1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Jessen
  6. >
  7. Luftwaffe in Holzdorf: Luftwaffe in Holzdorf: Von der Küste ins Binnenland

Luftwaffe in Holzdorf Luftwaffe in Holzdorf: Von der Küste ins Binnenland

Von Sven Gückel 12.04.2017, 17:22
Wenn für die Eurofighter-Piloten die Tagesaufgabe im Fliegerhorst Holzdorf erledigt ist, widmen sich Techniker den Maschinen.
Wenn für die Eurofighter-Piloten die Tagesaufgabe im Fliegerhorst Holzdorf erledigt ist, widmen sich Techniker den Maschinen. Sven Gückel

Holzdorf - Im Fliegerhorst Holzdorf ist spürbar Bewegung eingekehrt. Neben den Hubschraubern CH-53, die täglich im Einsatz sind, starten seit dieser Woche Kampfjets des Typs Eurofighter zu Übungsflügen. Da Teile des Flugplatzes in Laage bei Rostock erneuert werden, wurde das Taktische Luftwaffengeschwader 73 „Steinhoff“ nach Holzdorf verlegt.

Bis zu anderthalb Stunden

Der Schub, den der Pilot des Eurofighters einlegt, um die Maschine vom Boden abzuheben, ist kilometerweit zu hören. Für wenige Augenblicke zerreißt er die Stille, demonstriert eindrucksvoll, welche Kraft in dem Kampfjet steckt.

Zwischen 60 und 90 Minuten dauert ein Übungsflug. „Die Dauer ist abhängig von dem Szenario, das trainiert wird“, erläutert Oberstleutnant Sebastian Fiedler. Er ist Kommandoführer des Geschwaders, selbst Pilot und besticht mit einem freundlichen und dennoch resoluten Auftreten.

Sanierungsarbeiten an und neben der Start- und Landebahn lassen auf dem zivil und militärisch genutzten Platz in Laage derzeit keinen Flugbetrieb zu. Aus diesem Grund entschied die Bundeswehr schon vor einem Jahr, die Flugzeuge und etwa 200 Soldaten für sechs Wochen nach Holzdorf zu verlegen.

Die Piloten kennen den Fliegerhorst, ist er doch ohnehin einer ihrer Ausweichplätze, den sie zu Übungszwecken ab und an ansteuern. Dann allerdings nur für einen Überflug oder ein kurzes Touch and Go, wie Fachleute das Aufsetzen und sofortige Abheben der Maschine nennen.

Holzdorf bietet den Eurofightern eine ideale Infrastruktur. Die Bahn hat mit 3.000 Metern die richtige Länge, die Hallen lassen Wartungsarbeiten zu, Abstellflächen sind ausreichend vorhanden, Flugsicherung und Fliegerhorstfeuerwehr sind vor Ort.

Aktuell, so Fiedler, seien zwölf Maschinen in Holzdorf, maximal werden es 16 sein. Einzelne müssen in dieser Zeit in die Werft nach Manching gebracht werden, um sie intensiver zu warten.

Wenn die Maschinen zu ihrer Mission aufbrechen, steigen sie im Regelfall bis zu drei Kilometer hoch. Oberhalb der Wolkendecke, wo sie vom Boden aus akustisch und optisch nicht mehr wahrnehmbar sind, trainieren sie den Luftkampf, eine Schwerpunktaufgabe der Eurofighter.

Zwar kann dieser auch gegen Bodenziele eingesetzt werden, aber im Agieren Eins gegen Eins ist ihm kaum ein anderer Jet gewachsen, verdeutlicht Sebastian Fiedler.

An Bord der Jagdflugzeuge sitzen zumeist junge Piloten. Sie haben die Grundausbildung zum Luftfahrzeugführer erst unlängst abgeschlossen und lernen jetzt spezielle Handlungsweisen. Die Ausbildung durchlaufen aber auch erfahrene Piloten, um ihr Wissen aufzufrischen und zu festigen.

Um es in ein Eurofighter-Cockpit zu schaffen, gilt es ein hartes Auswahlverfahren zu bestehen. „Von einhundert Bewerbern schafft es im Regelfall nur einer“, so der Kommandoführer. Vor allem die gesundheitlichen Anforderungen seien hoch. Immerhin gilt es bis zu 9 G, also das neunfache der Erdanziehungskraft, auszuhalten.

Regelmäßige Trainingsstunden in der Zentrifuge sind daher ebenso Pflicht wie spezielle Sportprogramme. Darüber hinaus müssen die Piloten „fit im Kopf“ sein. Die millionenteuere Technik verlangt nach einem Piloten, einem Systemmanager und dem Soldaten, der militärische Aufgaben ausführt, zu gleichen Teilen, und zwar gleichzeitig, so Fiedler.

Zuerst das Wetter

Der Arbeitstag der Piloten beginnt gegen 6.30 Uhr mit dem ersten Wetterbriefing, führt über ein spezielles, zwei Stunden andauerndes taktisches Briefing vor dem Einsteigen in die Maschine, den eigentlichen Flug und eine intensive Nachbereitung, sprich Auswertung.

Die Vor- und Nachflugphase ist die Zeit der Techniker. Sie machen das Gros der Abordnung aus, die zur Lufttransportgruppe 64 nach Holzdorf verlegt wurde. Die Maschinen müssen startklar gemacht werden, um schon beim nächsten Flugtag die gestellten Herausforderungen zu meistern. (mz)