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Interkulturelle Woche „Arabiske“ in Köthen wird ein Jahr alt: Willkommen und dann angekommen

„Arabiske“ wird ein Jahr alt. Staatssekretärin Susi Möbbeck zollt dem Gründer Respekt.

Von Doreen Hoyer 03.10.2021, 15:02
Taboule heißt der Petersiliensalat mit Zwiebeln und Salaten.
Taboule heißt der Petersiliensalat mit Zwiebeln und Salaten. (Foto: Ute Nicklisch)

Köthen/MZ - Hungrig ist keiner von diesem Termin nach Hause gefahren: Gang um Gang gab es am Freitagnachmittag für die Gäste eine kulinarische Reise durch die Speisekarte des Bistros „Arabiske“ im Jürgenweg. Ob Falafel aus Kichererbsen, Käseröllchen oder den Petersiliensalat Taboule: Ahmad Hamwi tischte für die Besucher ordentlich auf, schließlich gab es etwas zu feiern: Ein Jahr ist sein Bistro inzwischen alt.

Im Rahmen der Interkulturellen Woche nahmen das viele Gäste zum Anlass, um vorbei zu schauen. Darunter auch Susi Möbbeck (SPD), Staatssekretärin im Landesarbeitsministerium, Landrat Andy Grabner (CDU) und Köthens stellvertretende Oberbürgermeisterin Stephanie Behrendt.

Die Interkulturelle Woche findet jährlich und bundesweit statt. Die Initiative der Deutschen Bischofskonferenz, der Evangelischen Kirche und der Griechisch-Orthodoxen Metropolie wird auch von Kommunen, Gewerkschaften und Wohlfahrtsverbänden unterstützt. Nach Angaben des zuständigen Vorbereitungsausschusses gab es dieses Jahr etwa 5.000 Veranstaltungen in 500 Städten in ganz Deutschland im Rahmen der Interkulturellen Woche. Zur Interkulturellen Woche vom 26. September bis 3. Oktober gehört auch der Tag des Flüchtlings, der am 1. Oktober war.

Warum gerade Köthen?

Ahmad Hamwis Familie stammt aus Syrien. 2015 kam er nach Deutschland, war zunächst in Halberstadt untergebracht und kam dann nach Köthen. Warum ausgerechnet hierher? Diese Frage habe sie Hamwi vor einiger Zeit auch gestellt, erzählte Stephanie Behrendt bei der Feier. „Er sagte: Ist doch egal. Ich habe hier nirgends Freunde.“ Der Satz sei ihr im Gedächtnis geblieben. Und er stimmt heute definitiv nicht mehr, wenn man sich die vielen Gäste zum „Arabiske“-Jubiläum anschaut.

„Viele haben gesagt: Das ist doch verrückt. Was will der Araber hier?“, erinnert sich Ahmad Hamwi an die Anfänge. Aber er zog es durch, eröffnete seinen Laden. Wichtig ist ihm, möglichst regionale Produkte zu verwenden: Kartoffeln aus Cosa, Gemüse aus Repau und auch die Kichererbsen bezieht er aus Sachsen-Anhalt.

Staatssekretärin Susi Möbbeck kam zum Gratulieren.
Staatssekretärin Susi Möbbeck kam zum Gratulieren.
Ute Nicklisch

„Heute bin ich froh, hier gelandet zu sein. Ich habe im Jürgenweg nette Kunden und nette Nachbarn“, so der 35-Jährige. Dazu gehört die Familie Schernekau, deren Bäckerei gleich nebenan liegt und die Hamwi den Laden vermietet hat. Klar, dass es da zum Jubiläum gleich noch eine „Arabiske“-Torte gab.

Und nicht nur für den Gaumen gab es Orientalisches, auch für die Ohren: Vahid Shahidifar, geboren im Iran, aber längst heimisch in Halle, spielte für die Gäste auf der Santur, einem trapezförmigen Saiteninstrument.

Ein „Paradebeispiel“

Ziemlich aufgeregt ist Ahmad Hamwi an diesem besonderen Tag, sucht bei seiner kleinen Rede nach Worten - was aber nicht weiter auffällt, denn Deutsch beherrscht er längst nahezu perfekt. „Man könnte meinen, Sie wären hier geboren“, zollt da auch der Landrat Respekt und lobt den Unternehmer als „Paradebeispiel einer sehr gelungenen Integration. Leute wie Sie brauchen wir hier“, so Grabner.

Nach seiner Ankunft in Anhalt-Bitterfeld nahm Hamwi hier an Sprach- und Integrationskursen teil, besuchte einen Gründerlehrgang der EWG, leistete Bundesfreiwilligendienst und ist inzwischen als Integrationslotse selbst eine Stütze für Einwanderer. Er arbeitete als Pizzabote und Eisverkäufer, bevor er sein Bistro eröffnete. Ende 2020, zu einem Höhepunkt der Corona-Pandemie war das. Das habe die Gründung sicher noch einmal schwieriger gemacht, so Staatssekretärin Susi Möbbeck. Aber Hamwi habe sich nicht zurückgezogen, sondern den Willen gezeigt, seine neue Heimat mitzugestalten. „Damit sind Sie ein Vorbild für andere.“

Lobenswert auch die Arbeit zum Beispiel der 2015 gegründeten Initiative „Willkommen in Köthen“, die den Neuankömmlingen beim Start im fremden Land half. Auf positive Beispiele wie Hamwis Geschichte sei man angewiesen, so Möbbeck - schließlich gebe es mitunter auch viel Ablehnung beim Thema Einwanderung. Aber im Jürgenweg könne man sehen, wie gut es funktionieren kann.