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Fußball Länderspiele des Platzwarts in Annaburg

Horst Krüger ist seit 55 Jahren Vereinsmitglied bei Grün-Weiß Annaburg. Wie das Urgestein zu 40 internationalen Einsätzen als Kicker kam.

Von Andreas Hübner 04.06.2021, 20:50
Florian Rohlik (li.), Trainer der ersten Fußball-Männermannschaft in Annaburg, gratuliert Horst Krüger zum 70. Geburtstag.
Florian Rohlik (li.), Trainer der ersten Fußball-Männermannschaft in Annaburg, gratuliert Horst Krüger zum 70. Geburtstag. (Foto: Verein)

Annaburg - Jeder, der in Annaburg und Umgebung in der einen oder anderen Art mit Fußball zu tun hat, kennt ihn. Horst Krüger ist ein Grün-Weißes Urgestein. „Kein echtes Urgestein“, erhebt der Senior selbst sofort Einspruch, „denn ich bin ja nicht hier geboren.“

Geboren und aufgewachsen in Groß Naundorf hatte der gelernte Schlosser als junger Mann eine Anstellung bei den „Annaburger Nutzfahrzeugen“ bekommen und arbeitete dort bis zur politischen Wende zumeist in der Endmontage. Später leitete er ganze 22 Jahre lang bis zu seiner Pensionierung den Bauhof der Stadt. Irgendwann im zarten Alter von 15 hatte Krüger begonnen, mit seinen Kumpels auch gegen den Fußball zu treten und kam eigentlich nie wieder davon los.

Engagierte „Rentnerbrigade“

Auch heute noch - Krüger beging im April diesen Jahres seinen 70. Geburtstag - ist er für die Annaburger Fußballer stets auf Achse und engagiert sich als Platzwart. Gemeinsam mit ein paar weiteren Senioren pflegt er nach wie vor nicht nur die grüne Spielfläche, sondern das gesamte Areal des Vereins.

„Unsere Rentnerbrigade“, winkt er nur schmunzelnd ab. Doch was für ihn und seine Kameraden selbstverständlich scheint, ist unermesslich wertvoll für den Verein. Denn das Team um Krüger hält innerhalb vieler freiwilliger Arbeitsstunden seit sieben Jahren zwei Fußballplätze, ein Volleyballfeld und die gesamte Außenanlage in Schuss. Eine Gesamtfläche von 10.000 Quadratmetern wird von ihnen regelmäßig bearbeitet.

Viel Zeit investieren die Männer dabei freilich in den Rasen der Fußballer. Drei Stunden dauert es allein, um ein Spielfeld gründlich zu mähen. Unter Sportlern der Region wird der Rasen in Annaburg regelmäßig gelobt. „Der Beste weit und breit“, ein Prädikat, dass viele sofort unterschreiben würden.

Doch Krüger wehrt mit erhobenen Händen sofort ab: „Na das würde ich nun nicht sagen! Das wäre vermessen! Aber unser Rasen ist trotz des hohen Alters schon noch sehr gut.“

Über Punkt- und Länderspiele

„Den Platz gibt es seit 1958. Der ist fast so alt wie ich“, gibt der Senior zu Bedenken. Auch an so einem Sportplatz nage der Zahn der Zeit. „Mein Fahrgestell rostet ja auch so langsam“, scherzt der Rentner selbstironisch. Er könne sich allerdings nicht beschweren, denn noch bis ins hohe Alter von 65 trug er regelmäßig das Trikot der Grün-Weißen, trainierte und spielte zuletzt noch bei der Ü 50 aktiv mit. „Ich habe 50 Jahre Fußball gespielt. Von 15 bis 65.“, rechnet er vor und kann es selbst kaum glauben.

Insgesamt habe er in den vielen Jahren für beide Annaburger Männermannschaften, die Alten Herren und den Nachwuchs gut 1.200 Punktspiele absolviert. „Und 40 Länderspiele habe ich auch bestritten“, erhebt er den Zeigefinger, um dann schmunzelnd sofort aufzuklären, „Annaburg war doch Garnisonstadt.“ Am 1. Mai und am 7. Oktober gab es damals immer ein Spiel gegen die russischen Soldaten. „40 Länderspiele“, wiederholt er noch mal lachend, „alle gegen die Sowjetunion.“

Seit 55 Jahren im Verein, gibt es kaum einen Bereich, indem er sich nicht irgendwann einmal besonders engagiert hatte. Krüger ist vielen Annaburgern auch als Trainer bekannt. Nicht nur, dass er jahrelang Nachwuchsteams betreute, so zeigte er sich zeitweise auch als Coach der ersten beziehungsweise zweiten Mannschaft verantwortlich.

Ein Leben für den Sport und den Verein, welches ohne familiäre Rückendeckung kaum möglich gewesen wäre. „Die Liebe hat mich nach Annaburg verschlagen“, betont er immer wieder und strahlt seine Frau Petra an, die ihm seit Jahr und Tag den Rücken stärkt.

Das Rasengeheimnis

„Und das obwohl ich auch noch Skat spiele“, erklärt er, „mein zweites großes Hobby.“ Und dann geht es wieder um den Sportplatz, und er verrät nicht ganz ohne Stolz nun doch noch ein kleines Geheimnis bezüglich des Annaburger Fußballrasens. Die meisten anderen Vereine, von denen er weiß, mähen den Rasen am Donnerstag ein letztes Mal. „Wir mähen erst am Freitagabend“, flüstert er fast schon schmunzelnd und mit erhobenem Zeigefinger, „dann präsentiert sich am Samstag zum Spiel alles wie gerade aus dem Ei gepellt.“ (mz)

Platzwart Krüger
Platzwart Krüger
(Foto: Verein)