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Kreis Wittenberg Kreis Wittenberg: Neue Freuden im betagten Lustschloss

Von EVELYN JOCHADE 23.08.2011, 18:19

GLÜCKSBURG/MZ. - Zweifelsohne hat das 1576 bis 1580 erbaute Gemäuer schon bessere Zeiten gesehen. Vor allem glanzvollere. Als Jagd- und Lustschloss durch Kurfürst August I. in Auftrag gegeben, erlangte die Glücksburg mit der Erfindung des Rubinglases durch den Alchimisten Johann Kunckel Bekanntheit. Dieser sollte ursprünglich Gold herstellen. Nun entsteht in dem Haus Kunst, unter den malenden Händen von Heidi Brambach und Peter Schöttle.

Wechselvolle Historie

Seine geschichtsträchtigste Zeit erlebte das Schloss mit der Regentschaft Augusts des Starken. Der sächsische Kurfürst und König von Polen hielt nicht nur Jagden ab. Ebenso empfing er hier seine Liebschaften. Eine seiner Mätressen, die schwedische Gräfin Aurora von Königsmarck weilte des öfteren in seinen Mauern. Spätere Zeiten meinten es nicht so gut mit dem Schloss. Im siebenjährigen Krieg (1756 bis 1763) zu großen Teilen zerstört, wechselten die Nutzung der verbliebenen Gebäude wie die Eigentümer. Eine ständige Umgestaltung für die jeweiligen Zwecke war die Folge. Einmal war es Oberforstamt, dann zentrale Bildungsstätte der Forstwirtschaft. Auch die LPG lagerte in den Räumen einige Dinge ein. Selbst Übungen der Zivilverteidigung fanden im großen Garten statt.

Friedhelm und Marianne Jungnickel aus Lindwerder, die am Samstag wie so viele Gäste zum zweiten Sommerfest gekommen waren, hatten stets gehofft, dass dem Verfall des letzten Schloss-Restes irgendwie Einhalt geboten werden könnte. Friedhelm Jungnickel selbst berichtete den erstaunten neuen Eigentümern, Heidi Brambach und Peter Schöttle aus Berlin, von der Fremdnutzung des Geländes und des Hauses: "Der Zivilschutz hatte hier im Garten sogar eine Sturmbahn zu stehen und ein Gas-Zelt, in dem das Anlegen der Schutzmasken geübt wurde." So wie die Jungnickels waren viele Interessierte gekommen, um zu sehen, was das Berliner Künstlerpaar, aus dem vor vier Jahren erworbenen Haus gemacht hat. Damals stießen sie auf das Idyll und wussten sofort, die Suche nach einem Refugium, in dem es sich in Ruhe arbeiten lässt, hat nach zweieinhalb Jahren und über 200 angeschauten Objekten, ein Ende. Ausschlaggebend war der relativ gute Erhaltungszustand, für den neben anderen hauptsächlich der ehemalige Oberförster Klaus Eichelbaum sorgte, der stets ein Auge auf das Haus hatte. So kam es nicht zu Vandalismusschäden.

Hohe Räume gefragt

Das 200 Quadratmeter große Haus selbst bietet aber auch das, was die Maler lieben: hohe Räume. Selbstverständlich musste zunächst einmal eine Grundinstandsetzung erfolgen, um ein künstlerisches Arbeiten hierin möglich zu machen. Noch immer müssen beispielsweise Wände von Kunstharz-Anstrichen befreit und mit entsprechender, vom Denkmalschutz vorgeschriebener Farbe versehen werden. Da gestaltet sich die Suche nach Fachleuten schwierig.

"Das ist mehr als ein Lebenswerk", so schätzt Peter Schöttle die noch zu leistenden Arbeiten realistisch ein. Jedoch seien sie seit einiger Zeit soweit, dass sie hier im Sommer gemeinsam arbeiten könnten. Auf dem Wort gemeinsam liegt da die Betonung, denn die Zwei malen tatsächlich zusammen an einem Bild.

Zumeist, wie in der am Samstag eröffneten Ausstellung zu sehen, sind die Motive, wie könnte es anders sein, Paare. Den Bildern, die durchaus auch käuflich sind, merkt der Betrachter an, dass sie nicht nur mit Farbe, sondern auch mit viel Freude am gemeinsamen Schaffen gemalt wurden. "Manche Bilder", so der Künstler, "wollen einfach von uns gemalt werden, andere sind regelrecht zickig. Da wird jahrelang nichts draus und die werden dann eben verworfen".

Malen mit zwei Pinseln

Nur wenige Paare hielten das Malen mit zwei Pinseln über eine längere Zeit durch. Bei ihnen sei das aber schon seit 1996 so und über 100 Werke wären das Ergebnis dieser überaus fruchtbringenden Zusammenarbeit. Nicht alle konnten die Besucher der Exposition im Glücksburger Schloss am Sonnabend betrachten, aber einige schon. Darüber hinaus waren befreundete Künstler, wie der Maler Wasja Götze aus Halle, wo Heidi Brambach aufgewachsen ist, und der Stahlbildhauer Klaus Duschat aus Berlin gekommen.

Letzterer nutzte den Rahmen des alten Schlossparks zur Ausstellung einiger seiner schwergewichtigen Werke unter dem zur Umgebung passenden Namen "Hirsch am Waldrand".