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Abwasserverband bleibt hart Abwasserverband Köthen bleibt hart: Ungeeichter Zähler - Familie muss über 1.000 Euro zahlen

Von Matthias Bartl 19.12.2019, 12:43
Wasser kommt aus einem Gartenschlauch
Wasser kommt aus einem Gartenschlauch www.imago-images.de

Köthen - Amanda Starke (Name geändert) musste buchstäblich zweimal hinschauen, als sie Ende Mai 2019 Post vom Abwasserverband (AV) Köthen erhielt. Jahrelang war die Gebühr für die Fäkalienentsorgung auf dem Grundstück, wo sie mit ihrer Familie auch wohnt, mehr oder minder unverändert gewesen, mal ein paar Euro rauf oder runter.

Nichts, bei dem man übermäßig viel Adrenalin ausgeschüttet hätte. Das war diesmal anders, denn statt wie bisher etwas mehr als 1.000 Euro im Jahr forderte der AV diesmal ungefähr das Doppelte. Von Familie Starke wurde eine Nachzahlung in Höhe von 1.057,84 Euro verlangt und die Einziehung vom Konto zum 1. Juli angekündigt.

Wasserverbrauch der Familie im Garten wurde über einen nicht geeichten Wasserzähler gemessen

Nachdem sie sich beruhigt hatten, gingen Starkes gegen diese Forderung in Widerspruch. Erfolglos. Der Grund dafür: Der Wasserverbrauch der Familie, der auch als Grundlage für die Berechnung der Abwasserkosten dient, sei im Gartenbereich mit einem nicht geeichten Wasserzähler gemessen worden. Insofern, so der damalige AV-Geschäftsführer Thomas Winkler, habe der Verband die Gebühren für die Fäkalienentsorgung festgesetzt. „Hierbei legte er für den Zeitraum vom 19. April 2018 bis zum 21. April 2019 278 Kubikmeter zugrunde.“

Amanda Starke weiß jetzt, dass sie und ihr Mann einen Fehler gemacht haben. Sie hatten vergessen, dass die Eichfrist des Gartenzählers, der ausschließlich den Wasserverbrauch in Pool und Garten misst, nur bis Ende 2016 lief. Viel zu spät haben sie den Zähler durch einen neuen, geeichten Zähler ersetzen lassen. Aber die durch den Verband in Ansatz gebrachten Zahlen - sowohl die Kubikmeter als auch daraus resultierend die Höhe der Forderung - seien völlig aus der Luft gegriffen und hätten nichts mit der Realität zu tun.

Familie hat den Ausbau des Wasserzählers dokumentiert und hat eigene Hochrechnungen

Beim Ausbau, so hat es die Familie dokumentiert, stand der alte Gartenzähler auf 305 Kubikmeter. Was bedeutet, dass seit der vorausgegangenen Abrechnung über diesen Zähler noch knapp 200 Kubikmeter Wasser verbraucht wurden. Davon wurde dreimal der Pool im Garten befüllt, wobei eine Füllung 48 Kubikmeter benötigt, außerdem wurde zu Beginn des Jahrhundertsommers 2018 neuer Rollrasen verlegt, der regelmäßig bewässert werden musste - alles Wasser, das nicht in die abflusslose Sammelgrube gelangt sein könne und also normalerweise auf Antrag von der Gebührenrechnung abgesetzt werden müsse. Außerdem ist Starkes Sohn seit Anfang 2018 nur noch am Wochenende zu Hause. Die Familie braucht also weniger Wasser.

Dazu kommt: Die Sammelgrube der Familie wird einmal im Monat abgepumpt. Dabei fallen in der Regel drei Kubikmeter an - das Fassungsvermögen der beiden Kammern, die abgepumpt werden, beträgt etwa vier Kubikmeter. Hätte man also tatsächlich 278 Kubikmeter Abwasser produziert, hätte der Pumpwagen 92 mal im Jahr bei Starkes vorbeigekommen müssen, um jeweils drei Kubikmeter abzuholen - also alle vier Tage statt alle 30 Tage.

Alle Mathematik setzt natürlich nicht den Fehler außer Kraft, den Eichtermin verpasst zu haben. Dennoch erhoffen sich die Starkes ein Einsehen des Verbandes, dass die Strafgebühr - um es mal so zu nennen - viel zu hoch ausgefallen ist. Und dass der Verband selbst erkannt hat, dass die 278 Kubikmeter eine willkürlich herangezogene Größenordnung sind, lässt sich aus den Vorauszahlungen ablesen, die der Verband den Starkes abforderte.

Mit dem Gebührenbescheid vom ‪28. Mai, der die große Nachzahlung beinhaltete, hatten Starkes gleichzeitig die neue Höhe ihrer Abschlagszahlungen mitgeteilt bekommen: satte 430 Euro alle zwei Monate. Am 4. Juni bekamen die Hauseigentümer aber eine neue Übersicht über ihre künftigen Abschlagszahlungen. Da waren dann nur noch 200 Euro alle zwei Monate fällig.

Abwasserverband Köthen sieht keinen Grund, die erhobene Forderung zu reduzieren

Der Verband allerdings sieht keinen Grund, seine Entscheidung zu revidieren und die Forderung zu reduzieren. „Es gibt klare Festlegungen in unserer Satzung“, sagt die amtierende Geschäftsführerin Cornelia Miethig.

Der Trinkwasserverbrauch diene als Maßstab für die Berechnung der Abwassergebühren. Wasser aus der Midewaleitung, das außerhalb des Hauses verbraucht werde, etwa im Garten oder beim Füllen von Wasserbecken, könne von der Rechnung abgezogen werden - allerdings müsse dazu ein Antrag gestellt werden und die Messung durch einen geeichten Zähler erfolgen.

Man habe die Familie Starke nachweislich zweimal darauf aufmerksam gemacht, dass die Eichfrist des Zählers ablaufe und ein neuer geeichter Zähler eingebaut werden müsse. „Dieser Einbau ist aber erst viel später erfolgt.“

Auch der Umstand, dass die berechnete Abwassermenge nicht entsorgt worden sein könne, ändere nichts: Starkes seien nicht die ersten Kunden gewesen, denen das passiere. „Allerdings ist die Größenordnung schon ungewöhnlich“. Wenn man dem einen Grundstückseigentümer sozusagen Rabatt gebe, „dann müssten wir das auch bei allen anderen machen - und das geht nicht. Wozu gibt es eine Satzung.“

Cornelia Miethig weiß in dieser Frage auch die Verbandsversammlung auf ihrer Seite - angesichts der Summe hatte sie den Fall in der Versammlung zur Sprache gebracht, „aber auch dort sah man keinen Grund, gegen die Satzung zu handeln“. (mz)