Anhalt-Bitterfeld Anhalt-Bitterfeld: Lausitzer Granit für einen Mann besonderer Qualität
DIEBZIG/MZ. - Vor Jahren hat Karl-Heinz Ecke die Grabstätte gesucht. Gefunden hat er sie nicht. Jedenfalls nicht auf Anhieb. Darüber musste man nicht verwundert sein, schließlich hatte am Stein, der auf dem Diebziger Friedhof an Gustav Freiherrn von Nordenflycht erinnern sollte, zu dem Zeitpunkt, da Ecke, angeregt durch den Ornithologen Reinhard Rochlitzer, nach Spuren des Freiherrn fahndete, schon der Zahn der Zeit genagt. Nicht nur, dass der Betonwerkstein, aus dem das Grabmal bestand, schon gelitten hatte, auch die Beschriftung war nur mit viel Mühe noch zu erkennen. Ein paar Jahre später hätte vielleicht niemand mehr gewusst, wer hier eigentlich liegt.
"Diebzig kennen wir"
Ein Forstmann von hohen Graden nämlich, ein viel gelesener Jagdschriftsteller seiner Zeit, ein früher Naturschützer, ein Kunstliebhaber, ein Preuße in des Wortes bester Bedeutung und am Ende seiner beruflichen Laufbahn Oberförster in Lödderitz mit einem Revier, das von der Saale bei Klein Rosenburg über Aken bis nach Kühnau bei Dessau reichte. Zumindest in Jagd- und Forstkreisen ist Gustav von Nordenflycht immer noch ein Begriff. Dafür spricht auch eine Anekdote, die Diebzigs Ortsbürgermeister Michael Scheringer erzählt: Scheringer war mal zu einer Jagd in Mecklenburg und wurde gefragt, woher er denn komme. "Aus Diebzig", sagte der Bürgermeister und fügte an: "Aber das werdet ihr nicht kennen." Doch, bekam er zur Antwort, "Diebzig kennen wir. Dort liegt Nordenflycht begraben."
Und nun kann man sein Grab auch wieder finden. Köthens Kreisjägermeister Karl-Heinz Ecke hatte am Sonnabend guten Grund, sich zu freuen. Es waren vor allem die Kreisjägerschaft und die Ortschaft Diebzig die in den zurückliegenden drei Jahren Geld für einen neuen, fast identischen Grabstein für den Forst-Freiherrn gesammelt haben. Dazu kam eine Reihe von privaten Spendern, darunter viele aus dem Ort, und auch der Landesjagdverband wird sich an der Finanzierung der etwa 2 800 Euro Kosten beteiligen. Angefertigt wurde das Grabmal aus Lausitzer Granit von der Zörbiger Firma Scholz. Sein Aussehen ist identisch mit dem alten Grabmal, man habe sich, so Karl-Heinz Ecke, aber erlaubt, der Beschriftung zwei Zusätze hinzuzufügen: Zum einen, dass Nordenflycht Oberförster in Rominten und Lödderitz gewesen ist, und zum anderen, dass das Grabmal 2011 erneuert wurde. Der feierliche Akt der Enthüllung wurde von einer Vielzahl Besucher verfolgt, die nicht nur aus Diebzig oder dem Altkreis Köthen gekommen waren, sondern auch aus weiter entfernten Regionen. Für die passende musikalische Umrahmung sorgte die Jagdhornbläsergruppe aus Dessau.
Würdigung durch den Präsidenten
Hans-Heinrich Jordan, Präsident des Landesjagdverbandes, würdigte in seiner Rede Nordenflychts Leistung für die Jagd und die Natur. "In Lödderitz hatte er jagdschriftstellerisch seine beste Zeit", betonte Jordan. Nordenflycht arbeitete in dem kleinen Ort bei Aken an mehreren Neubearbeitungen von Diezels "Niederjagd" und schrieb viele Beiträge für die Zeitschrift "Wild und Hund".
Der Jäger Nordenflycht war auch ein Naturschützer, trat schon früh der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft bei und sorgte dafür, dass im Wald der Oberförsterei Lödderitz Rettungshügel für Biber und das Wild angelegt wurden.
Reinhard Rochlitzer hat sich schon vor vielen Jahren mit Nordenflycht beschäftigt. Der pensionierte Lehrer und immer noch aktive Ornithologe hatte nach dem Krieg im Lödderitzer Forst gearbeitet. Von älteren Leuten hatte Rochlitzer erfahren, dass "Forstmeester Nordenflycht" bei den Dorfbewohnern in hohem Ansehen gestanden hatte. Dass er einer war, der Respekt forderte, aber nie abgehoben war, so Rochlitzer. Der in seinen schriftlichen Bemerkungen zu Nordenflycht auch auf zwei ungeklärte Fragen aufmerksam macht: Warum verließ Nordenflycht 1920 seinen Wirkungsort Lödderitz? Und warum wählte er als letzte Ruhestätte nicht traditionsgemäß den Försterfriedhof am Schmiedesee im Lödderitzer Forst? Vielleicht bekommt man ja Ende November eine Antwort. Dann erscheint im Verlag J. Neumann-Neudamm von Andreas Gautschi / Anne Lüft das Buch "Gustav Freiherr von Nordenflycht - Jagdliche und andere Streiflichter aus der Zeit eines Königlich Preußischen Forstmeisters".
Eine dritte Frage muss an anderer Stelle beantwortet werden: Die nach dem Pfarrhaus in Diebzig, in dem neben Nordenflycht mit dem Ornithologen Eduard Baldamus und dem Theologen Leberecht Uhlich weitere historische Persönlichkeiten lebten. Das Haus ist inzwischen nahezu eine Ruine, und die Frage lautet: Gibt es tatsächlich keinen Weg, solch bedeutsames Gebäude zu retten?