1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Köthen
  6. >
  7. Besuch beim Barbier: Besuch beim Barbier in Köthen: Khalid Abdallah Abdelsalam rasiert seit 25 Jahren Bärte

Besuch beim Barbier Besuch beim Barbier in Köthen: Khalid Abdallah Abdelsalam rasiert seit 25 Jahren Bärte

Von Frank Jungbluth 07.12.2019, 13:00
Khalid Abdallah Abdelsalam (rechts) ist ein Meister am Messer. Ob Sicherheitsrasierer sicherer sind, ist für den Barbier nicht das Maß der Dinge. Er beherrscht sein Handwerk. Bevor es ernst wurde, hat er am Luftballon mit Rasierschaum geübt, sein Sohn Omar vertraut seinen Fertigkeiten.
Khalid Abdallah Abdelsalam (rechts) ist ein Meister am Messer. Ob Sicherheitsrasierer sicherer sind, ist für den Barbier nicht das Maß der Dinge. Er beherrscht sein Handwerk. Bevor es ernst wurde, hat er am Luftballon mit Rasierschaum geübt, sein Sohn Omar vertraut seinen Fertigkeiten. Ute Nicklisch

Köthen - Sanft gleitet das Messer am Hals von Omar entlang. Khalid Abdullah Abdelsalam ist vertieft in die Millimeterarbeit am Bart. Der junge Delinquent in seinem Stuhl im Friseursalon heißt Omar und ist sein Sohn. Er vertraut dem Vater, dessen Mutter Spanierin ist, der Vater stammt aus Palästina, bei der Mission, die schnell erklärt ist.

In der Nähe des Halleschen Turmes in Köthen ist der Salon „Andalucia“, was nicht weniger als der Name der Heimatstadt von Khalid Abdelsalam ist, der dort auch vor nahezu 25 Jahren das Handwerk des Friseurs und Barbiers erlernt und in vielen Salons ebenda und auch in Berlin perfektioniert hat, bevor ihn sein Sohn Omar nach Köthen lotste.

Die Bärte der Köthener werden in der Halleschen Straße gestutzt

Aber das ist eine andere Geschichte. Denn in Köthen hat Omar, der inzwischen die Wissenschaften von der Politik und Wirtschaft in Halle studiert, seine Vorbereitungen im Kolleg an der Hochschule Anhalt absolviert. So pendelt die Familie, die Mutter inklusive, zwischen Köthen, Halle und Berlin, aber die Bärte der Köthener werden in der Halleschen Straße gestutzt. Beinahe wie früher, als es auch hier normal war, freitags oder samstags zum Friseur zu gehen, um sich den Bart trimmen zu lassen.

Khalid legt ein heißes Handtuch am Kunden an, der Dampfzubereiter gurgelt daneben, das Rasiermesser wird mit einer scharfen Klinge vorbereitet, die Rasiercreme in einem silberfarbenen Gefäß zu Schaum geschlagen. Es ist die hohe Zeit des Barbiers, der glaubhaft versichert, dass seine althergebrachte Methode mit der des Herrn Gilette in jeder Hinsicht mithalten kann.

Am Luftballon geübt, wie man den Mann rasiert, ohne ihn zu massakrieren

Zwei bis sechs Klingen, für die ganz ängstlichen Bartträger sogar sieben inzwischen, kann man in Plastegehäuse zwängen, um den ultimativen Sicherheitsrasierer an den Mann zu bringen. Betrachtet man die schier endlosen Regale im Drogerie- oder Supermarkt so findet sich eine Preisspanne zwischen 1,99 bis 27,99 Euro für die manuellen Maschinen, elektrisch geht“s bei 39,99 los, aber wie wir Bärtigen wissen, ist damit die Gründlichkeit des Nassrasierers nicht zu erreichen.

Es gibt, ganz im Sinne des lange verstorbenen Erfinders, den Proglide und den Proshield, der absolute Sicherheit verheißt, das ist alles nichts gegen die Routine und den Mut von Khalid Abdullah Abdelsalam, der am Luftballon mit warmem Handtuch und scharfem Messer vor sehr vielen Jahren gelernt und perfektioniert hat, wie man den Mann rasiert, ohne ihn zu massakrieren.

Rasiert wird an der Schläfe von oben an, unter dem Kinn von unten beginnend

In der arabischen Kultur, die Khalid vom palästinensischen Vater kennt, geht Mann mindestens einmal in der Woche zum Friseur, respektive Barbier. „Das ist bei uns so“, weiß der Junior Omar (22), der sich vorstellen kann, das Geschäft des Vaters dereinst für den Nebenerwerb zu betreiben. Bis dahin sind es noch einige Jahrzehnte, denn der Vater, gerade erst 46 Jahre jung, ist in der Blüte seines Schaffens und versucht, die Köthener von der Sicherheit seiner Rasierarbeit zu überzeugen. „Es braucht Mut“, sagt der Fachmann.

Wer sich vorm Kunden fürchte, habe schon verloren. Geschnitten, schwört er, habe er noch keinen der vielen Männer, die unter seinem Messer waren. „Das kann eigentlich auch nicht passieren, wenn man sich an die Regeln hält.“ Rasiert wird an der Schläfe von oben an, unter dem Kinn von unten beginnend. Der Dampf nebelt das Geschehen ein, der Schaum duftet im Friseur-Stübchen, Khalid setzt das Messer an. Der Schnitt sitzt. Das Gesicht des Mannes ist wieder glatt wie ein Kinderpopo. (mz)