Politik Unter 18-Jährige üben an der Urne in Jessen
Jugendliche noch ohne Stimmberechtigung können auf dem Marktplatz in Jessen ausprobieren, was es bedeutet, wählen zu gehen.

Jessen - Eigentlich darf Lena das nicht. Noch nicht. Denn mit dreizehn ist die Schülerin fünf Jahre zu jung, um am 6. Juni bei der anstehenden Landtagswahl in ein Wahllokal zu gehen und ihre Kreuzchen zu machen.
Doch am vergangenen Freitag durfte sie auf dem Marktplatz von Jessen schon einmal ausprobieren, wie es sich anfühlt, von ihrem Stimmrecht Gebrauch zu machen. Das Paritätische Jugendwerk (PJW) bat in Zusammenarbeit mit dem Kinder- und Jugendring von Sachsen-Anhalt zum fünften Mal in Sachsen-Anhalt an 75 unterschiedlichen Standorten die Jugendlichen mit der Aktion „U-18- Wahl“ an die Urne.
Hintergrund der Initiative, so erklärt Nadine Schulz, Jugendbildungsreferentin des PJW, sei neben der politischen Bildung auch zu schauen, wie würden Wahlen ausgehen, wenn Kinder und Jugendliche ein Mitspracherecht hätten. „Es geht darum, dass sie lernen, wie unser demokratisches Parteiensystem funktioniert.“ So fanden sich dann auch auf dem Stimmzettel alle 22 Parteien, die sich für die Landtagswahl von Sachsen-Anhalt aufgestellt haben.
Wie sich wählen anfühlt
„Anders“, antwortet Lena, ohne lang nachdenken zu müssen auf die Frage, wie es sich anfühlt, wählen zu können. Sie gibt zu, dass sie sich eigentlich nicht allzu sehr für Politik und Wahlen interessiert. Warum sollte sie auch, schließlich ist das für sie noch ganz weit weg. Das junge Mädchen weiß zwar, dass am Sonntag Wahlen sind. Doch wer alles Kandidat ist, dass weiß sie im Einzelnen nicht. Aber sie weiß, wen sie wählen würde, wenn sie denn dürfte. Nicht zuletzt, weil sie von ihrer Schwester Sarah Theilemann, Praktikantin des PJW, schon vieles über die Parteien erfahren hat.
So schreitet sie entschieden zur Tat. Kaum ist Lena hinter den Pappwänden der Wahlkabine verschwunden, taucht sie auch schon wieder auf und lässt ihren gefalteten Wahlzettel in die Urne gleiten.
Alle anderen Wahlwilligen können sich vorab in dem kleinen Wahllokal über die Parteien und ihre Programme informieren und herausfinden, welche von ihnen sich für ihre persönlichen Interessen einsetzen.
Nach knapp vier Stunden zieht Sarah Theilemann ein nüchternes Resümee: Es hätten viele neugierig geschaut, aber den Schritt zum Stand hin wären sie nicht gegangen. Sie vermutet, ein Grund für die geringe Resonanz liegt in der Spontanität der Aktion. „Wir haben es sehr kurzfristig gemacht. Wahrscheinlich sind die Plakate in den Schulen durch den Wechselunterricht und die Ferien nicht allen aufgefallen.“
Doch auch wenn die Stimmenauszählung keine Stunden in Anspruch nehmen wird, sehen die beiden Frauen trotzdem einen positiven Marketingerfolg und hoffen, dass sich dieser auf die nächste Wahl im Herbst auswirken wird. Alle, die diese U-18-Wahl verpasst haben, können dann vor der Bundestagswahl im September noch mal die Gelegenheit wahrnehmen, probeweise ihre Wahl zu treffen.
Denn Nadine Schulz und Sarah Theilemann vom PJW wollen mit ihrem luftigen Wahllokal dann wieder in Jessen sein. (mz)