Pandemie Pandemie : Krise noch nicht überstanden
Jessen - „Es ging schneller, als zunächst befürchtet“, sagt Astrid Gronewold, die Chefin des Heidereiterhofes in Jessen und bezieht sich damit auf die Lockerungen der Landesregierung, die sie dann doch sehr überrascht hätten. Bisher sei der Hof „glimpflich davon gekommen“.
Noch Anfang Mai berichtete die MZ, dass wegen der Corona-Beschränkungen kein Reitunterricht stattfinden durfte. Das bereitete ihr große finanzielle Sorgen. Schließlich sei der Reiterhof auf die Einnahmen angewiesen, laufende Kosten für die Schulpferde etwa mussten weiter gezahlt werden. So stand die Existenz der Reitschule zu diesem Zeitpunkt auf der Kippe.
Noch kein Normalbetrieb
„Am 28. Mai, das war ein Donnerstag“, erinnert sie sich noch ganz genau, „durften wir wieder die Reithalle für den Unterricht nutzen“. Zuvor war ein Ausritt im Freien, höchstens zu fünft, erlaubt. Normal laufe der Betrieb heute aber noch nicht. Die Abstände müssen eingehalten werden, gerade beim Unterricht mit jüngeren Kindern sei dies nicht ganz so einfach.
Außerdem muss Gronewold auf die Einhaltung der Hygieneregeln achten. Jeder Reitschüler muss als Erstes seine Hände am Außenwaschbecken waschen. Die Kontaktdaten und Aufenthaltszeiten der Reiterhofbesucher werden registriert. Um den Aufenthalt zu vieler Menschen gleichzeitig auf dem Gelände zu vermeiden, fertigt Gronewold Pläne an, wann wer die Pferde besuchen und umsorgen kann. „Das ist alles nicht einfach und ein sehr großer Aufwand.“
Höchstens vier Pferde und Reitschüler sind zur selben Zeit in der Reithalle - nur so könne man den Sicherheitsabstand zwischen den Pferden und somit den Reitern gewährleisten. Die Kapazitäten sind also stark begrenzt, weswegen Gronewold derzeit auch nicht alle Wünsche erfüllen kann. „Wir bekommen pro Tag zwei neue Anfragen für den Reitunterricht. Die hohe Nachfrage kann ich aber derzeit nicht bedienen.“ Neben Platzproblemen stehen auch lediglich nur drei Lehrer zur Verfügung. Außer ihr selbst Ehemann Ralf Gronewold und ein Angestellter.
Außerdem sind die Schulpferde nicht in Topform. „Die Corona-Pause hat ihnen nicht gut getan.“ Damit haben sich ihre Befürchtungen, dass die Pferde gesundheitliche Probleme bekommen würden, wenn sie nicht ausreichend bewegt werden können, bewahrheitet. „Bei alten Pferden baut sich die Muskulatur schnell ab und die Verletzungsgefahr erhöht sich.
Da muss man jetzt mit viel Feingefühl rangehen“, erklärt sie die Situation und hofft auf das Verständnis der Eltern und Reitschüler - oder die, die es gerne werden wollen. Mia Uthe hat Glück gehabt. Die Achtjährige kann nun endlich wieder am Reitunterricht teilnehmen und genießt die Zeit auf dem Rücken von Artek. Das sei stets ihr Highlight, wenn sie ihren Opa in Linda besuche.
Gronewold, die noch etwas vorsichtig in die Zukunft blickt, hofft, dass die ruhige Zeit, die sicherlich auch ihre Vorteile gehabt habe - mehr Zeit für Freunde und die Familie etwa - nicht mehr wiederkehrt. „So ruhig haben wir seit 20 Jahren nicht gelebt.“ Denn nicht nur der Reitunterricht, auch Turniere und andere Veranstaltungen mussten abgesagt werden.
Angst vor zweiter Welle
„Vor allem haben wir Angst vor einer zweiten Welle“, sagt Gronewold. Sollte es soweit kommen, hofft sie auf ein besseres Krisenmanagement seitens der Politik. Die bisherigen Maßnahmen seien, gerade für ihre Branche, ein großes „Hin und Her“ gewesen und oft nicht nachvollziehbar. Zwar habe sie Verständnis, schließlich „hat noch keiner so eine Situation erlebt“, doch künftig müsste es besser werden, findet sie. Dabei kritisiert sie auch, dass viele andere Betriebe, wie etwa Schausteller, „durchs Raster fallen“. Hier müsste ihrer Meinung nach mehr geholfen werden.
Sie selbst kann sich über viele Menschen freuen, die den Reiterhof in der schweren Zeit unterstützt haben. „Das gibt natürlich sehr viel Kraft, wenn man merkt, dass man nicht alleine ist.“ Überstanden habe man die Coronakrise und ihre Folgen noch längst nicht. (mz)