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Behinderte Menschen fit für den Alltag machen

Von Anne Passow 14.09.2008, 17:33

Köthen/MZ. - Über die Lebenshilfe Köthen bekam sie schließlich den Job in der Küche. Ihre Tätigkeit bedeutet der Frau viel. Sie hat nun nicht nur einen normalen Arbeitsalltag, sondern hat auch viele soziale Kontakte gewonnen. "Ich bin immer unter Menschen", beschreibt sie.

Es sind Menschen wie Peggy Dörr, der die Lebenshilfe eine Chance geben will, am "normalen" Leben teilzunehmen. "Wir fordern die Menschen, um sie zu fördern", fasst Karl Vollstädt, Geschäftsführer der Lebenshilfe gGmbH Köthen, zusammen.

50 Jahre lang tut das die Lebenshilfe nun schon deutschlandweit. Und seit 30 Jahren gibt es die "Werkstätten für behinderte Menschen" in Köthen. Am Samstag wurde das Jubiläum mit den psychisch, seelisch und körperlich Behinderten, ihren Angehörigen und den Mitarbeitern der Lebenshilfe Köthen gefeiert. Die Stände vor Ort präsentierten sich mit den unterschiedlichsten Angeboten. Angefangen von einem Scherenschnittstand über ein Glücksrad bis hin zum Gummistiefelkegeln wurde den Besuchern allerlei geboten. Auch die Tiershow mit Schlangen und Vogelspinnen und der Anschnitt der Geburtstagstorte waren Höhepunkte der Feier.

Die 1978 gegründete "Geschützte Werkstatt Köthen" ist der Vorläufer der Lebenshilfe gGmbH Köthen, die 1996 entstand. Unter ihrer Trägerschaft wurde drei Jahre später schließlich die "Werkstatt für behinderte Menschen" eröffnet. Zur Lebenshilfe Köthen gehören neben den zahlreichen Werkstätten auch Tagesfördergruppen, die integrative Kindertagesstätte "Buratino" und Wohnstätten für behinderte Menschen.

Das Ziel der Einrichtung ist es, Menschen mit körperlichen, geistigen und seelischen Behinderungen, ein möglichst normales Leben zu ermöglichen. "Dazu gehört, den Menschen ein breit gefächertes Angebot an Arbeitsplätzen zu bieten, damit sie sich beruflich rehabilitieren können", erklärt Vollstädt. Der staatliche Auftrag der Lebenshilfe ist nämlich der, behinderte Menschen wieder für den freien Arbeitsmarkt fit zu machen. "Ab und an gelingt uns das. Meistens bleiben sie aber in unseren Werkstätten" ,so der Geschäftsführer.

An der Verantwortung, die sie in ihren Jobs hätten, würden die Menschen wachsen. "Unsere Leute haken Holz, arbeiten an Waschmaschinen, mit Bügeleisen oder legen komplette Gärten an. Das klappt wunderbar", sagt Vollstädt. "Knapp 320 Behinderte und etwa 80 Mitarbeiter sind bei uns", so der Geschäftsführer. Da die Werkstätten aktuell überbelegt seien, wolle die Lebenshilfe Köthen eine Immobilie am Flugplatz anmieten. Trotz der großen Nachfrage, muss Vollstädt ständig ganz genau rechnen. "Wir haben hier sehr bescheidene Pflegesätze", kritisiert er.

Das sieht auch Klaus Lyss, Vorsitzender der Lebenshilfe Anhalt Bitterfeld, so. Er erfährt aus nächster Nähe, was es bedeutet als behinderter Mensch in der Gesellschaft zurechtzukommen. Seine 38-jährige Tochter hat ein Anfallsleiden. "Früher war sie in einer Reha untergebracht. Das war aber eher eine bessere Aufbewahrung", sagt er. Seitdem sie seit 1999 in den Werkstätten der Lebenshilfe Köthen beschäftigt ist. "geht es ihr sehr gut", sagt Lyss, der im Juni 1990 die "Lebenshilfe für geistig Behinderte" in Köthen mit aus der Taufe hob. Lyss engagiert sich in der Lebenshilfe, "weil die Gesellschaft Menschen mit Behinderungen integrieren muss", sagt er.

Das "integriert werden" war für Andrea Bösener gar nicht so einfach. Die ausgebildete Telefonistin ist sehbehindert und hatte auf dem Arbeitsmarkt kaum eine Chance. "Weil ich nur diese eine Behinderung habe, war es aber auch nicht einfach, in der Werkstatt der Lebenshilfe unterzukommen", berichtet sie. Gut sieben Jahre war Bösener arbeitslos, bevor sie in der Montagegruppe der Lebenshilfe anfing. "Ich hoffe nun, dass ich hier bleiben kann", sagt sie.

Sozialarbeiter Norbert Trottnow kennt solche Geschichten. Er arbeitet seit 15 Jahren bei der Lebenshilfe Köthen und sagt: "Ich komme jeden Tag gerne auf die Arbeit. Die Zusammenarbeit mit den behinderten Menschen ist einfach toll." Trottnow schätzt vor allem die direkte Art vieler Behinderter: "Du bekommst für kleine Hilfen sofort ein Dankeschön zurück", schwärmt er.

Dankbar ist auch Peggy Dörr. Sie hat durch ihre Arbeit in der Werkstatt Stück für Stück Fuß gefasst im "normalen" Leben. Und es soll weitergehen. "Ich will bald im ABW (Ambulantes Betreutes Wohnen d. Red.) wohnen und so noch selbstständiger leben", verrät sie. Abgesehen von der Selbstständigkeit hat ihr ihre Tätigkeit bei der Lebenshilfe noch etwas Gutes gebracht: Steffen Jäckel. Der junge Mann ist in der Gartenpflege tätig. Die beiden Köthener haben sich bei der Lebenshilfe kennen- und lieben gelernt und sind inzwischen ein glückliches Paar.