Was die Kreisjugendwartin berichtet Nachwuchs bei den Feuerwehren: Situation im Kreis Wittenberg gut, aber nicht rosig
Den Feuerwehren strömt Nachwuchs zu, sagen die Zahlen im Land. Aber es würden nur wenige Jugendliche in die aktiven Wehren wechseln. Wie die Kreisjugendwartin die Situation sieht.

Elster/MZ. - Die Jugendfeuerwehren im Land Sachsen-Anhalt erlebten im Jahr 2023 einen Mitgliederzuwachs von fast fünf Prozent. Das berichtete unlängst die Mitteldeutsche Zeitung auf Seite 1 unter Berufung auf den Landesjugendwart Thomas Voß. Gleichzeitig, so war dort zu lesen, würden wenige Mitglieder der Jugendabteilungen in die aktiven Wehren wechseln. Freilich gibt es große regionale Unterschiede. Wie die Situation im Kreis Wittenberg ist, erfuhr die MZ von der Kreisjugendwartin Sarah Hoffmann aus Elster.
Boom bei Kinderwehren
„Die Entwicklung im Kreis ist sowohl bei den Kindern als auch den Jugendfeuerwehren positiv“, schätzt sie ein. Auch ihr liegen bislang nur die Zahlen aus dem vergangenen Jahr vor. Abgerechnet wird immer zum Jahresende, erklärt Sarah Hoffmann. Und da hatten die Jugendwehren im Kreis zum vergangenen Jahresende 635 Mitglieder. „Das waren zwei weniger als 2022“, so die Elsteranerin. Weil eine Jugendwehr im vergangenen Jahr geschlossen wurde. „In den Vorjahren lagen wir bei um die 580 Mitglieder. Also die Zahlen steigen“, sagt sie, „das kommt auch daher, weil wir einen Boom an Kinderfeuerwehren hatten.“ Im Jahr 2023 existierten im Kreis 59 Jugendwehren und 38 Kinderfeuerwehren. Aktuell seien wohl zwei weitere gegründet worden. „Eine wird am Augustbeginn noch dazukommen.“
Die Mitgliederzahl bei den Kinderfeuerwehren liegt bei 459. „Im Jahr 2019 waren es noch 381 Mitglieder.“ Andere Kreise im Land hätten nach ihren Informationen während der Coronapandemie einen Mitgliederschwund verzeichnet. „Bei uns war das nicht so. Obwohl während dieser Zeit gar keine Dienste mit den Kindern möglich waren.“ Innerhalb des Kreises Wittenberg, so ist ihre Erkenntnis, gibt es kaum örtliche Unterschiede im Zuspruch zu den Nachwuchs-Feuerwehrgruppen.
Eine kleine Ausnahme macht da Jessen, so Sarah Hoffmann. Im Jessener Stadtgebiet ist die Lindaer Feuerwehr die einzige, die eine Kinderfeuerwehr unterhält. „Dafür gibt es an der Grundschule in Jessen die Arbeitsgemeinschaft Junge Brandschutzhelfer, die durch die Wehr betreut wird.“ Tatsächlich ist es so, bestätigt sie eine Aussage des Landesjugendwartes, dass in einzelnen Wehren keine Kinder mehr aufgenommen werden können. Das ist zum Beispiel bei ihrer eigenen Feuerwehr in Elster so, aber wohl auch in Mühlanger. Wie das in anderen Orten ist, kann Sarah Hoffmann ad hoc nicht auf aktuellstem Stand bewerten.
Eine Nachwuchsfeuerwehr zu gründen ist eben nur der erste Teil der Angelegenheit. „Wir brauchen auch die entsprechenden Betreuer. Und die sind für die Jugend leichter zu finden als für die Kinder. Weil die Spanne von sechs bis zehn in dieser Altersgruppe eben besonders groß ist und damit einige Besonderheiten mit sich bringt und von den Betreuern ein besonders Händchen dafür verlangt.“ Und das muss auch nachgewiesen werden. Mindestens mit der Jugendleitercard. Gerade bei den Kindern müssen die Eltern „mit im Boot“ sein. Gerade weil bei Ausflügen Transporte und Versicherungen eine Rolle spielen. „Das ist insgesamt eine logistische Herausforderung.“ Kinderfeuerwehren gibt es übrigens erst seit etwa 15 Jahren – abgesehen von den DDR-Zeiten, wo es die Jungen Brandschutzhelfer an fast jeder Schule gab. Aber auch heute bieten sich viele Ortsfeuerwehren in Schulen und Kindertagesstätten für Projekte an.
Altersstruktur sinkt
Den Eindruck des Landesjugendwartes, dass wenige Jugendliche in die aktive Wehr wechseln, mag Sarah Hoffmann für den Kreis Wittenberg ganz und gar nicht bestätigen. Die Zahlen sind zuletzt gestiegen. „Aus den Jugendwehren sind 2023 immerhin 48 junge Leute zu den Erwachsenen gewechselt“, klärt sie auf, „im Jahr 2022 waren es 31 und 2021 waren es 33, in Jahren davor auch schon mal um die 40.“ Allerdings prognostiziert sie für die kommenden Jahre etwas weniger Zulauf aus den Jugendwehren in die aktiven Löscheinheiten.
„Weil die Altersstruktur nach unten gegangen ist“, sprich, es müssen wieder mehr Jugendliche in das Alter hineinwachsen, um in die aktive Wehr wechseln zu können. Der aktuelle Altersdurchschnitt liege derzeit eben eher an der unteren Grenze der Jugendwehren. „Mit 16 können die Jugendlichen in die aktive Wehr eintreten und auch die Grundausbildung absolvieren“, erläutert die Verantwortliche der Nachwuchswehren im Kreis, „mit 18 dürfen sie aber erst zu den Einsätzen mitfahren.“
Aber auch der Übertritt in die aktive Wehr kann nur ein kleiner Anzeiger der Sachlage sein. Die Frage ist, darauf macht Sarah Hoffmann aufmerksam, wie der weitere Lebensweg der jungen Menschen verläuft. Liegen Studien- oder Ausbildungsorte weit entfernt, ist das oft das Ende des Engagements in der Feuerwehr. „In der Generation unter 27 Jahren engagieren sich im Kreis 227 junge Leute in den Feuerwehren, das könnten durchaus noch einige mehr sein“ macht sie deutlich.