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Weihnachtsbäume aus Ruhlsdorf Weihnachtsbäume aus Ruhlsdorf: Trockenheit und Klimawandel setzen Tannenbäumchen zu

Von Ute Otto 23.11.2019, 09:11
Cornelia Hinze sucht sich auf der Weihnachtsbaumplantage an der B 187 von Günter Thiele (li.) Bäume aus.
Cornelia Hinze sucht sich auf der Weihnachtsbaumplantage an der B 187 von Günter Thiele (li.) Bäume aus. Ute Otto

Ruhlsdorf - Seit fast zehn Jahren zieht Günter Thiele auf seiner zwei Hektar großen Plantage an der B 187 bei Ruhlsdorf nun Weihnachtsbäume. Dabei hat er sich einige Tricks und Kniffe angeeignet, damit die Bäume wohl geraten - gerade und proportioniert wachsen mit dichtem Geäst und je nach Art sattgrün oder silbrigblau. Aber gegen die Dürre der letzten beiden Sommer war selbst der erfahrene Landwirt machtlos.

„Die Neupflanzungen von 2018 und 2019 haben unter der Hitze tüchtig gelitten“, sagt Thiele. Und das, obwohl er die Plantage in den beiden Sommern fast täglich gewässert habe. Die Setzlinge sind regelrecht verbrannt. An zwei Reihen der Frühjahrspflanzung dieses Jahres ist das Desaster noch zu sehen. So wie Thiele die Bäumchen gepflanzt hat, muss er sie nun wieder rausreißen. „Aber ich habe in diesem Spätsommer schon neue gepflanzt, die stehen jetzt gut.“

Ohnehin ist Günter Thiele keiner, der gleich die Flinte ins Korn wirft. Obwohl es viel Arbeit bedeutet und trotz Widrigkeiten bereitet es ihm noch immer Spaß, seine Weihnachtsbaum- und Heidelbeerplantagen zu bewirtschaften. „Sonst würde ich es ja nicht mehr machen.“

Die gute Nachricht: „Ich habe auch in diesem Jahr ausreichend Weihnachtsbäume.“ Die Zehnjährigen haben im Schnitt 1,80 bis zwei Meter Höhe erreicht, das „Gardemaß“ für Weihnachtsbäume. „Der Vorteil der Trockenheit war, dass die größeren Bäume nicht so geschossen sind“, so Thiele. Normalerweise stoppt er das Wachstum der Spitzen mit einem bestimmten Schnitt, damit diese nicht überproportional lang werden. „Das brauchte ich in diesem Jahr nicht zu tun.“

Offiziell beginnt der Weihnachtsbaumverkauf bei ihm am 4. Dezember, ab da ist er oder jemand aus der Familie täglich ab 13 Uhr auf der Plantage. Aber Thiele hat auch jetzt dort immer etwas zu tun, zum Beispiel muss er die Heidelbeersträucher beschneiden. Und sobald sein Auto an der Plantage steht, dauert es meist nicht lange, bis potenzielle Kunden angefahren kommen.

So wie jüngst Carola Hinze aus Gorsdorf. Drei Bäume lässt sie sich reservieren, davon einen für die Gorsdorfer Kirche. „An unseren Baum zu Hause kommen sogar richtige Kerzen“, erzählt sie.

Thiele beschriftet die Anhänger, mit denen die von der Gorsdorferin ausgesuchten Bäume gekennzeichnet werden. „Im vergangenen Jahr hat mir trotzdem jemand einen Baum weggeschnappt“, so Carola Hinze.

Thieles Kunden mögen es, sich die Bäume auf der Plantage auszusuchen. „Ich kann sie auch nach Hause liefern“, sagt er. Besonders freue er sich, wenn Kindergruppen kommen. Das traditionelle Weihnachtsbaumschlagen mit Musik, Glühwein und Thüringer Rostbratwurst findet am 15. Dezember ab 9 Uhr statt.

Frisch geschlagen, zeichnen sich die Bäume durch gute Haltbarkeit aus. Selbst eine serbische Fichte hält es mit Wasser im Weihnachtsbaumständer gut zwei Wochen bei normaler Zimmertemperatur aus ohne zu nadeln. „Das haben mir Kunden schon oft gesagt“, so Thiele. „Ich kann es mir nur so erklären, dass die Bäume schon durch das Klima an die Trockenheit gewöhnt sind und die Nadeln fester anwachsen.“ Das sei aber eine reine Vermutung. So viele Bäume wie er zu Weihnachten entnimmt, pflanzt er wieder nach, das hat Günter Thiele von Anfang an so gehalten.

In den ersten Erntejahren hat er die Setzlinge zwischen den Baumstümpfen eingebracht. Jetzt macht Thiele es anders. Reihenweise rodet er Stümpfe, pflügt den Streifen um und lässt über den Sommer erst einmal Hafer darauf wachsen, „für die Hühner“. So soll der Boden widerstandsfähiger gegen Baumkrankheiten gemacht werden. Auch ein alter Hase lernt immer dazu.

Wässern, wässern, wässern

Weihnachtsbäume werden auch in der Jessener Baumschule Eckardt gezogen. Wässern, wässern, wässern, war die Devise, wenngleich Baumschulen-Chefin Monika Eckardt relativiert: „In diesem Sommer war es mit Niederschlägen etwas besser.“

Sie erzählt aber auch, dass sie für das Jahr 2018 eine Stromnachzahlung von 8000 Euro zu leisten hatte, was dem Betrieb der Pumpen geschuldet ist. „Außerdem hatte ich einen Mitarbeiter eingestellt, der sich um die Bewässerung gekümmert hat, das konnte ich allein nicht mehr stemmen.“ Das seien also Kosten, die erwirtschaftet werden müssen. An Weihnachtsbäumen herrscht also in der Baumschule im Jessener Gärtnerweg 2 kein Mangel. „Am Montag geht der Verkauf richtig los“, so die Chefin.

Zu haben sind neben den beliebten Nordmanntannen auch Blaufichten, Coloradotannen und Serbische Fichten als geschnittene Bäume sowie getopft. Bei Eckardts bedeutet das im Topf gezogen, so dass die Bäumchen bei entsprechender Pflege im Zimmer (regelmäßig, aber nicht zuviel gießen) nach Weihnachten ausgepflanzt werden können. Auch Gestecke werden angeboten: „Wir haben schon fleißig gebastelt für die Adventsausstellung“, so Monika Eckardt. (mz)

Ein Trauerspiel: die im Frühjahr 2019 gepflanzten Bäumchen
Ein Trauerspiel: die im Frühjahr 2019 gepflanzten Bäumchen
Ute Otto