Anhalt-Bitterfeld Anhalt-Bitterfeld: Ein 1000-Jahre-Rückblick
Köthen/MZ. - FST 49 liegt hinter der Bahnlinie Köthen-Leipzig, Die Karte im Containerzimmer von Erik Peters gibt genau Auskunft wo, FST 49 ist magnetometrisch untersucht und eingemessen. Noch ist FST 49 lediglich eine Anomalie im Boden, ein Indiz dafür, dass dort etwas gefunden werden könnte, das Archäologen interessiert. Archäologen wie Erik Peters, der südlich von Köthen ein Stück der Trasse der B 6 n nach Schätzen aus der Vergangenheit durchsucht. Und Fundstelle 49 könnte durchaus etwas hergeben.
Was nicht bedeutet, dass es Peters und seine Grabungshelfer auf Gold und Geschmeide abgesehen haben. Ob es das jemals in der mittelslawischen Siedlung gegeben hat, an der gerade gegraben wird, ist ohnehin fraglich. Spannend ist für die Bodendenkmalpfleger ohnehin anderes. "Das 9 und 10. jahrhundert", sagt Erik Peters, "ist eine relativ unerforschte Zeit. In Sachsen-Anhalt sowieso. Da bleiben derzeit noch viele Fragen offen, aber vielleicht finden wir ja Dinge, die Fragen beantworten können." Die Vorzeichen dafür stehen an sich nicht schlecht. Der Boden hier ist quasi jungfräulich - zumindest aus Archäologen-Sicht gesehen. Zu DDR-Zeiten hat es an dieser Stelle keine großflächigen Untersuchungen gegeben.
Heute sieht das ganz anders aus, da besteht die Möglichkeit, ganze Siedlungen auszugraben, auch weil die Vorarbeiten dank technischer Hilfe präziser ausfallen und man so ziemlich genau weiß, wo man den Spaten oder den Kleinbagger ansetzen muss. Das Gerät für die magnetometrische Untersuchung wird mit zwei, drei Metern Abstand über die Fläche gefahren und zeigt eventuelle Fundstellen an. "Das ist wie das Kontrastmittel beim Röntgen", sagt Peters.
Auf diese Weise müssten die Archäologen auch nicht die komplette Trasse für die neue Straße untersuchen, sondern sich auf vielversprechende Punkte konzentrieren. Das ist doppelt wichtig: Den Ausgräbern sitzt immer die Zeit im Nacken - zum einen durch die Termine des Straßenbaus, bis Mitte Dezember muss man an diesem Grabungsbereich zum Ende kommen. Zum anderen durch den Kalender. Irgendwann schiebt der Winter den Arbeiten einen Riegel vor. Um sich aber von Temperaturstürzen nicht zu sehr beeinflussen zu lassen, hat man ein wenig vorgesorgt: Zur Abdeckung der Fundstellen gibt es Isomatten, und wenn noch etwas Besonders aus den Tiefen des Bodens auftaucht, dann kann ein Zelt darüber gestellt werden und ein Heizgerät sorgt dafür, dass weiter gearbeitet werden kann.
Allerdings ist die Ausbeute bislang bescheiden, wenigstens im Vergleich mit anderen Grabungen entlang der B 6 n. Immerhin: "Wir haben schon ganz schöne Gefäße gefunden", sagt Erik Peters. Direkt auf dem Herd in einem der Grubenhäuser übrigens, so als wäre der Topf beim Kochen entzweigegangen, "richtig schöne Scherben", würdigt der Grabungsleiter den Fund.
Dazu kommt eine tatsächliche Besonderheit: Ein rötlich verfärbter Spinnwirtel, bei dem sich die Fachleute noch längst nicht einig sind, ob die rote Färbung nun absichtlich herbeigeführt wurde oder ob man hier das Ergebnis eines Brandes vor Augen hat. "Ansonsten", sagt Ildiko Bösze, die die Grabungen an dem Abschnitt im Auftrag des Landesamtes für Denkmalpflege koordiniert, "ansonsten sieht die Siedlung leergefegt, verlassen aus." Nur die Herdstellen geben etwas her.
Unklar ist auch, warum die nicht gerade kleine Siedlung aufgegeben wurde. Ob ein kriegerischer Akt dahintersteht, bei dem das Terrain geplündert wurde. oder ob die Bewohner vor über 1000 Jahren einfach weitergezogen sind und natürlich ihren Hausrat mit auf den Weg nahmen. Ob diese Frage jemals geklärt wird, ist fraglich.
Allerdings waren die Altvorderen schon darauf eingestellt, schnell umziehen zu können. Die Grubenhäuser, in denen sie wohnten und auch arbeiteten, etwa drei mal drei Meter in der Fläche, waren nur für den zeitweiligen Gebrauch gedacht, ob nun als Behausung oder als Werkstatt. Sie waren zwischen 80 und 100 Zentimeter eingetieft, was einmal aus Sparsamkeitsgründen erfolgte und zum anderen eine Reaktion auf die Witterung war.
"Das ist eine billige Bauweise", erläutert Erik Peters. "man braucht zwei kräftige Pfosten von etwa 15 Zentimetern Durchmesser und einen Firstbalken, der rund dreieinhalb Meter lang ist. Und ich brauche Holz für die Dachkonstruktion, die ich unter Umstanden sogar direkt auf die Grube legen kann. Durch die Grube benötige ich kein Material für die Seitenwände - da habe ich ja die Erde." Außerdem sind die "tiefergelegten" Häuser auch weniger Anfällig für Wind und Wetter. Gruben wurden für verschiedene Zwecke angelegt, sagt Erik Peters: Es gibt Vorratsgruben, Ofengruben und Räuchergruben.
Und richtig interessant wir es ,wenn bei der Untersuchung der Grubenhäuser die Mikromorphologie ins Spiel kommt. Dabei werden Ablagerungen und Sedimente im Grubenboden untersucht, z.B. auf Dungreste von Tieren. Dann weiß man wenigstens, mit welchen Haustieren die Vorfahren im anhaltischen Land quasi im Verbund lebten.