Kreis Wittenberg Kreis Wittenberg: Stille Ausstellungseröffnung
PRETTIN/MZ. - Eine stille Eröffnung - ganz ohne Reden, Sekt und Häppchen - erlebt am Donnerstag in der Prettiner Lichtenburg die Ausstellung "Karl Plagge, ein Gerechter unter den Völkern". In der Woche von 9 (die Öffnungszeit wurde um eine Stunde vorverlegt) bis 16 Uhr und am Wochenende von 10 bis 16 Uhr kann sie täglich in Augenschein genommen werden. Der Zutritt ist übrigens kostenfrei.
Am Mittwoch erst war die aus zwölf großen Tafeln bestehende Exposition aus Bernburg geholt worden. Für den Transport stellte die Stadt Prettin ein Fahrzeug der Feuerwehr zur Verfügung. Der Aufbau am Donnerstag in der Lichtenburg erfolgte in einem Raum der alten KZ-Gedenkstätten-Ausstellung.
Helfer von der Caritas-Projektgruppe sowie vom Förderverein Schloss und Gedenkstätte Lichtenburg, der die Wanderschau nach Prettin geholt hat, arbeiteten dabei Hand in Hand. Der Raum musste gereinigt werden, denn kurz zuvor waren auf der Hinterhofseite neue Fensterbretter eingesetzt worden. Es galt, die Tafeln mittig auf der verfügbaren Fläche in Position zu bringen, und an den Wänden 14 kleinere gerahmte Beiträge einer zweiten, ergänzenden Ausstellung aufzuhängen. Sie trägt den Titel "Auf den Spuren der Ghettos - Jüdisches Leben gestern und heute" und entstand als Ergebnis einer Bildungsreise, die, organisiert vom Alternativen Jugendzentrum Dessau, im September 2008 nach Berlin, Vilnius und Kaunas führte.
Die zentrale Exposition - sie stammt ursprünglich aus Darmstadt und bleibt bis zum 23. November in Prettin - vereint historische Fakten des Holocausts in Litauen mit der Biografie des Wehrmachtsoffiziers Karl Plagge (1897 bis 1957). Er war als Hauptmann bzw. Major Chef des Heereskraftfahrparks (HKP) Ost 562 in Wilna (Sowjetunion / Litauen). Ihm unterstanden etwa 250 deutsche Soldaten und eine große Zahl jüdischer und polnischer Zwangsarbeiter. Karl Plagge sorgte für eine menschenwürdige Behandlung der Zwangsarbeiter und gewährleistete damit zahlreichen Menschen, die nahe des HKP in einem Arbeitslager untergebracht waren, ein würdiges Leben. Vor dem Abzug im Juli 1944 warnte er die Lagerinsassen vor der Liquidierung und rettete so ungefähr 250 Juden. 2005 wurde er als "Gerechter unter den Völkern" geehrt.
Gekoppelt ist die Schau in Prettin mit einem begleitenden Podiumsgespräch. Dafür stellen sich Simon Malkes (Überlebender des Holocausts in Litauen) und Jörg Fiebelkorn (Übersetzer des Buches von Michael Good "Die Suche. Karl Plagge, der Wehrmachtsoffizier, der Juden rettete" aus dem Englischen) zur Verfügung. Dieses Zusammentreffen findet allerdings erst am Ende der Ausstellungszeit, am 23. November, statt. Dafür in doppelter Ausführung: Am Vormittag dieses Dienstags (ab 9.30 Uhr) kommen zwei zehnte Klassen des Jessener Gymnasiums und eine Klasse der Sekundarschule Jessen-Nord in die Lichtenburg. Am Abend ab 18 Uhr treten die Zeitzeugen mit einer hoffentlich breiten Öffentlichkeit in einen regen Austausch. Auch eine Filmvorführung gehört zum Programm. Sven Langhammer vom Förderverein Schloss und Gedenkstätte Lichtenburg meinte, "ein Retter in Uniform wie Karl Plagge sollte auch die Bundeswehr ansprechen".