Im Licht liegt das Geheimnis Multimediale Kunstinstallation „Starke Frauen“ im Prettiner Schloss
Die multimediale Kunstinstallation „Starke Frauen“ ist nun im Prettiner Schloss zugänglich. Welchen Bogen Heimatstipendiatin Petra Reichenbach spannt.

Prettin/MZ - Fast anderthalb Jahre haben die Frauen der Lichtenburg Petra Reichenbach begleitet. Ihre Geschichten, Gesichter, aber auch der Ort, in dem sie lebten, haben die Künstlerin zu einer multimedialen Kunstinstallation inspiriert, die nun dem breiten Publikum zugänglich ist.
Am Vorabend des Denkmaltages wurde die Ausstellung der freien Grafikerin und Buchkünstlerin aus Halle in der Schlosskirche der Lichtenburg feierlich eröffnet. Die Installation ist Teil der zweiten Auflage des Heimatstipendiums der Kunststiftung des Landes Sachsen-Anhalt. Die geladenen Gäste wurden von Annaburgs Bürgermeister Stefan Schmidt (parteilos) begrüßt, der auf die wechselhafte und gegensätzliche Geschichte des Schlosses hinwies, „die zu bewahren eine wichtige Aufgabe der Stadt ist“. Umso beeindruckender sei der gelungene Brückenbau durch die Künstlerin. Diese verknüpft nicht nur die scheinbar unvereinbaren historischen Gegensätze des Schlosses durch die Porträts der zehn Frauen miteinander. Sondern sie findet darüber hinaus den Schulterschluss in die Gegenwart, indem sie die heutige Generation in das Projekt einbezieht.

Beeindruckende Frauen
Sowohl Melanie Engler, die Leiterin der KZ-Gedenkstätte, als auch die Künstlerin selbst dankten im Besonderen den Schülern und Schülerinnen des Jessener Gymnasiums, die zu den einzelnen Biografien recherchierten und den Frauen eine Stimme geben. In ihrer Eröffnungsrede erläutert Petra Reichenbach, dass Heimat für sie Sicherheit und Dazugehörigkeit bedeuten. Wohingegen Ausgrenzung, die aufgrund einer Abweichung von der Norm entsteht, zu Heimatlosigkeit führe.
Eine solche Ausschließung, die es zu allen Zeiten der Geschichte gab, haben auch viele ihrer Protagonistinnen erleben müssen. Die Künstlerin spricht die Einladung aus, mit ihr die Frauen der Lichtenburg kennenzulernen.
Mitten in die Rede der gebürtigen Aachenerin platzt eine Touristengruppe. Angeführt von Michel Luca Krause, in der Rolle eines Museumsführers, bringen die Schüler und Schülerinnen des Gymnasiums den Gästen der Eröffnungsfeier in einer szenischen Darbietung die historischen Frauenfiguren der Installation näher.

Erstaunte Schülerinnen
In den Szenen erzählen die Fürstinnen und Gefangenen der Lichtenburg während des NS-Regimes, wie und warum sie nach Prettin kamen. Kim Brettschneider, die an diesem Abend die Rolle der Elisabeth von Brandenburg übernimmt, sagt: „Es ist beeindruckend, dass sie sich getraut hat vor ihrem Mann zu fliehen.“ Die Darstellerin der Amelie Pellin, Katerina Thinius, sagt, sie wäre selbst gerne so mutig und standhaft, wie diese junge Frau damals, die den Folterungen im KZ Lichtenburg trotzte.
Die Schülerinnen zeigten sich erstaunt darüber, dass fast alle Bewohnerinnen der Lichtenburg auf die ein oder andere Weise unterdrückt wurden. „Ich nicht“, wirft Anica Chorm ein und meint damit ihre historische Frauenfigur, die Kurfürstin Anna von Sachsen.
Geisterhafte Atmosphäre
An diesem Abend führt Petra Reichenbach die Gäste durch die Frauengemächer der Lichtenburg und stellt ihre Installation vor. Sie erzählt, dass sie eine Zeit lang überlegt habe, künstliches Licht einzusetzen, um die Stoffbahnen auszuleuchten. Letztlich verwarf sie diese Idee, denn das Licht hätte die Wirkung, die sie sich vorgestellt hat, zerstört. „Die Installation lebt vom Gegenlicht der Fenster.“ Dadurch entsteht in dem Raum eine geheimnisvolle und geisterhafte Stimmung, so wie an diesem Abend.
Laut dem Konzept der Künstlerin, sollen sich die Besucher zwischen den verschiebbaren Bahnen bewegen. Die so entstehenden Überlappungen der Gesichter und Texte erzeugen immer neue schattenartige Bilder. Die Besucher werden, je tiefer sie in den Raum und die Installation eintauchen, selbst zu Silhouetten und damit Teil der geisterhaften Atmosphäre.

Positive Rückmeldungen
„Genauso habe ich mir den Effekt vorgestellt“, sagt Petra Reichenbach, als ein weiteres Video über eine Lichtenburgbewohnerin abgespielt wird. Zwei Mädchenstimmen erzählen, ohne sich gegenseitig zu stören oder die andere unverständlich werden zu lassen, von einem Leben in der Vergangenheit.
Bereits am folgenden Tag des offenen Denkmals erklärt die Künstlerin in drei Führungen mehr als 20 interessierten Besuchern und Einwohnern von Prettin die Frauengemächer und ihr Kunstwerk.
In den Räumen sind maximal neun Personen zugelassen. Petra Reichenbach freut sich sehr über die positiven Rückmeldungen und bestätigt, dass das Kunstwerk als Dauerleihgabe im Schloss verbleiben soll. „Es ist so eng mit dem Ort verbunden, woanders würde der Bezug fehlen.“