucher, der sich unbedingt mehr Zeit nehmen sollte, als nur für einen flüchtigen Blick, nicht nur in die Topographie fremder Gesichter, sondern vielfach auch in ferne Welten. Ein wesentlicher Teil der Bilder ist in Nepal entstanden, während eines Urlaubs, und in Gambia, wo die 50-Jährige mit Mitgliedern des Vereins „Hand in Hand“ sozial helfend aktiv war.

Gibt es eine zweite Ausstellung?

Die Fotos sind jedenfalls danach, dass man sich eine zweite Ausstellung nicht nur gut vorstellen kann, sondern regelrecht wünscht. Zumal beide offensichtlich die Qual der Auswahl hatten - und den Neugierigen durchaus mehr bieten könnten. Und die Türmerwohnung scheint dafür ein guter Platz zu sein. Für Besucher eine Kunst-Oase auf dem langen Weg zur Turmbrücke - bei der Vernissage, in den Wochen danach und auch während der Finissage, bei der der Köthener Kai Balla mit dem Saxophon für die musikalische und Horst Leischner mit eigenen Worten für die literarische Begleitung sorgten.

(mz)