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Restaurierung Bockwindmühle Restaurierung Bockwindmühle: Ein Herz für alte Technik

Von Thomas Tominski 07.11.2017, 10:26
Frank Neupert erklärt die Abschaltautomatik bis ins letzte Detail. Der Walzenstuhl aus der Bockwindmühle Schweinitz soll Ende dieser Woche endgültig fertig sein und dann seine Reise nach Plossig antreten. Dort wird das Kulturdenkmal komplett aufgebaut und in einen Mühlenhof integriert.
Frank Neupert erklärt die Abschaltautomatik bis ins letzte Detail. Der Walzenstuhl aus der Bockwindmühle Schweinitz soll Ende dieser Woche endgültig fertig sein und dann seine Reise nach Plossig antreten. Dort wird das Kulturdenkmal komplett aufgebaut und in einen Mühlenhof integriert. Thomas Tominski

Schweinitz - Frank Neupert streicht mit der Hand über das 100 Jahre alte Antriebsrad. „Der Walzenstuhl ist wieder voll funktionsfähig“, sagt der 61-jährige Firmenchef aus Schweinitz, der Kunden in 30 Ländern und auf allen Kontinenten mit Förderanlagen beliefert. „Aktuell bauen wir für den Senegal“, schiebt er erklärend nach.

Neupert ist bekennender Fan alter Technik. Deshalb ist der Mühlen- und Dampfmaschinenverein Plossig bei ihm offene Türen eingerannt, als die Restaurierung des Walzenstuhls auf dem Programm gestanden hat. Der Verein will die in Schweinitz abgebaute Bockwindmühle mit in den Plossiger Mühlenhof integrieren, dessen Fertigstellung für 2025 geplant ist.

„Als ich vor Monaten das Auslassventil für den Dieselmotor, der zum Betrieb des Kulturdenkmals notwendig ist, hergestellt habe, war ich von dem Projekt so begeistert, dass ich Vereinsmitglied geworden bin.“

Pfiffige Riffelwalze

Den inzwischen fast fertig restaurierten Walzenstuhl hat die Berliner Firma Wilhelm Schulze vor wie erwähnt 100 Jahren gebaut und sich bei der Herstellung viel Mühe gegeben. Der 61-Jährige legt seine Hand auf die blanken Riffelwalzen und erklärt deren Funktionsweise.

Beide bewegen sich gegenläufig und mit unterschiedlicher Geschwindigkeit. Dadurch wird das Korn ganz fein gemahlen. Der Clou: Die eine Walze ist federnd gelagert. Sollte sich zum Beispiel ein Steinchen in der zu mahlenden Masse verirren, geht diese einer Karambolage aus dem Weg.

Die seitlich angebaute Abschaltautomatik findet der Technik-Fan begeisternd. Selbst wenn der Müller mal ein Mittagschläfchen hält und nicht genügend Getreide im Trichter landet, geht nichts kaputt. Die Wellen sind so konstruiert, dass der Riemenantrieb auf jeder Seite stattfinden kann.

„Ist alles mit einem Doppelkeil gesichert“, so Neupert. Dem guten Stück mit zu neuem Glanz verholfen hat auch Praktikant David Puder aus der Wittenberger Förderschule „Pestalozzi“, der sich laut Neupert um die Entrostung gekümmert hat. Der Firmenchef erzählt, dass der Walzenstuhl nach dem Ausbau im September praktisch als ein Klumpen aus Dreck, Öl und Mehl in seiner Werkstatt gelandet ist.

Nach 30 Stunden Arbeitszeit sieht er fast wie neu aus. Sogar die Grundfarbe Grau ist deutlich zu sehen. „Ende dieser Woche ist Deadline“, verkündet Neupert, der die Lackierung persönlich übernimmt und noch einen Treibriemen ersetzen muss. Dieser ist „viermal geflickt“ und im Prinzip unbrauchbar.

Alles im grünen Bereich

Der frühere Diplomingenieur (bei SKET Magdeburg) erzählt, dass seine Großmutter aus einer Müllersfamilie stammt und er deshalb einen inneren Bezug zu diesen Kulturdenkmälern besitzt. „Ich werde mir den Wiederaufbau der Bockwindmühle in Plossig ansehen“, sagt er.

Der „stählerne Stuhl“ hat es dem Schweinitzer angetan. Die Technik ist überschaubar, nichts überflüssig. Das Fett riecht ein bisschen ranzig, erfüllt bei Bedarf aber seinen Zweck. Auf ein exaktes Baujahr kann er sich nicht festlegen.

Eine Recherche im Internet habe wenig Konkretes ergeben. Wichtig: Der Walzenstuhl läuft! Neupert lässt noch einmal die Hand darüber gleiten. Bald ist das gute Stück verschwunden. (mz)