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Kürung  Kürung : Mut zum Spagat

Von Thomas Tominski 07.08.2019, 11:34
Die Jessener Weinprinzessin 2019/2020 heißt Theresa Zwicker.
Die Jessener Weinprinzessin 2019/2020 heißt Theresa Zwicker. Thomas Tominski

Jessen - Eine wichtige Entscheidung hat „ihre Majestät“ bereits weit vor der Kürung am Dienstagabend zur 27. Weinprinzessin von Jessen getroffen. „Ich werde nicht im Dirndl auftreten“, sagt Theresa Zwicker, die sich bei der Wahl zur Thronfolgerin von Jenny Zumpe gegen fünf Mitbewerberinnen durchgesetzt hat.

Der Entschluss, in den Rang einer Prinzessin aufzusteigen, sei seit dem Umzug von Leipzig nach Jessen Ende 2017 langsam aber stetig gereift. Nägel mit Köpfen hat Tante Andrea Zwicker gemacht, die zusammen mit Beatrix Baatz-Woick, Janine Fischer, Sandra Hanke, Beate Loff und Kristin Picker die Arbeitsgruppe „Weinfest“ des Heimatfestvereins bildet, die für die Auswahl der „Weinhoheit“ zuständig ist.

Trotz des langersehnten Antrags lässt sich die 27-Jährige für das Ja-Wort ein paar Tage Zeit. 70 bis 80 Auftritte während der einjährigen Regentschaft, Präsentation vor Publikum, umfangreiche Ausbildung in Sachen Weinkunde plus Dauerlächeln bei Fotoshootings sind kein Pappenstil.

Trotzdem: Das Wort Angst gehört nicht zum Vokabular von Theresa Zwicker. „Vor Publikum reden, habe ich während meiner Zeit als Schulbegleiterin in Jena gelernt. Kinder sind ehrlich und kritisch zugleich.“ Auf dem heimischen Obsthof ist die 27-Jährige für den Bereich Marketing zuständig und stellt den Touristen die Vorzüge der Region vor. „Das schult zusätzlich“, meint sie.

Richtige Entscheidung

Die Rückkehr in ihre Heimatstadt bezeichnet die junge Frau „als absolut richtige Entscheidung“. Sie sei verwurzelt mit der Region, Familie und Freunde haben gefehlt. Das Nein zum Dirndl sei ihr persönlicher Mut zum Spagat. Theresa Zwicker will nicht mit Traditionen brechen.

Die junge Frau möchte ihre persönliche Duftmarke setzen, sich modern, aufgeschlossen und selbstbewusst präsentieren. „Die Kleider habe ich selber ausgesucht. Die Leute sollen merken, dass ich mich darin wohlfühle. Ich werde souverän auftreten.“

Die 27-Jährige springt nicht ins kalte Wasser. Cousin und Küfermeister Johannes Zwicker hat sie fachlich auf dem Weg bis zur Kürung am gestrigen Dienstag auf der Naturbühne im Schlosspark - die Veranstaltung findet im Rahmen des 181. Schul- und Heimatfestes statt - begleitet, Vorgängerin Jenny Zumpe steht ihr mit Rat und Tat zur Seite.

Der Jungwinzer, der Ende Juni seine eigene Weinmanufaktur am Gorrenberg eröffnet hat, betont ausdrücklich, dass er seine Cousine nicht zur Vermarktung seiner Produkte benutzt. Bei ihren Auftritten geht es um die Präsentation der gesamten Weinregion Jessen. 2020 übernimmt das ortsansässige Weingut Hanke wieder die Ausbildung der Prinzessin. Ingo Hanke ist zudem Kürungspräsident und hat Theresa Zwicker zur Kürung die drei entscheidenden Fragen zum Thema rund um den Wein gestellt.

Als Lohn überreicht ihr Zumpe den Wanderpokal. Mit auf der Bühne stehen die beiden Blumenmädchen Charlotte Arndt aus Jessen und Carlotta Sasse aus Arnsdorf. Beatrix Baatz-Woick (2002 selbst Weinprinzessin) von der Arbeitsgruppe „Weinfest“ betont, dass es bei der Auswahl bestimmte Kriterien gibt. Die Kandidatin muss verschiedene Weinsorten kennen, eine Bindung zu Jessen haben und als Botschafterin die Region mit Liebe und Stolz präsentieren.

Auf den Terminen sei der Business-Look zwar nicht immer zwingend erforderlich, doch wer Krone, Kette, Schärpe und Glas trägt, sollte in puncto passende Kleidung schon sattelfest sein.

Fan von Sauvignon Blanc

Die studierte Soziologin kann mehr, als nur „Rot“ von „Weiß“ unterscheiden. Ein Wein muss leicht, trocken und fruchtig sein, der Sauvignon Blanc ist ihr ganz persönlicher Favorit. Theresa Zwicker freut sich, dass Cousin Johannes die Rolle des Mentors übernimmt. Den 28-Jährigen kennt sie aus dem Sandkasten, der Kontakt ist nie abgerissen.

Sie hat ihn während seiner Ausbildung am Bodensee und in Naumburg besucht, dessen beruflichen Werdegang findet sie bemerkenswert. Die 27. Weinprinzessin hatte bereits Wochen vor der Kürung einen ausgearbeiteten „Schlachtplan“ in der Schublade, der in jeden Reiseführer passt.

Sie sieht sich als Botschafterin, die auf den 70 bis 80 Wochenendterminen die Region als modern, abwechslungsreich und traditionsbewusst anpreisen wird. Ganz unter dem Motto: Ein Besuch lohnt sich.

Die Regentin bezeichnet sich selbst als spontanen Menschen. Sie steht auf Camping in Schweden und wandern in den Dolomiten. Hündin „Alva“ ist immer dabei. Außerdem leitet die 27-Jährige die AG „Gesund mit Hund“ in der Evangelischen Grundschule Holzdorf.

Schwerpunkte sind viel Bewegung plus gesunde Ernährung. Lieblingsessen? Pellkartoffeln mit Quark und Leinöl. Auf Letzteres legt sie besonderen Wert. Da sie im elterlichen Betrieb voll eingebunden ist, bleibt wenig Zeit für Hobbys.

Bücher stapeln sich ungelesen, der Fernseher läuft eher nebenbei. Der erste Termin ist bereits fix. Beim großen Festauszug zum Schul- und Heimatfest am 11. August winkt die Hoheit dem Volk zu. Ohne Dirndl, aber mit Krone, Kette und Schärpe.

(mz)