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Offener Garten Offener Garten: Besuch im grünen Glück in Holzdorf

Von Gabi Zahn 05.05.2014, 19:52
Mit einer herrlichen Farbenpracht überraschen derzeit die Azaleen, die wohl beliebteste Fotokulisse am Tag des offenen Gartens - hier mit Andrea Schulze (l.), Paul Schniebs und Marlies Bader.
Mit einer herrlichen Farbenpracht überraschen derzeit die Azaleen, die wohl beliebteste Fotokulisse am Tag des offenen Gartens - hier mit Andrea Schulze (l.), Paul Schniebs und Marlies Bader. Gabi Zahn Lizenz

Holzdorf/MZ - Im Märchen wird ein armes, aber fleißiges Mädchen durch ein Tor geschickt und reich mit Gold beschenkt. Aus Holzdorf lässt sich etwas noch viel Schöneres vermelden: Wer das Tor zum Garten von Familie Schulze passiert, dem wird Glück beschert. Im Torbogen steht geschrieben: „Hier wächst das Glück.“ Dass es tatsächlich so ist, haben mehr als 150 Besucher wahrgenommen, die der Einladung zum Tag des offenen Gartens gefolgt sind.

Das Glück bei Schulzes besteht jedoch nicht aus Edelmetall, sondern aus viel Grün, durchwirkt von blumiger Farbenpracht, rustikalem Charme und faszinierenden Kunstwerken. Detlef Schulze darf als Meister dieses Arrangements bezeichnet werden, auch wenn er das gar nicht so mag.

Als er mit seiner Familie 1981 in den Waldweg zog, war das Ambiente ein ganz gewöhnliches: ein Haus und ein Zaun ringsherum. Diesen sucht man heute vergebens. Allein die Art der Bepflanzung lässt erkennen, wo das Anwesen beginnt. Schulze sieht dieses Fleckchen Heimat nahe am Wald mit den wachen Augen eines Naturfreundes. 30 Jahre lang arbeitete er als Förster. Jetzt ist er als Waldpädagoge im Annaburger Betreuungsforstamt tätig. Er lehrt Kinder, die Natur zu erkunden und sie zu respektieren. Das verwirklicht er auch im eigenen Garten: Achtsam und geduldig legt er Hand an, wo es zu sehr wuchert. Er formt Sträucher so, dass sie in ihrer Eigentümlichkeit nicht beschränkt, sondern eher noch bestärkt werden.

Schon der Weg zum Grundstück gleicht einem Erlebnispfad und wird gesäumt von blühenden Azaleen. Ihre Farbenpracht reicht von Gelb und Rot über Violett, Orange, Rosa bis Weiß. Wer vorbeiläuft, fängt einen betörenden Duft ein. „Er kommt von den goldgelben Blüten“, verrät Andrea Schulze.

Der Hausherr empfängt die Besucher persönlich. Jeder darf sich aus seinem Bauchladen eine selbst gefertigte Holzeule aussuchen. Über diese Geste freuen sich Sybille Möhring und Uwe Thauer aus Wittenberg: „Den Holzdorfer Garten hat mir eine Sportfreundin empfohlen. Ich bin froh, dass wir dem Tipp gefolgt sind“, versichert die Besucherin. Andrea Schulze ermuntert: „Fotografieren und Nachmachen sind ausdrücklich erlaubt. Nur die Zeit zum Umsetzen muss jeder selbst aufbringen. Davon braucht es eine ganze Menge.“

Am frühen Samstagnachmittag tummelt sich auch „halb Schweinitz“ im Garten von Familie Schulze. Das zumindest verkündet Ilse Jänecke. Am Briefkasten, der als Mini-Haus gebaut ist, bleiben die sechs Schweinitzer minutenlang stehen, so als wollten sie den Pflänzchen, die das Dach verzieren, beim Wachsen zusehen.

Ein uralter hölzerner Bierkasten präsentiert sich als blühendes Schmuckstück: Die Flaschen sind zu Vasen umfunktioniert. Tulpen und Wiesenblumen wiegen sich darin im Frühlingswind. Regina Kuring aus Brandis schwärmt: „Detlef Schulze hat ein wahres Paradies geschaffen. Ich arbeite nebenan im Kindergarten und kann mir diesen Anblick öfter gönnen.“ Marlies Bader, eine Nachbarin, pflichtet ihr bei. Sie lässt sich auf der „Poeten-Bank“ nieder. Vorher rezitiert sie jedoch die Aufschrift auf den Holzleisten. Es ist ein Vers aus der Apfelkantate von Claudius: „… da war erst lauter Blüte, da war erst lauter Blütenschaum und lauter Lieb und Güte.“ Wer hinüber zum Wäldchen spaziert, wird von einem Kafka-Zitat begleitet, das auf einer Stele zu lesen ist: „In den Wäldern sind Dinge, über die nachzudenken man jahrelang im Moos liegen könnte.“

Für Kurzweil sorgt der elfjährige Paul Schniebs mit seinem Nuss-Spiel. Außerdem erweist er sich als kundiger Gartenführer: „Ich wohne nebenan und bin fast täglich hier, weil ich Förster werden will.“ Detlef Schulze wuschelt seinem Schützling über die kurzen Haare und bestärkt ihn: „Du schaffst das.“

Als sich die letzten Gäste verabschieden, ist es schon weit nach 20 Uhr. Der Paradies-Gärtner und seine Frau sind zwar etwas geschafft, aber rundum zufrieden.

„Einige Sorten treiben so hohe Blütensprossen“, beschreibt Detlef Schulze und erklärt Cathleen Röder, wie er die Töpfe und Steine mit dem unverwüstlichem Hauswurz bepflanzt hat.
„Einige Sorten treiben so hohe Blütensprossen“, beschreibt Detlef Schulze und erklärt Cathleen Röder, wie er die Töpfe und Steine mit dem unverwüstlichem Hauswurz bepflanzt hat.
Gabi Zahn Lizenz