Auf 274 Seiten durch den Landkreis Anhalt-Bitterfeld
KÖTHEN/MZ. - Anhalt-Bitterfeld ist schon eine gewichtige Sache. Selbst dann, wenn man es sich als Buch hernimmt. Dann hat es Atlas-Format und bringt dank 274 Seiten so viel auf die Waage, dass sich eine Lektüre im Bett nur für durchtrainierte Kraftsportler empfiehlt. Aber eine Empfehlung gibt es auf alle Fälle: "Anhalt-Bitterfeld - Land an den Flüssen Elbe und Mulde" ist das erste Buch, das den nun nicht mehr ganz so neuen Landkreis in einer Breite erfasst, die es bislang so nicht gegeben hat.
Am Donnerstag konnten die Macher von Media2000 und Landkreisverwaltung das Werk der Öffentlichkeit vorstellen. "Anhalt-Bitterfeld" ist ein Bilderbuch. Im besten Sinne des Wortes. Zwar findet sich auf den Seiten auch Text, doch wird keine ausführliche verbale Geschichte erzählt - lediglich etwas längere Bildtexte müssen genügen. Und tun dies auch. Denn der Landkreis spricht auch in Bildern für sich, ganz gleich, ob man ihn aus der Warte der Städte oder der ländlichen Teile, der Geschichte oder der Gegenwart, der Natur oder der Industrie betrachtet. Viola Ballinger, Media200-Chefin, hatte im Jahr 2008 für den Landkreis eine Broschüre entworfen. "Anhalt-Bitterfeld - Vielfalt für alle" hieß sie und wurde auf der Grünen Woche zum Renner. Der Erfolg machte die Medien-Expertin aufmerksam und nachdenklich: Wäre es nicht lohnenswert, einen "richtigen" Bildband über Anhalt-Bitterfeld zu erstellen?
Ballinger, die aus Meilendorf stammt, beschäftigte sich, ermutigt von der Landkreisverwaltung, fortan mit Besonderheiten des Kreises, mit "Alleinstellungsmerkmalen". Und fand immer wieder Einzigartiges. "Wir haben gedacht, das Projekt sei schnell und leicht umzusetzen", sagt sie heute mit einem leisen Erstaunen über diese Fehleinschätzung in der Stimme. "Bilder hatten wir genug. 120 Seiten hätten wir sofort und ohne Probleme herstellen können." Letzten Endes wurde es mehr als das doppelte. "Ein Jahr haben wir daran gearbeitet." Es wurde ein Streifzug durch die Heimat, der zwar keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben kann, aber solchem Ideal schon sehr nahe kommt.
Als glückliche Entscheidung hat es sich auch erwiesen, auf die Sichtweisen von verschiedenen Fotografen zu vertrauen. So wahrte man einerseits Qualität, brachte aber unterschiedliche fotografische Handschriften zwischen die Buchdeckel. Uwe Hippe, in der Landkreisverwaltung Amtsleiter für den Bereich Tourismus, hat förmlich auf das Buch gewartet. Hippe will damit für den Landkreis werben. In doppelter Hinsicht. "Zum einen ist es natürlich für die Menschen gedacht, die in Anhalt-Bitterfeld wohnen. Oder gewohnt haben: Wir wollen damit heimatliche Empfindungen wecken, vielleicht kommen die Leute ja zurück?" Das Buch solle Bindungen an die Heimat fördern, soll Stolz entwickeln, Potentiale zeigen, auch "Lebensraum-Qualität".
Hippe unterstreicht die Verantwortung für das Zusammenwachsen des Kreises - das Buch kann demjenigen, der im Fläming wohnt, Goitzsche und Heide näher bringen und jemanden von der Fuhne für Zerbst interessieren. "Wir wollen ganz selbstbewusst zeigen, wo wir leben."
Zum anderen hofft man, dass das Buch auch Außenwirkung entfaltet. Armin Schenk, Geschäftsführer der Entwicklungs- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft (EWG) des Landkreises, hat schon viele Wirtschafts-Informations-Broschüren an mögliche Investoren und Ansiedlungskandidaten ausgereicht. "Hier haben wir etwas für die Schönheit." Das Buch werde den Betrachter dazu bewegen, da ist sich Schenk sicher, "Wohlgefallen an der Region zu finden". Er werde es auf Messen mitnehmen, zum Durchblättern am Stand, "und vielleicht werden wir es auch mal einem Investor mitgeben, so als letzten Schub für seine Entscheidung, nach Anhalt-Bitterfeld zu gehen."
Geordnet ist das Kompendium nach Territorien. Die großen Städte stehen zwar im Mittelpunkt, zeigen sich mit ihren besonderen Sehenswürdigkeiten, ob nun Spiegelsaal und Naumann-Museum in Köthen, Bogen und Bernstein-Villa in Bitterfeld-Wolfen oder Nikolaikirche und Francisceumsbibliothek in Zerbst. Aber das Buch zeigt seine Stärken auch jenseits der Postkartenmotive. Selbst Leute, die sich berufsbedingt in der Region gut auskennen, stellen mit Entzücken und Verblüffung fest, dass es noch Überraschungen gibt: den Affenstein in Rösa etwa oder einen noch nie gesehenen Blick aufs Burgkemnitzer Schloss oder Hahnemanns Köthener Wohnhaus aus der Hof-Perspektive oder den kleinen Wasserturm in Zerbst. "Wir haben hart daran gearbeitet, dass es keinen Abbruch gibt - manche Bildbände kranken daran, dass auf den vorderen Seiten das ganze Pulver verschossen wird und das Buch auf den hinteren Seiten qualitativ abfällt", sagt Viola Ballinger. "Da können wir uns auf die Schultern klopfen", stellt Uwe Hippe fest.
Das Buch ist nicht nur vom Inhalt her eine Besonderheit, sondern auch sein Zustandekommen ist ungewöhnlich. Zwar hat der Landkreis an der Entstehung mitgearbeitet, aber es ist - genau betrachtet - keine Veröffentlichung des Landkreises. Viola Ballingers Unternehmen ist 100 Prozent in Vorkasse gegangen, trägt das komplette Risiko. "Hier steckt nicht ein Euro aus öffentlichen Mitteln drin", sagt die Media2000-Chefin. Sie ist überzeugt von dem Produkt und denkt, dass auch der Kunde diese Einschätzung teilt - dann sollte das Buch auch ein ökonomischer Erfolg werden. Zehn Vorab-Exemplare hat man bei Firmen vorgestellt, bei der Sparkasse, der KKM, bei Buchhandlungen: Die Testleser waren beeindruckt bis begeistert, die Kritik war marginal. Ab nächster Woche können sich Interessenten selbst von der Qualität des Werkes überzeugen.
Das Buch "Anhalt-Bitterfeld - Land an den Flüssen Elbe und Mulde" (ISBN 978-3-00-030401-9), das in der Erstauflage in 2 000 Exemplaren erscheint, gibt es für einen Preis von 29,90 Euro in den Buchhandlungen des Kreises. Die Texte sind in deutscher und englischer Sprache.